Duisburg. Noch ist er klein und süß, aber aus Goethe soll mal ein Diensthund werden. Was der Welpe bei der Duisburger Polizei schon alles gelernt hat.
Wenn Goethe sich auf die Hinterläufe setzt und bellt, ist das in etwa so, als wenn ein Kleinkind mit dem Fuß aufstampft. Und einen mit leicht vorgeschobener Unterlippe ganz ernst anguckt. Verbrecher stellt der neue Diensthunde-Anwärter der Duisburger Polizei noch keine. Im Moment entwaffnet der Welpe mit den Knopfaugen und den langen Ohren, in die er erst hineinwachsen muss, höchstens mit Niedlichkeit. Wir haben ihn beim Training besucht.
Neuer Diensthunde-Anwärter bei der Polizei Duisburg
Rute hoch, Nase Richtung Boden: Auf dem Trainingsgelände der Polizei in Neudorf beweist Goethe schon im Alter von 13 Wochen Spürhund-Qualitäten. „Er hat den nötigen Spieltrieb, ich denke, das könnte klappen“, zeigt sich Hundeführerin Silke Lichtner zuversichtlich.
Zur Übung nimmt sie ihren Schlüssel vom Gürtel und wirft ihn neben sich ins Gras. Goethe folgt der stillen Aufforderung und schnuppert interessiert. Dafür kriegt er prompt ein Leckerchen und ein „Super!“ obendrauf. Der erste Schritt ist getan: „Indem er mit der Nase rangeht, nimmt er die frische menschliche Witterung auf.“
Das wird später im Einsatz wichtig: „Wenn zum Beispiel ein Einbrecher bei der Flucht sein Werkzeug wegschmeißt, kann der Hund es aufspüren und uns zeigen, wo es ist.“ Dabei unterscheidet die feine Nase zwischen der Cola-Dose, die schon seit Wochen herumliegt, und der frischen Spur.
Bevor er sich aber zum Spürhund weiterbilden lassen kann, muss Goethe wie jeder andere Diensthunde-Anwärter erst einmal die Ausbildung zum Schutzhund durchlaufen. Stöbern nach Gegenständen lernt er dabei auch. Die Sucharbeit ist Bestandteil der Abschlussprüfung, die die Junghunde mit anderthalb bis zwei Jahren ablegen.
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Polizeihunde müssen aus guter Zucht stammen
Gute Voraussetzungen für den Polizeidienst bringt Goethe schon von Haus aus mit. Diensthunde sollten aus einer guten Linie stammen, erklärt Silke Lichtner, die in ihren rund 30 Jahren bei der Duisburger Hundestaffel schon mehrere Hunde ausgebildet und geführt hat.
Neuzugang Goethe – mit Zwingernamen übrigens Goethe von der Reichsbahn – kommt aus der Zucht des Vereins Deutscher Schäferhunde (SV). „Er ist sehr neugierig, total aufgeschlossen, geht auf alles und jeden zu“, beschreibt ihn seine Besitzerin. Für sein Alter lasse er sich nicht leicht aus der Ruhe bringen, auch eine wichtige Eigenschaft.
Neben der Sucharbeit trainiert Silke Lichtner mit dem Rüden derzeit die Grundkommandos, wie das „Bei-Fuß-Gehen“ oder das Hörzeichen „Hier!“. Prompt lässt Goethe von dem Stock ab, den er auf der Wiese gefunden hat, kommt vor Frauchen zum Stehen und setzt sich auf die Hinterläufe. Auch dafür gibt’s von der 51-Jährigen ein Leckerchen und einen erwartungsvollen Blick.
Wieder scheint Goethe zu wissen, was von ihm verlangt wird, gibt Laut und bekommt gleich noch eine Belohnung hinterher. „So lernt er schon mal spielerisch das Verbellen.“ Gemeint ist damit, dass der Hund später im Einsatz anschlägt, wenn er zum Beispiel eine gesuchte Person aufgespürt hat.
Goethe soll Duisburger Polizei mal als Spürhund unterstützen
Nach ein paar Minuten ist das Training schon wieder beendet. „Man muss bedenken, dass er noch ein Welpe ist; der kann drei bis vier Minuten konzentriert arbeiten, danach ist er nicht mehr wirklich aufnahmefähig.“ Statt langen Einheiten wird mehrmals am Tag kurz trainiert und das immer und überall. Da dient auch schon mal eine am Boden liegende Plane als Trainingsgerät.
„Ein Diensthund muss sich überall drauf trauen, überall hin, überall rein“, betont Silke Lichtner, während sie Goethe über die Plane lockt. „Deshalb nimmt man den Hund von Anfang an überall mit hin, die Prägungsphase ab acht Wochen ist da enorm wichtig.“
Wenn er nicht gerade lernt, ein guter Schutzhund zu sein, darf Goethe ausruhen oder mit seinen Rudelgefährten spielen. Der Welpe ist der vierte im Bunde und wächst als Familienmitglied bei Lichtners auf. Auf der Wache ist Goethe, wie könnte es anders sein, sehr beliebt. Noch bückt man sich nach ihm, um ihn zu streicheln, aber die großen Pfoten lassen vermuten, dass aus dem kleinen mal ein ziemlich großer Schäferhund werden könnte.
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Immerhin soll Goethe einmal Lichtners derzeitige Diensthündin Akeeba ablösen. Sie wird als Banknotenspürhund bei Razzien und Durchsuchungen eingesetzt, aber auch bei Fußballspielen oder im normalen Dienst ist sie mit von der Partie. Akeeba wird dieses Jahr acht und darf bald in den Ruhestand gehen, wie es bei Diensthunden meist zwischen neun und zehn Jahren der Fall ist. Sobald er seine Abschlussprüfung abgelegt hat, wird Goethe dann ihrem gemeinsamen Frauchen bei Einsätzen zur Seite stehen.
>> Diensthunde bei der NRW-Polizei
- Die Polizei in NRW bezieht ihre potenziellen Diensthunde in der Regel vom „Zentralen Fortbildungszentrum für das Diensthundewesen“ in Schloss Holte-Stukenbrock. Dort werden hauptsächlich Malinois, also Belgische Schäferhunde, gezüchtet und ausgebildet.
- Wird ein Welpe für die Polizeiarbeit ausgewählt, unterschreibt der Hundeführer einen Aufzuchtvertrag, und der Welpe gilt als Diensthund.
- Privat angeschaffte Hunde wie Goethe sind quasi Quereinsteiger und können erst in den Dienst eintreten, wenn sie sich als geeignet erweisen und die Schutzhunde-Prüfung erfolgreich abgelegt haben. Bis dahin tragen die Hundehalter alle Kosten für ihre Tiere.
- Bei der Duisburger Polizei gibt es derzeit 13 Diensthunde.