Duisburg.. Die Deutsche Polizeigewerkschaft filmt, wie sich ein Kollege mit einem Elektroschocker beschießen lässt. Das Video ist Werbung in eigener Sache.

Das kurze Filmchen dauert gerade 40 Sekunden und ist etwas für Zuschauer mit stärkeren Nerven: Auf einem Video, das die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Duisburg unter anderem auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht hat, ist zu sehen, wie sich der angehende Polizeikommissar „Benjamin“ einem Selbstversuch mit einem Taser unterzieht. Zwei Kollegen fixieren ihn, ein dritter legt auf den 24-Jährigen an. Der sackt zu Boden und bleibt regungslos liegen. Sekunden geht das so, dann fängt er sich, die Kollegen helfen ihm auf. Applaus brandet unter den Zuschauern auf, die sich die Szene am Rande einer Veranstaltung von DPolG und des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in den Duisburger Gewerkschafts-Räumen angesehen haben.

Der kurze Clip soll Werbung in eigener Sache sein, erklärt der Duisburger DPolG-Vorsitzende Bülent Kalman. Die Polizei-Gewerkschaft setze sich seit Jahren für den Einsatz der sogenannten Distanz-Elektro-Impulsgeräte, kurz Taser, im Streifendienst der Polizei ein. „Wir brauchen ein geeignetes Mittel, um die Lücke zum Einsatz von Schlagstock, Pfefferspray oder Schusswaffe zu schließen.“ Immer öfter würden Polizisten im Dienst attackiert. Kalman spricht von bundesweit 14.000 Übergriffen jährlich - „die Zahlen sprechen für sich.“

Geräte gehören zur SEK-Standard-Ausrüstung

Die Vorteile eines Taser liegen für Kalman auf der Hand. Mögliche Angreifer werden kurzfristig, aber effektiv, außer Gefecht gesetzt. Im Gegensatz zum Einsatz von Pfefferspray, bei dem auch die Beamten selbst Verletzungen davon tragen könnten, entstünden durch den Taser keine gesundheitlichen Folgen - auch nicht für mögliche Angreifer. Das Video bezeuge das. Für einen kurzen Zeitraum ist der Kollege komplett bewegungsunfähig, „dann ist er ganz munter wieder aufgestanden“, erzählt Kalman.

Der DPolG schwebt vor, dass jeder Streifenwagen für den Notfall mit einem solchen Gerät ausgestattet wird, dauerhaft „am Mann“ sollten Polizisten die Taser nicht tragen. In einem Einsatz könne allein das Zeigen des Geräts schon reichen, berichtet Kalman: „Die Androhung damit reicht dem Täter manchmal aus.“ In Nordrhein-Westfalen zählten Taser etwas bei den Spezialeinsatzkräften (SEK) bereits zur bewährten Standard-Ausrüstung. Auch in anderen Ländern wie der Schweiz und den USA nutzen Polizisten die Geräte regelmäßig.

Gesetzgeber müsste die Voraussetzungen schaffen

In Deutschland und in Nordrhein-Westfalen müsse der Gesetzgeber die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz schaffen, fordert Kalman. „Es ist an der Zeit“, sagt der Gewerkschafter, „und wir sind auf einem guten Weg.“ Er könnte sich auch vorstellen, dass Duisburg bei den Tasern einmal zu einem Pilotstandort wird, so wie es bald bei den Body-Cams der Fall ist. Beim „Dreh“ war das hiesige Polizeipräsium allerdings außen vor. „Das war eine reine Gewerkschaftsveranstaltung“, betont auch Kalman.

In einem zweiten, kürzeren Filmchen, das ebenfalls auf der Facebook-Seite zu sehen ist, beschreibt Gewerkschaftsmitglied und Anwärter Benjamin sein Erlebnis, für das er sich natürlich freiwillig zur Verfügung gestellt hat. „Für fünf Sekunden war es ekelhaft“, erzählt der 24-Jährige. „Ich bin dafür“, sagt er dann und streckt seinen Daumen in die Höhe.

NRW-Innenministerium bleibt bei ablehnender Haltung

Das Landesinnenministerium sieht bislang keinen Grund, seine bisherige ablehnende Haltung zum Einsatz der Elektroschocker im Wach- und Wechseldienst zu ändern: "Die Polizisten sind in NRW sehr gut ausgestattet", erklärte eine Sprecherin. Zwar seien die Geräte für Spezialkräfte sinnvoll, für den reinen Streifendienst gelte das aber unter anderem wegen des hohen Fort- und Ausbildungsaufwands und der "komplexen Technik" nicht.

Außerdem könnten nach der Taser-Anwendung "Folgemaßnahmen" erforderlich sein, was ebenso gegen deren Einsatz spreche. Dazu zählt das Innenministerium auch eine mögliche "Erstversorgung durch einen Arzt sowie die sofortige Fixierung des Betroffenen". Unabhängig von der Diskussion um die Taser prüfe die Behörde "fortlaufend, welche Ausrüstung die Sicherheit der Polizisten weiter erhöhen kann". Dabei werde auch mit den Gewerkschaften gesprochen.

Bereits vor mehr als zwei Jahren hatte der CDU-Abgeordnete Gregor Golland in einer Kleinen Anfrage an das Ministerium wissen wollen, wie es um den Einsatz von Taser bei der Landespolizei bestellt sei. Ihm erklärte die Behörde schon damals, dass sich die Elektroschocker bei den Spezialkräften bewährt hätten und "positiv bewertet" würden, im Streifendienst aber seien die Geräte "weder sinnvoll noch erforderlich". In seiner Antwort teilte das Ministerium Golland auch mit, wie oft SEKler im Dienst zwischen 2010 und 2013 pro Jahr zu den Elektroschockern gegriffen hatten: zwischen elf und 18 mal.