Duisburg. Zwischen Märchenromantik und bald auch 5G-Netzen: Im höchsten Rheinhauser Gebäude wurde fast 90 Jahre hart gearbeitet. Ein Besuch.

Unmittelbar beim Betreten umfängt uns eine durchdringende Feuchtigkeit, von dem Quader- bzw. Ziegelmauerwerk bröckelt beständig der Putz. Kalkmörtel liegt auf dem Boden. Die Feuchtigkeit bleibt anscheinend, auch wenn das Wasser längst aus dem Gebäude ist – in das Gemäuer scheint es für immer eingezogen zu sein.

400 Kubikmeter Wasser hatten Platz in der kugelförmigen Kuppel des Bergheimer Wasserturmes. Nach der Fertigstellung des Wasserwerks „Auf dem Berg“ im Jahr 1908 wurden große Mengen benötigt und gefördert für die gerade frisch gebildeten Gemeinden Hochemmerich, Friemersheim, Atrop, Asterlagen, Winkelhausen, Schwarzenberg und Bergheim, aus denen 1934 Rheinhausen entstehen sollte.

Wachsende Region brauchte mehr Trinkwasser

So heißt es, dass im ersten Jahr schon 20.000 Kubikmeter Grundwasser in Bergheim abgegeben wurden. Denn der Bedarf nach Trinkwasser in der wachsenden Region stieg mit dem Zuzug von Familien der Arbeiter, die ab 1897 bei Krupp oder ab 1912 bei der Zeche Mevissen beschäftigt waren. Dabei wurde das Krupp-Stahlwerk selbst erst 1939 mit dem Wasser aus Bergheim versorgt.

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In der ersten Etage des Turms spürt man, wie gearbeitet wurde. Halbrunde durch eingezogene Mauern getrennte Duschkabinen lassen den Männerschweiß, den die Arbeiter – neben Wasser - hier produziert haben, lebendig werden. Davor befindet sich eine Umkleidekabine im Halbrund.


Eine Etage darüber Aufenthalts- und Büroräume. „Darin befand sich auch die Leitzentrale mit den Schalttafeln. Bis zu sechs Leute sollen hier in einer Schicht gearbeitet haben“, sagt Thomas Kehler, Pressesprecher der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (DVV). Doch der Mittfünfziger weiß es nicht genau – allmählich gibt es kaum noch Zeitzeugen, die in diesem in pragmatischem Jugendstil gebauten Turm gewirkt haben.

Wasserturm in Duisburg Bergheim steht seit 1990 unter Denkmalschutz 


Schließlich wurde 1996 schon der Betrieb heruntergefahren, nachdem die Gewinnungsreserven erschöpft waren. Seit 1990 steht der Wasserturm mitsamt dem Pumpenhaus, das mit zinnenartiger Front verziert wurde, unter Denkmalschutz. Wie verwunschen liegt das aus Backstein gemauerte Pumpenhaus in einem kleinen Wäldchen etwa 100 Meter südwestlich vom Turm entfernt – und wenn man weiß, dass sich darin ein verschütteter Brunnen mit einem Durchmesser von neun Metern befindet, so wäre es eine ideale Kulisse für eine Verfilmung des Märchens „Froschkönig“.

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Zurück zum Aufstieg: Jetzt verlassen wir den schwindelfreien Bereich des siebenstöckigen Turmschafts, gehen in das Treppenhaus, das ähnlich wie der Aussichtsturm am Hülser Berg wie ein Tragewerk aus durchsichtigen Gitterstufen- und Plattformen gebaut ist. Einen Blick nach unten sollten sich die nicht Schwindelfreien ersparen. Über 400 Treppen geht es hoch, wir merken, wie das Atmen beschwerlicher wird, bis wir zur letzten Plattform gelangen.

Wenn wir dann durch die runde Röhre blicken, die sich Richtung Wolken auftut, so wirken die Stufen wie eine etwa zehn Meter lange Himmelsleiter, die man noch bewältigen müsste, um auf die Spitze des runden Wasserbehälters zu gelangen. Wir lassen es besser und fokussieren uns auf die vielen technischen Bauteile, die so aussehen wie die Router und Kabelverbindungen eines Computernetzwerks. Um uns herum funken und funkeln sie in Grün, Rot und Blau. „Wegen der Höhe des Turmes von 50 Metern über dem Boden, eignet er sich für Telefonanbieter optimal als Übertragungsmast von Funkwellen“, sagt DVV-Pressesprecher Thomas Kehler. Vergleichsweise hohe UMTS-Funkmasten sind in der Umgebung Fehlanzeige. Daneben sieht man noch zwei Rohrenden, durch die das Wasser in die bzw. aus der Kuppel hinausgepumpt werden konnte.

Rheinhausen: Neuregelung der Wasserversorgung nach Eingemeindung 


In den Anfangsjahren wurde das Grundwasser mit zwei Pumpen je 60 Kubikmeter pro Stunde aus dem 14 Meter tiefen Brunnen des Pumpenhauses in den Wasserbehälter des Turms hochgepumpt. Hinzu kamen acht weitere Unterwassermotorpumpen bis zu den 1970er-Jahren. „Nach der Eingemeindung Rheinhausens durch die Stadt Duisburg im Jahr 1975 gab es eine Neuregelung für die Wasserversorgung“, sagt Thomas Kehler. „Die Stadtwerke Duisburg haben einen Düker unterhalb des Rheins in den 80er-Jahren angelegt, der für den rechtsrheinischen Nachschub von den Wasserwerken Bockum und Wittlaer sorgte“, erklärt der Fachmann.

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Am Ende gab es eine Wasserversorgung für Rheinhausen: zur Hälfte aus dem heimischen Bergheimer Wasserwerk, das jetzt auch zu den Stadtwerken gehörte, und zur Hälfte über die rechtsrheinischen Werke. Dieses Mischungsverhältnis wurde über die Rheinhauser Warte per Fernsteuerung geregelt.


Der Wasserturm ist auch eine Landmarke und ein Wahrzeichen der Stadt Duisburg. Schon von weitem kann man ihn erkennen, insbesondere wenn er in den Wintermonaten abends von sechs Halogenstrahlern grün angeleuchtet wird. Diese Idee geht übrigens auf den Schüler Andre Gerke im Jahr 2002 zurück.

Wasserturm in Bergheim: Das Gebäude ist 50 Meter hoch

• Der Bergheimer Wasserturm ist 50 Meter hoch, er ist auf der höchsten Anhöhe der Stadt mit 36 Metern über NN gebaut worden. Bauleiter war 1908 Josef Hanske. Am Erdboden hat der Turm einen Durchmesser von zwölf Metern, der sich bis zum Auflager des Kugelbehälters auf etwa die Hälfte verjüngt.

• Der Kugelbehälter stammt von der Dortmunder Firma Klönne und hat einen Durchmesser von 9,20 Meter. Das Erdgeschoss ist als Quadermauerwerk angelegt, wobei der siebengeschossige Turmschaft mit Ziegelmauerwerk, Gesimse und kleinen Fenstern ausgestattet wurde.