Duisburg. Besuch im Problemviertel: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Bürgern des sozial gebeutelten Duisburger Stadtteils Marxloh Hilfe versprochen.

Bei ihrem Marxloh-Besuch im Rahmen der „Bürgerdialoge“ sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Vertretern von Initiativen zu, Mitarbeiter aus Ministerien nach Duisburg zu schicken. Sie sollen helfen, Bürokratie bei Förderprogrammen abzubauen, damit das Geld vor Ort sinnvoll genutzt werden kann. Die Kanzlerin diskutierte in der Reihe „Gut leben in Deutschland“ in einem Marxloher Hotel knapp zwei Stunden mit 50 von der Stadt ausgewählten Anwohnern des Stadtteils.

Merkel will zudem Gesetzeslücken prüfen lassen, um das Geschäftsmodell zu zerstören, mit überbelegten und vermüllten Schrotthäusern Geld zu machen. „Menschen werden dort wie Ware behandelt und ausgebeutet“, sagte sie. Man müsse transparent machen, wer diese Häuser zur Verfügung stelle. Zudem gelte es, Schlepper zu bekämpfen, die von der Not anderer profitierten.

Bewohner klagen über die negative Berichterstattung

Mit Blick auf rumänische und bulgarische Kinder, die nicht zur Schule gingen, sagte Merkel, dass man „die Menschen, die zu uns kommen, an die Regeln erinnern muss“. Toleranz sei nicht mit Regellosigkeit zu verwechseln.

