Duisburg. Google lässt wieder Autos mit Kameras durch Städte im Ruhrgebiet rollen. Was dahinter steckt und warum Widerspruch neu eingereicht werden muss.

Google lässt wieder Autos mit Kameras auf dem Dach durch Städte rollen. Aktuell sammelt der Internetriese Bildmaterial für den Dienst „Street View“ im Ruhrgebiet. So wurde das markante Fahrzeug in dieser Woche schon in Duisburg gesichtet. Mit den Aufnahmen der 360-Grad-Kameras werden virtuelle Straßenansichten ermöglicht.

Hintergrund der neuen Fahrten sind die veralteten Bilder des Street-View-Dienstes. Dass sich die Gegenwart von der virtuellen Reise mit Google unterscheidet, zeigt eindrücklich die Mercatorstraße in Duisburg: Die A 59 führt noch ohne Deckel durch die Innenstadt – und ohne den Deckel gibt es auch noch keine Bahnhofsplatte. Große Bäume säumen die noch deutlich breitere Mercatorstraße, die grünen Gewächse werden Jahre später dem Geschäftshaus Mercator One weichen. Die Ansichten kommen so einer Zeitreise gleich.

Diese Aufnahme ist 2008 entstanden und ist die aktuelle Ansicht bei Google „Street View“ für die Mercatorstraße in Duisburg. Das Bild kommt einer Zeitreise gleich, im nächsten Abschnitt sehen Sie ein Foto der Gegenwart aus ähnlicher Position. (Screenshot)
Diese Aufnahme ist 2008 entstanden und ist die aktuelle Ansicht bei Google „Street View“ für die Mercatorstraße in Duisburg. Das Bild kommt einer Zeitreise gleich, im nächsten Abschnitt sehen Sie ein Foto der Gegenwart aus ähnlicher Position. (Screenshot) © Street View | Google

Warum sind die „Street View“-Ansichten bei Google veraltet?

Tatsächlich hatte Google zuletzt 2010 im großem Stil die markanten Fahrzeuge mit den Panoramakameras auf dem Dach in Deutschland auf die Reise geschickt – und, wie sie es selbst in einer Pressemitteilung formulieren, für „Wirbel“ gesorgt. Das Unternehmen traf auf starken Widerstand in der Politik, bei Hauseigentümern und Datenschützern. Laut DPA-Angaben legten fast eine Viertelmillion Menschen Widerspruch gegen die Aufnahmen ein und zwangen Google so, die Abbildungen ihrer Häuser zu verpixeln. Die Qualität des Dienstes war somit beeinträchtigt.

So sieht es in der Gegenwart aus: Die Bahnhofsplatte verdeckt die Sicht auf die Autobahn, das Geschäftshaus Mercator One ist entstanden.
So sieht es in der Gegenwart aus: Die Bahnhofsplatte verdeckt die Sicht auf die Autobahn, das Geschäftshaus Mercator One ist entstanden. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Wir entschieden uns damals, keine neuen Bilder für Deutschland auf Street View zu veröffentlichen, während wir überall sonst in Europa weiteres Bildmaterial hinzufügten und aktualisierten“, teilt Google mit. Nun startet das Technologieunternehmen einen neuen Versuch und die Straßen im Ruhrgebiet sollen eine Aktualisierung bekommen.

Google: Wann wird „Street View“ in Deutschland aktualisiert?

Frühestens Mitte Juli, so heißt es, wird der Internetriese damit beginnen, die neuen Bilder schrittweise zu veröffentlichen. Einige der Aufnahmen sollen dabei bereits 2022 entstanden sein. Welche Straßen in Duisburg neu kartiert werden, darüber macht die für Google zuständige Kommunikationsberatung auf Anfrage keine Angaben.

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Passanten haben das auffällige Auto mit der Dachkamera aber schon in der Rhein-Ruhr-Stadt entdeckt. Die Rheinische Post berichtet, dass ein Fahrzeug am 18. Juli an der Tonhallenstraße im Dellviertel auf Höhe des Immanuel-Kant-Parks gesichtet worden ist. Alle paar Meter werden Panoramabilder erstellt. Die Fotos der neun Kameras, die sich in 2,9 Metern Höhe befinden, werden im Anschluss digital miteinander verknüpft, Nutzer des Dienstes können sich dann mit dem Smartphone virtuell in den Ansichten bewegen.

Das wann, wo und wie lange der Aufnahmen sei aber auch grundsätzlich von Faktoren wie dem Wetter oder Fahrbedingungen wie Straßensperrungen beeinflusst, heißt es. Für Nordrhein-Westfalen gibt Google nur kryptisch an, dass von Juni bis Oktober die Kamera-Autos etwa im Rhein-Ruhr-Gebiet sowie im Rheinland unterwegs sein werden. Genauere Infos gibt es auf Rückfrage dazu aber nicht. Ob in Duisburg auch Trekker mit Kamerarucksäcken unterwegs sind, die Orte abgehen, die nur zu Fuß erreichbar sind, beantworten die Pressevertreter ebenfalls nicht.

„Street View“: Wie können Eigentümer und Mieter den Fotos widersprechen?

Die Aktualisierung nimmt Google laut eigenen Angaben in enger Abstimmung mit dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit vor. Gesichter und Nummernschilder werden automatisch unkenntlich gemacht, sodass Identifizierungen nicht möglich sein sollen. Eigentümer und Mieter haben zudem die Möglichkeit, ihre Häuser oder Wohnungen unkenntlich zu machen. Dieser Widerspruch ist unwiderruflich, schon vor, aber auch nach der Veröffentlichung, per Online-Formular möglich.

Vor der Veröffentlichung der neuen Bilder werden die veralteten Street-View-Aufnahmen inklusive der bisherigen Unkenntlichmachungen entfernt, informiert Google. Das heißt aber auch: Wer seine Immobilie schon einmal für die noch aktuelle Street-View-Version hat unkenntlich machen lassen und dies auch weiterhin so halten möchte, muss einen neuen Widerspruch einreichen.

>> Street-View: Diese Vorteile bietet der Dienst

  • Die Nutzung von Street-View hat für viele Menschen und gerade auf Reisen Vorteile: So kann man sich z.B. im Vorfeld eines Urlaubs ein Straßenpanorama anschauen und überprüfen, wie die Umgebung eines Hotels aussieht.
  • 2010 gelang es Google nicht, Datenschutzvorbehalte in Deutschland auszuräumen. 13 Jahre später ist der Umgang der Menschen in der virtuellen Welt aber ein anderer, deutlich mehr verfügen nun auch über ein Smartphone.
  • Laut einer Umfrage unter 1500 Teilnehmenden in Deutschland, die Google 2023 in Auftrag gegeben hat, bewerten 91 Prozent der Befragten, die „Street View“ kennen, den Dienst als positiv, heißt es in einer Mitteilung des Techunternehmens.

(mit dpa)