Duisburg. Der junge Pianist Giorgio Lazzari ist kurzfristig für die erkrankte Alexandra Dovgan eingesprungen. Wie er die Kraft- und Talentprobe bewältigte.
Kurzfristige Absagen sind unerwünscht, lassen sich aber nicht vermeiden, wenn etwa die Pianistin Alexandra Dovgan im fernen Moskau das Krankenbett hüten muss anstatt in der Gebläsehalle des Duisburger Landschaftsparks das Klavier-Festival bereichern zu können.
Es entspricht durchaus der Besetzungspolitik von Intendant Franz-Xaver Ohnesorg, spontan und unbürokratisch ganz jungen Talenten eine Plattform zu bieten. Die Gelegenheit ergab sich am letzten Wochenende, als der Italiener Giorgio Lazzari in Düsseldorf den Robert-Schumann-Wettbewerb und zusätzlich den Sonderpreis für die beste Interpretation eines Schumann-Werks erhielt.
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Lazzari übernahm für sein unerwartetes Debüt beim Klavier-Festival das anspruchsvolle Programm der erkrankten Künstlerin nahezu unverändert und bestand die Kraft- und Talentprobe trotz der kurzen Vorlaufzeit mit Bravour. Ein Programm, das eine enorme stilistische Flexibilität erfordert und mit dem sich Lazzari als großes Talent mit hoffnungsvollem Entwicklungspotenzial präsentierte.
Kein leichtes Programm mit vielen unterschiedlichen Werken
Leicht wurde es ihm nicht gemacht, selbst nicht mit der 3. Sonate des ihm innerlich so nahestehenden Robert Schumann. Denn gerade dieses „Concert sans orchestre“ erfreut sich weder bei den Pianisten noch beim Publikum großer Beliebtheit. In einer Zeit innerer Unruhe entstanden, wirkt der erste Satz wie ein formal diffuser Gewaltritt.
Angesichts der Programmmischung mit kleineren Stücken von Franz Schubert, György Kurtág, Ludwig van Beethoven und Alexander Skrjabin wäre es vermessen, von dem jungen Einspringer eine ausgefeilte Interpretation jeder Miniatur zu erwarten. Erfreuen konnte man sich jedoch an seiner noblen Tongebung und sensiblen Anschlagskultur ohne jeden Ansatz banaler Kraftmeierei.
Ein Pianist mit ausgeprägtem Klangsinn
Davon profitierte gleich zum Auftakt Schuberts weiträumiges Impromptu in f-Moll op. 142/1, bei dem er sich für die lyrischen Passagen durchaus noch ein wenig mehr Zeit lassen könnte, um die melodischen Konturen noch ausdrucksstärker zum Klingen bringen zu können. Die stilistischen Purzelbäume der sechs Bagatellen op. 126 von Beethoven bewältigte Lazzari mit erfreulich rascher Auffassungsgabe.
Lazzaris ausgeprägter Klangsinn offenbarte sich besonders fruchtbar in den Fünf Préludes op. 74 von Alexander Skrjabin. Mini-Miniaturen mit raffinierten Klangschattierungen, die einen sensiblen Meister am Klavier erfordern. Und in dieser Eigenschaft wurde er vom Publikum mit verdientem Beifall überschüttet.