Merkel besucht Duisburg-Marxloh

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Bundeskanzlerin Angela Merkel war am Dienstag für zwei Stunden zu Besuch in Duisburg-Marxloh. Rund 300 Menschen wollten den Auftritt der Kanzlerin nicht verpassen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel war am Dienstag für zwei Stunden zu Besuch in Duisburg-Marxloh. Rund 300 Menschen wollten den Auftritt der Kanzlerin nicht verpassen. © Lars Heidrich / Funke Foto Services | Unbekannt
Im Hotel Montan sprach die Kanzlerin mit 60 eingeladenen Bürgern, um so ein möglichst authentisches Bild von Marxloh zu bekommen.
Im Hotel Montan sprach die Kanzlerin mit 60 eingeladenen Bürgern, um so ein möglichst authentisches Bild von Marxloh zu bekommen. © dpa | dpa
Wo genau liegen die Probleme in Marxloh? Beim Bürgerdialog diskutierte Merkel über die Lebensqualität im Duisburger Stadtteil.
Wo genau liegen die Probleme in Marxloh? Beim Bürgerdialog diskutierte Merkel über die Lebensqualität im Duisburger Stadtteil. © Lars Heidrich / Funke Foto-Services | Unbekannt
Wo genau liegen die Probleme in Marxloh? Beim Bürgerdialog diskutierte Merkel über die Lebensqualität im Duisburger Stadtteil.
Wo genau liegen die Probleme in Marxloh? Beim Bürgerdialog diskutierte Merkel über die Lebensqualität im Duisburger Stadtteil. © Lars Heidrich / Funke Foto-Services | Unbekannt
Großes Gedrängel und Händeschütteln: Angela Merkel bei ihrer Ankunft vor dem Hotel Montan.
Großes Gedrängel und Händeschütteln: Angela Merkel bei ihrer Ankunft vor dem Hotel Montan. © Lars Heidrich / Funke Foto-Services | Unbekannt
Die Bodyguards weichen nicht von Angela Merkels Seite.
Die Bodyguards weichen nicht von Angela Merkels Seite. © Lars Heidrich / Funke Foto-Services | Unbekannt
Die Jagd nach dem besten Bild von Angela Merkel ist eröffnet. Vor dem Hotel Montan möchte jeder noch einen Schnappschuss von der Kanzlerin machen.
Die Jagd nach dem besten Bild von Angela Merkel ist eröffnet. Vor dem Hotel Montan möchte jeder noch einen Schnappschuss von der Kanzlerin machen. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | FUNKE Foto Services
Zur Sicherheit sind mehrere Polizisten vor Ort im Einsatz.
Zur Sicherheit sind mehrere Polizisten vor Ort im Einsatz. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | FUNKE Foto Services
"Gut leben in Deutschland": Scheinbar zuversichtlich ging Angela Merkel zum dritten Bürgerdialog in Marxloh. © dpa | dpa
Marxloh ist ein Potpourri von Kulturen und Nationen. Der Besuch der Bundeskanzlerin verbindet.
Marxloh ist ein Potpourri von Kulturen und Nationen. Der Besuch der Bundeskanzlerin verbindet. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | FUNKE Foto Services
Stolz ein Marxloher zu sein: Geschäfts- und Kameramann Halil Özet bekennt sich zu seinem Duisburger Stadtteil.
Stolz ein Marxloher zu sein: Geschäfts- und Kameramann Halil Özet bekennt sich zu seinem Duisburger Stadtteil. © Lars Heidrich / Funke Foto-Services | Unbekannt
Doch nicht jeder outet sich als stolzer Marxloher.
Doch nicht jeder outet sich als stolzer Marxloher. "Unser Marxloh ist verloren" - Armut und Kriminalität sind in dem nördlichen Stadtteil immer wieder präsent. © Lars Heidrich / Funke Foto-Services | Unbekannt
Auch junge Leute wollen die Kanzlerin nicht verpassen. Ein Schnappschuss mit dem Smartphone ist da Pflicht.
Auch junge Leute wollen die Kanzlerin nicht verpassen. Ein Schnappschuss mit dem Smartphone ist da Pflicht. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | FUNKE Foto Services
Gespannt warten die rund 300 Schaulustigen auf die Ankunft von Angela Merkel.
Gespannt warten die rund 300 Schaulustigen auf die Ankunft von Angela Merkel. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | FUNKE Foto Services
Wenn die Kanzlerin kommt, wird geknipst - egal ob mit der Kamera oder dem Handy.
Wenn die Kanzlerin kommt, wird geknipst - egal ob mit der Kamera oder dem Handy. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | FUNKE Foto Services
Angela Merkel ganz bürgernah: Vor dem Gespräch im Hotel Montan streckt sie einem Marxloher Jugendlichen die Hand entgegen.
Angela Merkel ganz bürgernah: Vor dem Gespräch im Hotel Montan streckt sie einem Marxloher Jugendlichen die Hand entgegen. © dpa | dpa
Nett lächeln und Hände schütteln: Die Bundeskanzlerin wird bei ihrem Besuch jubelnd in Empfang genommen. Allerdings mischen sich auch Buh-Rufe unter den Applaus.
Nett lächeln und Hände schütteln: Die Bundeskanzlerin wird bei ihrem Besuch jubelnd in Empfang genommen. Allerdings mischen sich auch Buh-Rufe unter den Applaus. © dpa | dpa
Nett lächeln und Hände schütteln: die Bundeskanzlerin wird bei ihrem Besuch jubelnd in Empfang genommen. Allerdings mischen sich auch Buh-Rufe unter den Applaus.
Nett lächeln und Hände schütteln: die Bundeskanzlerin wird bei ihrem Besuch jubelnd in Empfang genommen. Allerdings mischen sich auch Buh-Rufe unter den Applaus. © dpa | dpa
Nett lächeln und Hände schütteln: die Bundeskanzlerin wird bei ihrem Besuch jubelnd in Empfang genommen. Allerdings mischen sich auch Buh-Rufe unter den Applaus.
Nett lächeln und Hände schütteln: die Bundeskanzlerin wird bei ihrem Besuch jubelnd in Empfang genommen. Allerdings mischen sich auch Buh-Rufe unter den Applaus. © dpa | dpa
Dicht gedrängt stehen die Bürger an dem Absperrband, um der Kanzlerin die Hand zu schütteln oder ein Foto von ihr zu bekommen.
Dicht gedrängt stehen die Bürger an dem Absperrband, um der Kanzlerin die Hand zu schütteln oder ein Foto von ihr zu bekommen. © dpa | dpa
Mit einer schwarzen Limousine kommt die Bundeskanzlerin in Marxloh vorgefahren, ihre drei Bodyguards stets an ihrer Seite.
Mit einer schwarzen Limousine kommt die Bundeskanzlerin in Marxloh vorgefahren, ihre drei Bodyguards stets an ihrer Seite. © dpa | dpa
Mit einer schwarzen Limousine kommt die Bundeskanzlerin in Marxloh vorgefahren, ihre drei Bodyguards stets an ihrer Seite.
Mit einer schwarzen Limousine kommt die Bundeskanzlerin in Marxloh vorgefahren, ihre drei Bodyguards stets an ihrer Seite. © dpa | dpa
Dicht gedrängt stehen die Bürger an dem Absperrband, um der Kanzlerin die Hand zu schütteln oder ein Foto von ihr zu bekommen.
Dicht gedrängt stehen die Bürger an dem Absperrband, um der Kanzlerin die Hand zu schütteln oder ein Foto von ihr zu bekommen. © dpa | dpa
Zwei Limousinen kündigen den Besuch der Bundeskanzlerin an. Die Besucher zücken ihre Handys.
Zwei Limousinen kündigen den Besuch der Bundeskanzlerin an. Die Besucher zücken ihre Handys. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | WNM
Marxloh ist ein Potpourri von Kulturen und Nationen. Der Besuch der Bundeskanzlerin verbindet.
Marxloh ist ein Potpourri von Kulturen und Nationen. Der Besuch der Bundeskanzlerin verbindet. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | FUNKE Foto Services
Die Vorbereitungen für den Merkel-Besuch laufen auf Hochtouren. Die Zugänge zu dem Gebäude werden von einem Sicherheitsdienst bewacht.
Die Vorbereitungen für den Merkel-Besuch laufen auf Hochtouren. Die Zugänge zu dem Gebäude werden von einem Sicherheitsdienst bewacht. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | WNM
Alle vier Zugangsstraßen werden für den Besuch von Merkel für den Straßenverkehr gesperrt.
Alle vier Zugangsstraßen werden für den Besuch von Merkel für den Straßenverkehr gesperrt. © dpa | dpa
Alle vier Zugangsstraßen werden für den Besuch von Merkel für den Straßenverkehr gesperrt.
Alle vier Zugangsstraßen werden für den Besuch von Merkel für den Straßenverkehr gesperrt. © dpa | dpa
Alle vier Zugangsstraßen werden für den Besuch von Merkel für den Straßenverkehr gesperrt.
Alle vier Zugangsstraßen werden für den Besuch von Merkel für den Straßenverkehr gesperrt. © dpa | dpa
Alle vier Zugangsstraßen werden für den Besuch von Merkel für den Straßenverkehr gesperrt.
Alle vier Zugangsstraßen werden für den Besuch von Merkel für den Straßenverkehr gesperrt. © dpa | dpa
Rund 30 Personen haben sich noch vor dem Besuch der Kanzlerin zu einer Demonstration der Linken versammelt.
Rund 30 Personen haben sich noch vor dem Besuch der Kanzlerin zu einer Demonstration der Linken versammelt. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | WNM
"Gegen Kriminalisierung der Migrant-innen": Eine kleine Gruppe wirbt vor dem Besuch für eine deutsche Willkommenskultur. © Stephan Eickershoff / Funke Foto-Services | WNM
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Auf die Klagen über die negative Berichterstattung über Marxloh im Vorfeld ihres Besuchs erwiderte die Kanzlerin, es sei „wichtig, dass über die Probleme berichtet wird, damit sie wahrgenommen werden“. So habe NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) zu Recht eine Hundertschaft der Polizei als Verstärkung in den Duisburger Norden geschickt. „Wie ich ihn kenne, wird er den Einsatz verlängern.“

