Duisburg. Der Duisburger PCC-Konzern ist weltweit aktiv. Einen neuen Werkstoff für Fahrzeugbatterien wollen die Homberger bald im Ruhrgebiet produzieren.
Der Duisburger PCC-Konzern entwickelt mit dem Freiburger Fraunhofer ISE und dem Nano-Zentrum Cenide der Uni Duisburg-Essen (UDE) ein Material, das die Leistungsfähigkeit von Batterien für die Elektromobilität stark verbessert. Eine Produktion im industriellen Maßstab soll bis Ende des Jahres 2027 im Ruhrgebiet entstehen.
Grundlagenforschung von Duisburger Nano-Wissenschaftlern
Der Homberger Chemiekonzern will eine Antwort geben auf die Frage, die Duisburger Nano-Wissenschaftler Dr. Hartmut Wiggers und Cenide-Chef Prof. Dr. Christof Schulz schon seit Jahren umtreibt: Mit welchem günstigen und in großer Menge verfügbaren Material lässt sich effektiv Strom speichern, um die Reichweite von Elektro-Fahrzeugen wesentlich zu steigern und die Kosten für die Batterien zu senken?
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Gemeinsam mit den Wissenschaftlern des Freiburger Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) und dem Cenide treiben die Homberger die Entwicklung eines Silizium-Kohlenstoff-Verbundstoffes seit 2022 voran. Er soll einen großen Teil des Graphits in Fahrzeug-Batteriespeichern ersetzt. Die EU fördert das Projekt mit 3,5 Millionen Euro.
Bund und EU fördern Entwicklung des neuen Silizium-Werkstoffs
Im Juli freuten sich die Partner über einen Förderbescheid der Bundesregierung über weitere 2,6 Millionen Euro für die Weiterführung des Projekts. Dabei geht es um die Optimierung der Oberflächen des Werkstoffs. Die Entwicklung von Cobalt- und Nickel-freien Kathoden ist ein weiterer Schwerpunkt.
Die Homberger haben dazu die PCC Thorion gegründet. „Wir sind ein Start-up innerhalb des Konzerns“, sagt Geschäftsführer Enrico Roicke. Der Verfahrensingenieur kam vor fünf Jahren von der Steag zum Firmensitz in der einstigen Haniel-Villa an der Moerser Straße/Ecke Baumstraße.
PCC produziert Siliziummetall auf Island mit Geothermie-Energie
PCC will getreu seinem Motto „Local, Global, Integrated“ die Wertschöpfungskette seiner Produkte verlängern. In diesem Fall geht es um Siliziummetall aus einem konzerneigenen Quarzit-Steinbruch in Polen. Rund 22.000 Jahrestonnen produziert die Tochter PCC BakkiSilicon auf Island mit grüner Energie aus Geothermie. In einem von China dominierten Massenmarkt für Silizium hat die nachhaltige Produktion einen schweren Stand.
„Die Batterieproduktion bietet die Chance, ein Verbundstoff aus Silizium und Kohlenstoff herzustellen, der nicht so leicht zu kopieren ist“, sagt Roicke. Die Herausforderung besteht darin, solche in der Grundlagenforschung auf dem Duisburger Uni-Campus entwickelte „Advanced Material“ im industriellen Maßstab zu produzieren.
Verbundwerkstoff soll Graphit in Batteriespeichern ersetzen
Der Vorteil des Siliziums: Seine Speicherkapazität kann bis zu zehnmal höher sein als die von Graphit. Dazu muss es zunächst zu einem Pulver mit Feinheiten im Nanometer-Bereich (1 Millimeter = 1 Million Nanometer) verarbeitet werden. „Dann bekommen die Partikel eine Verpackung aus Kohlenstoff“, erläutert Roicke. „Ein Kilo unseres Materials ersetzt fünf Kilo Graphit.“
Das Silizium-Pulver sei „die Brücke zwischen Rohstoff und Batterie-Produktion. Es soll Silizium in großem Stil einsatzfähig machen“, sagt der Thorion-Chef. Was einfach klingt, ist aber überhaupt nicht trivial. Dass Silizium sein Volumen durch die elektrische Ladung verdreifacht, ist nur eine Eigenschaft, die es beim Batteriebau zu beherrschen gilt.
Pilotanlage im Ruhrgebiet soll bis Ende 2027 in Betrieb gehen
„Wir wissen aber, was notwendig ist, um den Prozess für die industrielle Produktion zu skalieren“, sagt Enrico Roicke. Die Erkenntnisse stammen aus einer Demonstrationsanlage in Freiburg. Eine Tonne, die Jahresproduktion dieser Forschungsanlage, ist im industriellen Maßstab eine homöopathische Menge. Doch die Pläne für eine Pilotanlage, die bis Ende 2027 in Betrieb gehen soll, sind schon weit gediehen.
„Sie wird mindestens 200 Tonnen produzieren.“ Den genauen Standort kann PCC noch nicht nennen, die Wahl soll aber auf ein Areal im Ruhrgebiet fallen. Auch die Glatt Ingenieurtechnik aus Weimar ist am Projekt beteiligt. Sie will die Anlage für eine von ihr entwickelte Pulversynthese-Technologie nutzen.
Kieler Batteriehersteller als potenzieller Abnehmer
Auch einen potenziellen Abnehmer für den neuen Batterie-Baustoff gibt es mit dem Kieler Hersteller UniverCell bereits. „200 Tonnen könnten für bis zu 20.000 Autos reichen“, rechnet Enrico Roicke. „Nachhaltig erzeugtes Silizium aus Europa, ein in Deutschland produzierter Werkstoff für einen deutschen Batteriebauer – das sollte eine Story sein, die dem Zeitgeist entspricht.“
>> STICHWORT: DER PCC-KONZERN IN HOMBERG
- Der PCC-Konzern ist eine Unternehmensgruppe mit rund 1,3 Milliarden Euro Jahresumsatz, die an 39 Standorten in 17 Ländern etwa 3400 Menschen beschäftigt.
- Gesteuert wird die PCC in der ehemaligen Direktoren-Villa der Zeche Rheinpreußen an der Moerser Straße/Ecke Baumstraße in Homberg, wo rund 75 Mitarbeitende beschäftigt sind.
- Der Bau einer Pilotanlage für einen Nano-Verbundwerkstoff zum Bau von Batteriespeichern im Ruhrgebiet wäre die zweite heimische Produktion von PCC. In Essen stellt die Konzerntochter PCC Prodex Polierschäume und Polierpads für die Fahrzeug-Aufbereitung her.