Duisburg. Ein Angeklagter und die Staatsanwaltschaft legen Revision gegen das Urteil des Duisburger Landgerichts ein. Ein Schütze ist bis heute flüchtig.
15 Verhandlungstage hat das Landgericht Duisburg gebraucht, um im Fall der Schießerei auf dem Hamborner Altmarkt ein Urteil zu sprechen. Beendet ist der umfangreiche Prozess damit noch lange nicht. Die Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt. Auch das verurteilte Clan-Mitglied Kamil D., einer der Schützen, will den Schuldspruch nicht akzeptieren. Der Bundesgerichtshof muss nun entscheiden. Mit einem schnellen Abschluss ist nicht zu rechnen.
Die Staatsanwälte dürften sich nicht zuletzt gestört haben, dass der Hells-Angels-Rocker Oktay K. eine vergleichsweise milde Strafe erhalten hat. Zweieinhalb Jahre Haft verhängte das Gericht für fahrlässige Körperverletzung, Landfriedensbruch und Verstöße gegen das Waffengesetz. Einen großen Teil hätte er durch seine einjährige Untersuchungshaft bereits „abgesessen“. K. ist inzwischen auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer hingegen Haftfortdauer und eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten gefordert.
Körperverletzung, Landfriedensbruch, Verstoß gegen das Waffengesetz
Auch D. wäre wohl gern wieder frei. Doch er soll laut Urteil der Fünften Großen Strafkammer für fünf Jahre ins Gefängnis. Wegen möglicher Fluchtgefahr sitzt er weiter in Untersuchungshaft. Auch D. wurde „nur“ wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Verstößen gegen das Waffengesetz verurteilt.
Zu Beginn des Verfahrens am Landgericht, das von starken Sicherheitsvorkehrungen begleitet war, ging es noch um den Vorwurf des versuchten Mordes. Erhärten ließ sich das in der Verhandlung nicht. Eine Notwehr-Situation, auf die sich die beiden geständigen Angeklagten berufen hatten, hat es nach Ansicht des Gerichts für sie aber auch nicht gegeben.
Gegen 49 bekannte Tatverdächtige wird noch ermittelt
Auch wenn die Urteile, die in der vorvergangenen Woche fielen, nun noch nicht rechtskräftig sind: Es dürfte jetzt wieder Bewegung in den gesamten Komplex kommen. Noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 49 weitere namentlich bekannte und teils erheblich vorbestrafte Tatverdächtige, die an der Auseinandersetzung auf dem Altmarkt im Mai vor zwei Jahren beteiligt gewesen sein sollen. Dazu gehört unter anderem der damalige Duisburger Hells-Angels-Boss A.., der bei der Verwüstung des Döner-Ladens der Großfamilie am Hamborner Altmarkt tatkräftig mitgewirkt haben soll, und weitere Größen aus der Rocker-Szene.
Ein mutmaßlicher Beteiligter der Clan-Seite ist für die Ermittlungsbehörden aktuell nicht greifbar. Der frühere Betreiber des Döner-Ladens, der den gleichen Nachnamen trägt wie einer der Angeklagten, hatte sich nach dem Vorfall abgesetzt. Der Mann ist bis heute flüchtig. Er soll sogar zehn mal gefeuert haben. Bei den beiden Angeklagten waren es sieben beziehungsweise neun Schüsse.
>>> 100 Beteiligte aus beiden Lagern
- Am 4. Mai 2022 standen sich rund Beteiligte aus den beiden Gruppen am Hamborner Altmarkt gegenüber.
- Die Auseinandersetzung spielte sich innerhalb weniger Minuten ab. Sie war vermutlich verabredet und ist dann eskaliert. Rund 30 Schüsse fielen. Vier Menschen wurden teils schwer verletzt.
- Die Hintergründe sind bis heute nicht abschließend geklärt.