In der Flüchtlingsfrage blieb Merkel auf Kurs. Als Pater Oliver, der in einer Sprechstunde jede Woche Dutzende Bedürftige ohne Krankenversicherung mit einem Ärzteteam betreut, um Hilfe bat, „weil wir das nicht mehr schaffen“, entgegnete sie: „Es ist nicht machbar, dass wir alle krankenversichern, die zu uns kommen.“ Man dürfe nicht die Botschaft aussenden, dass jeder, der wolle, kommen könne. „Wir müssen uns mit Rumänien und Bulgarien darüber unterhalten.“ Hilfe habe sich an die zu richten, die aus Kriegsgebieten nach Europa fliehen.

Merkel in Marxloh: "Die Mutti kommt zu Multikulti"

Marxloh mag in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gut abschneiden. „Aber es hat viele kreative Köpfe“, beteuert Deniz Güner, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde. Zum Beispiel sein Friseur, der bei ihm zur Feier des Tages die Haarschneidemaschine nochmal auf geschätzte zwei Millimeter eingestellt hat. Denn der Mann hatte gleich ein Motto für den Besuch der Bundeskanzlerin im Duisburger Stadtteil parat, in dem mehr als 60 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund aufweisen: „Die Mutti kommt zu Multikulti.“

Angela Merkel, trotz einiger Wolken am Himmel im blauen Sommerblazer samt weißer Hose, lächelt über den Spruch, das Eis hat sie selbst schon gebrochen, als sie den bulligen Sozialarbeiter Erkan Üstünay im Saal des Hotel Montan kurz zuvor aufgefordert hat, doch mal ein Stück zu rücken, damit sie sich neben ihn setzen kann. Sie will ja mit den Menschen ins Gespräch kommen, das ist der Sinn der „Bürgerdialoge“, die den Titel „Gut leben in Deutschland“ tragen.

