Duisburg. Nils Overmann bereitet Menschen auf die Arbeit mit Todkranken vor. Aus Erfahrung weiß der Duisburger, was man für die Aufgabe mitbringen muss.
Tragische Schicksale, traurige Atmosphäre und tagtägliche Todesfälle – das ist es, was wohl viele Menschen mit einem Hospiz verbinden. Nicht so Nils Overmann. Der Duisburger hat selbst in einem Hospiz gearbeitet, inzwischen bereitet er – gemeinsam mit seiner Kollegin Katja Papierowski – ehrenamtliche Helfer auf ihren Einsatz im ambulanten Hospizdienst Bethesda vor.
„Der Tod steht dabei gar nicht so im Fokus, obwohl er allgegenwärtig ist“, sagt Overmann. Er verbindet mit seiner Arbeit stattdessen viele schöne Momente. Er erinnert sich an eine Patientin, die – wohlwissend, dass sie in den nächsten Stunden sterben wird – noch einen letzten Sekt mit ihrer Familie trank. Ihre Stimmung: fröhlich. Von Trauer oder Verzweiflung keine Spur. Oder wie es die Enkelin der Patientin zusammenfasste – eine schöne Art zu sterben. Overmann rührt diese Geschichte bis heute.
Erlebnisse wie diese sind es, die der Duisburger mit der Arbeit im Hospiz verbindet. Deswegen stand für ihn nach seiner Rückkehr aus Köln in seine Heimatstadt Duisburg auch fest, dass er nicht mehr in seinen alten Job als Krankenpfleger zurückkehren möchte.
Ambulanter Hospizdienst Bethesda besucht sterbenskranke Duisburger zu Hause
Stattdessen entschied er sich dazu, beim ambulanten Hospizdienst Bethesda anzufangen. Seitdem koordiniert er hier gemeinsam mit seiner Kollegin Katja Papierowski den Einsatz der Helfer und bereitet die Ehrenamtlichen auf den Umgang mit todkranken Menschen vor. Eine erfüllende Aufgabe, wie auch seine Kollegin unterstreicht: „Man erfährt von den Patienten und ihren Familien eine enorme Dankbarkeit und lernt gleichzeitig zu schätzen, wie kostbar Lebenszeit eigentlich ist“, sagt sie.
Doch wie kann man sich darauf vorbereiten, einen fremden Menschen zu besuchen, von dem man weiß, dass er bald sterben wird? Dafür gibt es beim Hospizdienst einen klar geregelten Ablauf. „Wenn sich Angehörige bei uns melden, dass sie Unterstützung brauchen, besuchen wir sie zunächst und besprechen mit dem Betroffenen, wie er sich die Begleitung vorstellt“, erklärt Overmann. Anschließend schauen die Koordinatoren, welcher Helfer zum Patienten passen könnte. Das richtet sich zum Beispiel nach gemeinsamen Hobbies, dem Wohnort und dem allgemeinen Charakter.
Helfer müssen keine pflegerischen Aufgaben übernehmen
Erst dann lernen sich Helfer und Patient kennen und gehen in den Austausch – wenn die Chemie stimmt. Um pflegerische Tätigkeiten geht es dabei ausdrücklich nicht, wie Overmann betont. „Niemand muss jemandem auf die Toilette helfen, die Person waschen oder ihr Medikamente geben.“ Viel mehr ginge es beim ambulanten Hospizdienst um gemeinsame Freizeit. Ein kleiner Spaziergang, gemeinsames Karten spielen oder auch mal zusammen in die Stadt fahren sind typische Tätigkeiten der Hospizhelfer.
„Wichtig ist, dass die Helfer auf der einen Seite wie ein Freund sind, aber gleichzeitig auch eine gewisse Distanz zum Schicksal des Todkranken wahren“, so Overmann. Wer das überhaupt nicht kann, sei für den Job eher nicht geeignet. Wer allerdings empathisch, kommunikativ und aufgeschlossen ist, habe die wichtigsten Charaktereigenschaften parat, um das Ehrenamt ausüben zu können.
Allein gelassen werde mit dem Auftrag ohnehin niemand. Bevor jemand überhaupt als Hospizhelfer eingesetzt wird, muss er beim Bethesda an einem Vorbereitungskurs teilnehmen. Über ein halbes Jahr bekommen die Teilnehmer Beratung in medizinischen Fragen, erhalten Tipps zum Umgang mit Angehörigen von Todkranken und tauschen sich über religiöse oder auch spirituelle Ansichten aus. „Das Ziel ist, dass die Teilnehmer gestärkt in die Begleitung gehen und keine Angst vor der Situation haben“, sagt Overmann.
Ehrenamtler bekommen psychologische Betreuung
Dass der Tod eines Menschen, gerade wenn man ihn über mehrere Monate oder sogar Jahre begleitet hat, mitunter trotzdem schwer zu verkraften ist, ist den Koordinatoren bewusst. Alle zwei Monate gibt es verpflichtende Gesprächsrunden – mal in der Gruppe, mal unter vier Augen – in denen über das Erlebte mit Seelsorgern gesprochen wird. „Darüber hinaus ist es natürlich auch unsere tägliche Aufgabe darauf zu achten, dass es unseren Helfern gut geht“, sagt Katja Papierowski.
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Beim eigentlichen Tod der Patienten seien die Helfer fast nie dabei. Der ambulante Hospizdienst ist darauf ausgerichtet, dass die Betreuung deutlich früher beginnt. Bei dem Großteil der Patienten sei eine unheilbare Krebserkrankung der Grund, warum sie sich beim ambulanten Hospizdienst melden. Manchmal geht es aber auch darum, auf Demenzkranke aufzupassen, damit die pflegenden Angehörigen zum Beispiel ohne Sorgen einkaufen gehen können.
„Die Dankbarkeit, die man dafür zurückbekommt, dass man den Leuten seine Zeit schenkt, treibt einen an, weiterzumachen – das hören wir auch immer wieder von unseren Helfern“, sagt Papierowski. Nicht selten seien die Helfer sogar ehemalige Krebspatienten, die aus eigener Erfahrung wissen, wie wichtig es ist, während der Krankheit nicht nur medizinisch begleitet zu werden. Damit die möglicherweise letzten Lebenstage eben nicht nur von Trauer geprägt sind.
>>> HOSPIZDIENST BETHESDA SUCHT NEUE HELFER
- Aktuell sind 36 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer für den Hospizdienst Bethesda im Einsatz.
- Der berufliche Hintergrund ist für die ehrenamtliche Arbeit beim Hospizdienst egal, wie Katja Papierowski betont. Vorkenntnisse seien nicht notwendig.
- Im Oktober startet der nächste Vorbereitungskurs, am 5. September findet von 18 bis 20 Uhr im Wintergarten des Bethesda-Krankenhauses (Heerstr. 219, Eingang Königgrätzer Str./ Feuerwehrzufahrt) eine Info-Veranstaltung statt.
- Grundvoraussetzung für die Teilnahme ist der Wunsch und die Kapazität, ehrenamtlich zwei bis drei Stunden pro Woche mitzuarbeiten - zum Beispiel bei Besuchen zu Hause, im Pflegeheim oder Krankenhaus.