Duisburg. Eine Kundenzufriedenheitsanalyse der DVG überrascht: Die meisten Fahrgäste sind „zufrieden“ – trotz immer mehr Probleme bei Bus und Bahn in Duisburg.
Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit: In ihrem Qualitätsbericht für 2023 nennt die DVG Zahlen zu Bus und Straßenbahn in Duisburg. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Angebot teils deutlich verschlechtert. Da überrascht eine Kundenbefragung: Die meisten Fahrgäste, so das Ergebnis, seien durchaus zufrieden mit dem städtischen ÖPNV-Angebot.
Pünktlichkeit: Bus und Bahn der DVG kommen immer öfter mit Verspätung
Pünktlichkeit definiert die DVG ähnlich wie die Deutsche Bahn: Demnach gelten Bus und Bahn in Duisburg als pünktlich, wenn sie maximal drei Minuten später abfahren, als es der Fahrplan vorsieht (und nicht mehr als eine Minute zu früh). Laut DVG-Qualitätsbericht schafften das im Jahr 2023 69,9 Prozent der Busse und 61,3 Prozent der Bahnen. Anders ausgedrückt: Fast jeder dritte Bus und deutlich mehr als jede dritte Bahn hatten Verspätung.
Die DVG riss damit ihre eigenen Ziele: Diese betrugen für das vergangene Jahr 72 Prozent für Busse und 68 Prozent bei Bahnen.
Im Vergleich zum Vorjahr ist der öffentliche Nahverkehr in Duisburg unpünktlicher geworden: 2022 waren noch 67,8 Prozent der Straßen- und Stadtbahnen 901, 903 und U79 pünktlich abgefahren (minus 6,5 Prozentpunkte). Auch die Busse verkehrten 2023 häufiger mit Verspätung als 2022: Im Vorjahr galten noch 72,9 Prozent der Busse pünktlich (minus drei Prozentpunkte).
DVG: Deshalb haben so viele Busse und Bahnen Verspätung
Die DVG begründet die Verschlechterung mit verschiedenen Faktoren:
- Die Pünktlichkeit im ÖPNV hänge auch vom Verkehrsaufkommen auf der Straße ab, „da die Busse und Bahnen in der Regel nicht über eigene Fahrspuren verfügen“
- Bei beiden Transportmitteln spiele die Einstiegszeit der Fahrgäste eine große Rolle
- Personalausfälle sowie die Kündigung eines Subunternehmens zum November 2023 hätten ebenfalls die Pünktlichkeit gesenkt
- Hinzu kämen Wartezeiten an Ampeln; bei den Vorrangschaltungen für den ÖPNV habe es im vergangenen Jahr „erhebliche Störungen“ gegeben. „Von diesen Wartezeiten war insbesondere die Linie 903 betroffen.“
- Außerdem gab es 224 Fälle von Störungen, die von der DVG nicht zu beeinflussen sind: zum Beispiel Fremdunfälle, falsch parkende Autos oder Straßensperrungen für Einsätze von Polizei und Feuerwehr.
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Immerhin: Lange warten auf den ÖPNV mussten die meisten Fahrgäste 2023 nicht: Laut DVG waren 86,1 Prozent aller Busabfahrten höchstens sechs Minuten verspätet, bei den Bahnen waren es 78,3 Prozent.
Zuverlässigkeit: DVG verschlechtert sich massiv – schuld ist die U79
Bus und Bahn fallen aus oder fahren nicht durch: Das ist in Duisburg immer häufiger der Fall. „Als zuverlässig gilt eine Fahrt, wenn sie vollständig gemäß Fahrplan von der Anfangs- bis zur Endhaltestelle erfolgt ist“, heißt es im Qualitätsbericht. Die Quote berechnet die DVG dabei anhand des Verhältnisses von gefahrenen zu geplanten Kilometern.
Hier verschlechtert sie sich im Vergleich zum Vorjahr massiv und reißt außerdem deutlich die eigenen Ziele: 99 Prozent Zuverlässigkeit hatte sie als Zielwert für den Busverkehr ausgegeben, 96 Prozent für die Schiene. Tatsächlich betrug die Zuverlässigkeit bei den Bussen 93,6 Prozent (2022: 98,4) – auf der Schiene hingegen nur 80 Prozent (2022: 90,3).
Jede fünfte Bahn fiel oder aus oder erreichte nicht die vorgesehene Kilometerzahl. Das betrifft vor allem die U79: Als unzuverlässig gewertet wird auch eine Bahnfahrt, die ihre Endhaltestelle zwar erreicht, dabei aber zu wenig Fahrgäste mitnehmen kann. „Dieser Umstand sorgt bei der Linie U79 für enorme Abweichungen, da viele Fahrten zwar erfolgt sind, entgegen der Planung aber nur mit einem statt mit zwei Wagen.“
Auf der Linie 903 hingegen seien Ausfälle vor allem auf zu alte Fahrzeuge zurückzuführen. Neue Bahnen sind bestellt, allerdings liefert Hersteller Alstom weiterhin weniger als geplant. Zwei der neuen Bahnen musste die DVG außerdem nach einem Defekt am Stromabnehmer vorübergehend außer Verkehr ziehen.