Keine harten Kontroversen

Bis dahin, das weiß die Kanzlerin nicht erst seit gestern Nachmittag, ist es für Marxloh allerdings noch ein sehr weiter Weg. Immerhin verspricht sie, dass man die Ergebnisse „wissenschaftlich auswertet“, und ein Aktionsprogramm daraus entwickelt werde. Marxloh darf hoffen. Ein bisschen wenigstens.

Mitte Juli erregte einer ihrer Bürgerbesuche Aufsehen, als ein palästinensisches Flüchtlingsmädchen in Rostock in Tränen ausbrach. Manche warfen Angela Merkel ungelenkes Verhalten vor, das hat sie nicht vergessen und gelernt. Als sich eine junge Frau gleich zu Beginn der Gesprächsrunde vor laufenden „Phoenix“-Kameras über fehlende Unterstützung bei ihrer Ausbildung beklagt, weiß zwar niemand unter den 50 Zuhörern im Halbrund, wie die Regierungschefin das überhaupt lösen könnte. Aber Merkel sagt: „Ich würd’s mir gerne ansehen.“ Und schnell setzt sie hinzu: „Ohne dass ich was verspreche.“ Die Frau nickt. Sie scheint zufrieden. Die erste Klippe ist genommen.

Dialog bleibt stets freundlich

Ungemach muss Merkel nicht fürchten in diesen 90 Minuten, an harten Kontroversen sind ihre Gesprächspartner nicht interessiert, der Dialog bleibt stets freundlich im Ton und konstruktiv in der Sache. „Wir haben bei der Auswahl der Gäste nicht Hand angelegt und auch kein anderes Körperteil“, beteuert Merkel, nein, es war die Duisburger Entwicklungsgesellschaft, die Vereine, Einrichtungen und Initiativen anschrieb und letztlich filterte.

Ein wenig zielführendes Vorbereitungstreffen am Morgen lässt eher Langeweile befürchten, aber dann servieren die Marxloher Merkel doch die ganze Palette von Problemen, die den Stadtteil seit Jahren durchschütteln: Flüchtlinge, Zuwanderung, Kriminalität, mangelhafte Infrastruktur. „Ich erwarte große Ohren von Ihnen“, flachst Pater Oliver, so etwas wie die gute Seele des Stadtteils.

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Das Wort Hilfe fällt mehrfach, Merkel weiß, dass sie sich nicht aufs Glatteis begeben darf und vermeidet allzu konkrete Zugeständnisse. Der Bund bezahle Impfstoffe, aber man könne nicht alle Bulgaren und Rumänen krankenversichern, bescheidet sie den Pater, der von den hoffnungslos überfüllten Sprechstunden erzählt, die er mit einem Ärzteteam eingerichtet hat. Er sagt: „Wir schaffen das bald nicht mehr“ – er wird weiter kämpfen müssen.

Kanzlerin will Schlepper bekämpfen

Marxloh erlebe eine Integrationswelle nach der anderen, sagt ein Lehrer und klagt über Häuser, „in denen zwanzig Leute auf achtzig Quadratmetern leben“ und Schlepper den Bedürftigen sogar noch das Kindergeld wegnähmen. Das müsse man bekämpfen, bestätigt die Kanzlerin – man wird irgendwann vielleicht sehen, wie.

Frustrierten Stimmen über negative Schlagzeilen zu Marxloh entgegnet sie: Nur wenn etwas bekannt werde, könne sich etwas ändern. In einem öffentlichen Appell hatte die Gewerkschaft der Polizei vor dem Entstehen von rechtsfreien Räumen gewarnt. Auch Marxloh zählt demnach zu den Brennpunkten.

Merkel allerdings lobt das Engagement der Menschen im Stadtteil und schließt immerhin doch noch mit einem Versprechen: „Ich werde draußen eher über das reden, was hier klappt, als das was nicht klappt.“ Ein bisschen Werbung könnte Marxloh gut gebrauchen.