Duisburg. Die Geschichte des Duisburger Schriftstellers Walter Kaufmann ist verfilmt worden. Premiere im Filmforum zeigt: Er ist mehr als eine Biographie.

Es mag vielleicht 2002 gewesen sein, als in dieser Zeitung erstmalig über das bewegte Leben des aus Duisburg stammenden und von den Nazis vertriebenen Walter Kaufmann ausführlich berichtet wurde. Die Veröffentlichung des Fotos des jüdischen Schriftstellers vor seinem Elternhaus an der Duisserner Prinz-Albrecht-Straße hatte Folgen.

Rief doch am nächsten Tag ein besorgter älterer Herr in der Redaktion an, um sehr vorsichtig zu fragen, was denn nun mit dem in der NS-Diktatur notverkauften Haus geschehen würde. Eine Facette aus einer Zeit, als jüdisches Eigentum plötzlich nichts mehr Wert war und dass viele davon profitierten.

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„Walter Kaufmann – welch ein Leben“ lautet der Titel des Films von Karin Kaper und Dirk Szuszies, der am Samstag im gut besuchten Filmforum am Dellplatz seine Premiere hatte. Die Regisseure haben ein Leben verfilmt, das „schillernder als jedes Drehbuch“ war. Das Film-Gespräch übernahm der Duisburger Historiker Dr. Ludger Heid, ein Experte für jüdisches Leben in Duisburg, der den Briefwechsel zwischen Walter Kaufmann und seinen Eltern unlängst als Buch veröffentlicht hat.

Dem Duisburger Schüler gelang die Flucht nach England

Der im April dieses Jahres im hohen Alter von 97 Jahren verstorbene Duisburger, der wie sein Vater Sally Kaufmann Schüler des Steinbart-Gymnasiums war, ist 1939 am Vortag seines 15. Geburtstages mit einem Kindertransport nach England geflüchtet. Seine jüdischen Adoptiv-Eltern, den Anwalt Sally und Johanna Kaufmann, die beide 1944 in Auschwitz ermordet wurden, sah er nie mehr wieder. Und in seinem Elternhaus lebten Profiteure des NS-Systems.

Auch New York gehörte zu den Stationen im bewegten Leben von Walter Kauf, hier die Ankunft 1963.
Auch New York gehörte zu den Stationen im bewegten Leben von Walter Kauf, hier die Ankunft 1963. © Karin Kaper Film | Karin Kaper Film

1953 war Kaufmann, der in England und dann Australien als junger Mann teilweise unter schwierigen Bedingungen lebte und arbeitete, erstmalig wieder in Duisburg. So erzählt der Schriftsteller, Reporter, Diplomat, Fotograf, Seemann, Kommunist und Weltbürger von dem ersten Wiedersehen mit seiner Stadt, deren Bürger ihn immer noch nicht wollten. Auch in sein Elternhaus wurde er nicht reingelassen: „Sie behandelten mich wie einen Toten auf Urlaub.“11!

Von Duisburg nach Berlin und in die DDR

Nach dieser traurigen Heimkehr konnte er in Duisburg nicht mehr leben und zog wieder in seine Geburtsstadt Berlin. Seine leibliche Mutter, eine jüdische Verkäuferin, konnte er aber nicht finden. Später lebte Kaufmann mit seiner Familie in der DDR, wo seine viel gelesenen Bücher hohe Auflagen hatten. Aus seinen Erinnerungen und Reportagen las er dann später auch in Schulklassen in Duisburg.

„Wir sind froh, dass wir diesen Film vollenden konnten. Doch leider konnten wir ihn nicht mehr gemeinsam mit Walter Kaufmann sehen“, bedauerte Regisseur Dirk Szuszies. Dem Betrachter bietet sich ein grandioses filmisches Werk mit historischen Fotos aus den 30er Jahren in Duisburg, mit restaurierten Schwarz-Weiß-Bildern, die den jungen Walter Kaufmann auf seinen Weltreisen in Australien zeigen und später dann in Japan aufgenommen wurden.

Die Kamera hat den Schüler auf seinen Spaziergängen am Kaiserberg begleitet, fotografierte die Prinz-Albrecht-Straße und den Bahnsteig am Hauptbahnhof, auf dem er zum letzten Mal seine Mutter sah und ihr zu ihrem Schrecken zum Abschied mitteilte, dass er von seiner Adoption gewusst habe. Das sollte er aber erst als 15-Jähriger erfahren. Er habe noch oft in seiner Erinnerung die letzten Worte zur Mutter bedauert.

Der Film ist ein bewegendes Zeitdokument

Der Film über Walter Kaufmann ist mehr als nur gelungen, er ist ein großartiges und bewegendes Zeit-Dokument, das von dem greisen Schriftsteller noch selbst besprochen wird. Es wirkt wie ein Wunder, wenn der fast 100-Jährige durchs Bild läuft und, noch mit großer Vitalität gesegnet, seine Erinnerungen und die Stationen eines reichen und ungewöhnlichen Lebens professionell kommentiert.

Dazu hat das Regie-Team auf dezente Hintergrund-Musik gesetzt, die die Bilder vom alten Duisburger Hafen, von den Brief-Zitaten seiner Eltern und von den Umzügen und Lagern der Nazis dezent und stilsicher begleiten. Dirk Szuszies und Karin Kaper ist ein großer Film gelungen.

>> NOCH ZWEI VORSTELLUNGEN IM FILMFORUM

  • Der 1924 in Berlin geborene Walter Kaufmann war mit Angela Brunner verheiratet, die 2011 starb. Die beiden Töchter sind die Fotografin Rebekka Kaufmann und die Schauspielerin Deborah Kaufmann. In seinen letzten Jahren war Walter Kaufmann mit Lizzy Kempter verheiratet.
  • Das Filmforum am Dellplatz zeigt den Film noch zwei Mal: am 4. Oktober um 18 Uhr und am 6. Oktober um 16 Uhr.