Bus und Bahn fallen aus: Nicht immer kann die DVG etwas dafür
Als weitere Ursachen für die Unzuverlässigkeit des Duisburger ÖPNV macht die DVG Krankmeldungen und Streiktage aus. Laut Zahlen der Stadttochter fielen viele Busse und Bahnen außerdem aus Gründen aus, die außerhalb der Gewalt des Nahverkehrsunternehmens liegen: Bombenentschärfungen, Demonstrationen, Großveranstaltungen, Baustellen, Vandalismus, Straßensperrungen für Behördeneinsätze.
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Diese Faktoren seien verantwortlich für 21,5 Prozent aller Ausfälle bei den Bussen und 9,7 Prozent der Ausfälle bei den Bahnen – rund jeder fünfte Bus und jede zehnte Bahn fiel demnach aus, ohne dass die DVG etwas dafür konnte.
Kundenzufriedenheit: Laut DVG sind die meisten Duisburger mit dem ÖPNV zufrieden
Unpünktlich, überfüllt, unfreundliches Personal: Gerade in Sozialen Netzwerken wird viel geschimpft über die DVG, im November 2023 stellte ein Duisburger einen Frust-Song mit dem Namen „Scheiß DVG“ online. Die kontert mit einer Kundenzufriedenheitsanalyse: Demnach waren vergangenes Jahr 64 Prozent der befragten Nutzer mit dem ÖPNV in Duisburg „zufrieden bis vollkommen zufrieden“, nur 13 Prozent „unzufrieden“. 41 Prozent würden die DVG „bestimmt“ oder „wahrscheinlich“ weiterempfehlen, 29 Prozent „wahrscheinlich nicht“ oder „bestimmt nicht“.
Grundlage der Analyse ist laut DVG eine Befragung durch ein unabhängiges Unternehmen von 501 Personen ab 16 Jahren, die in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal ein DVG-Angebot genutzt haben. Dabei bewerteten die Befragten Kundenbeziehung, Angebot, Verkehrsmittel, Sicherheit, Haltestellen und den Tarif von „unzufrieden“ bis „vollkommen zufrieden“.
Unzufrieden mit Bus und Bahn: Darüber beschweren sich DVG-Kunden am häufigsten
Unabhängig von dieser Kundenzufriedenheitsanalyse zählte die DVG 9344 Beschwerden, die 2023 bei ihr eingingen. Hier zeigen sich laut Stadttochter zwei Schwerpunkte: „Mit großem Abstand an erster Stelle“ stehe die Pünktlichkeit, gefolgt von Beschwerden über das Personal.
Beschwerden über das Personal will die DVG künftig gezielter nach der Ursache auswerten, „um gezielter Maßnahmen zur Verbesserung einzuleiten“. Außerdem will die DVG von Testkunden ihre Leistung messen lassen.
Sicherheit: Bedrohung, Gefährdung, Vandalismus – Alltag auf der Straßenbahnlinie 903
710 Bedrohungen und Gefährdungen, 216 Fälle von Vandalismus: Das ist die Bilanz für 2023. Mit 463 Vorfällen am stärksten betroffen: die Straßenbahnlinie 903, mit der die meisten Fahrgäste verkehren – rechnerisch gab es hier also mindestens einen Vorfall pro Tag.
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Schlimmster Tag: Halloween. Obwohl die DVG mehr Sicherheitspersonal einsetzte, konnte die 903 am 31. Oktober teilweise nicht fahren, weil die Bahnen attackiert wurden. Silvester hingegen konnte der Linienverkehr regulär durchgeführt werden.
Nicht nur an solchen Tagen müssen sich die DVG-Mitarbeiter von der Busfahrerin bis zum Angestellten im Kundencenter immer wieder Beleidigungen anhören, werden bedroht und in Einzelfällen sogar körperlich angegriffen. Schutz soll Sicherheitspersonal bieten, außerdem werden Haltestellen und Fahrzeuge videoüberwacht.
Bei Ticketkontrollen mit der Polizei wurden 2023 in Bussen und Bahnen der DVG 782 Schwarzfahrer erwischt. Ihr Anteil an den Fahrgästen ist gering: Kontrolliert wurden 31.032 Passagiere, von ihnen hatten 2,5 Prozent keine Fahrkarte gelöst.
>> QUALITÄTSBERICHT DER DVG: ERST ZUM ZWEITEN MAL ÖFFENTLICH
Die DVG legt jährlich einen Qualitätsbericht vor. Die darin enthaltenen Kennzahlen geben Aufschluss über den Zustand des Nahverkehrs in Duisburg, ein Vergleich der Zahlen ermöglicht es, Entwicklungen abzulesen.
Bis zum vergangenen Jahr war der Qualitätsbericht allerdings Geheimsache: Nur hinter verschlossenen Türen wurde er nichtöffentlich besprochen.
Im vergangenen Jahr machte die DVG den Qualitätsbericht erstmals öffentlich – auch nach Hinweisen unserer Redaktion auf den Auskunftsanspruch der Presse.