Duisburg. Eine Mahnwache vor dem TKS-Gelände in Duisburg setzt die Geschäftsführung unter Druck. Betriebsrat nennt Anzahl gefährdeter Arbeitsplätze.
Eine Faust in den Himmel, aus dem Autofenster, bei gedrückter Hupe, zur Unterstützung der Kollegen. Und auf der Bank sitzt Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López. Verkleidet als „der Tod“. Die Gemengelage vor Tor 1 von TKS in Duisburg-Bruckhausen wäre pittoresque, wäre sie nicht so brenzlig.
Die Stahlsparte mit ihrem größten Standort in Duisburg blickt schon länger in eine unsichere Zukunft, vor allem, was die Arbeitsplätze angeht. Am Donnerstagabend bombte der Konzern mit einer zweiten Gewinnwarnung seinen eigenen Aktienkurs in den Keller, Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel verschob am Mittwoch die Aufsichtsratssitzung vom 29. Juli auf den 9. August.
Obwohl die Mahnwache schon seit dem 22. Juli vor Tor 1 kampiert und noch bis zum 16. August bleiben wird – jetzt hat die Belegschaft endgültig den Papp auf. „Die Leute wissen, warum wir hier stehen“, erklärt Olaf Vopel die vielen Solidaritätshuper auf der Kaiser-Wilhelm-Straße. „Eine Mahnwache macht man nicht für jede Krise, und wir hatten viele über die Jahre“, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, „die letzte hatten wir 1997“. Warum also ausgerechnet jetzt die erste Mahnwache seit 27 Jahren?
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Arbeitsplatzabbau bei TKS in Duisburg: schlimme Befürchtung
Dass TKS die Herausforderungen nicht ohne den Abbau von Arbeitsplätzen meistern kann, ist auch bei der Mahnwache ein offenes Geheimnis. Es gehe aber um die Art und Weise – und natürlich um die Menge. „Es gibt die Befürchtung, dass es 5000 werden“, seufzt Vopel. Je weniger, desto besser, natürlich, „und die Abteilungen, die aufgelöst werden, die Mitarbeiter, die gehen müssen: Sie müssen sozialverträglich gehen können.“
Vopel erinnert an Kündigungen vergangener Arbeitskämpfe, „da sind die Leute mit 57 Jahren mit 100 Prozent nach Hause geschickt worden. Jetzt kommt es auf den Businessplan an, der hoffentlich am 9. August vorgestellt wird.“ Kurz gesagt will der Betriebsrat, dass die Leute nicht nur „mit Taschengeld“ aus dem Unternehmen entlassen werden. „Dieser Standort hier, das ist das Herz. Wir sind dafür verantwortlich, dass das Unternehmen so groß geworden ist.“ Olaf Vopel sagt es nicht, aber er meint es ganz deutlich spürbar: Diese Leistung verdient Respekt.
TKS-Chef López ist Ziel des Zorns
Ziel des Zorns ist bei der Mahnwache zweifelsohne Vorstandschef López. Stilisiert als Sensenmann sitzt er auf einer Bank und trägt ein Schild um den Hals: „Kein Platz für López“. Im Zelt nebenan läuft ein Film über alte Arbeitskämpfe, davor steht ein Sarg, Schlagzeile: „Hier wird unsere Zukunft beerdigt.“
So sehen das auch Betriebsrätin Elke Schneider und die beiden TKS-Mitarbeiter Oliver Oster und Michael Palka. Was sie sich von der Aufsichtsratssitzung am 9. August wünschen? Ganz einfach: „Sicherheit für unsere Arbeitsplätze.“ Und Antworten. Denn im Moment hat das Trio vor allem Fragen. „Es könnte ja passieren, dass ganze Hochöfen geschlossen werden“, sagt Palka, „oder Stahlwerke nur noch von Montag bis Freitag in Betrieb sind. Wir wissen es einfach nicht.“
Fragen über Fragen: Bringt die Aufsichtsratssitzung Antworten für TKS-Angestellte
Noch ein Fragezeichen: Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky, der nach seinem Einstieg aktuell 20 Prozent der Sparte „Thyssenkrupp Stell Europe“ hält. „Das ist ja schön und gut“, findet Elke Schneider, „aber um welchen Preis ist er eingestiegen? Was bringt er überhaupt mit, außer ein bisschen Energie?“
Fraglich, ob die Aufsichtsratssitzung Antworten liefern wird. Die Mahnwache vor Tor 1 wird jedenfalls standhaft bleiben, so oder so. „Es geht darum, die Menschen zu sensibilisieren“, sagt Vertrauenskörper-Leiter Dirk Riedel, „nicht nur die Kollegen, auch die Duisburger, die Politiker, alle. Miguel López stellt uns auf Messers Schneide. Aber wir kämpfen weiter. Das ist wie Rheinhausen, nur größer.“