Duisburg. Zum Jahrestag der Loveparade-Katastrophe kamen in Duisburg die schmerzlichen Erinnerungen hoch. Immer weniger bei der „Nacht der 1000 Lichter“.

Bei der schrecklichen Loveparade-Katastrophe verloren am 24. Juli 2010 in Duisburg 21 Menschen ihr Leben, mehr als 500 Besucher wurden zum Teil schwer verletzt, viele in dem engen Tunnel der Karl-Lehr-Straße traumatisiert. Die schmerzliche Erinnerung an den schwarzen Tag in der Stadthistorie und das Gedenken der Opfer nimmt auch an diesem Wochenende einen besonderen Platz ein.

Ein Meer von roten und weißen Kerzen taucht den damaligen Unglücksort, die Rampe im Tunnel, am Samstagabend in ein fast zauberhaftes Licht. Doch dieser Abend hat einen traurigen Hintergrund. Mit der vom Verein „Bürger für Bürger“ organisierten „Nacht der 1000 Lichter“ begann das Gedenken an die Katastrophe.

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Es ist keine Veranstaltung im engeren Sinne mit Reden oder Programm. Im Mittelpunkt steht das meist stumme Erinnern von Opfern oder Angehörigen. „Für mich ist das nicht der Moment des Trauerns. Der kommt erst morgen bei der Gedenkveranstaltung“, sagt Dirk Schales. Er hat noch nie dieses Treffen am Vorabend des Gedenkens ausgelassen. „An dem Abend vor der Loveparade ging es uns allen noch gut. Es war der Abend der Vorfreude auf die Veranstaltung. Daran möchte ich mich erinnern.“

Gedenken in Duisburg: Loveparade-Besucher schildert die Spätfolgen

Es selbst stand eingezwängt in der Menge, dort wo 21 Menschen starben. „Aber wir haben überlebt“, sagt er mit einem schmerzhaften Lächeln, dem sofort die Tränen folgen. Er war damals äußerlich unverletzt der Katastrophe entkommen. Dennoch sitzt er heute im Rollstuhl. Herzinfarkte und Schlaganfälle in den letzten Jahren zwangen ihn dazu. Die Ursache liegt für ihn eindeutig in den schockierenden Erlebnissen der Loveparade. Es seien posttraumatische Belastungsstörungen, die sich zum Teil erst Monate später offenbaren, die bei ihm und anderen zu physischen und psychischen Stress geführt hätten.

Menschen in Gesprächen an der Gedenkstelle an der Rampe.
Menschen in Gesprächen an der Gedenkstelle an der Rampe. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

In der ersten Zeit konnte jede Polizei- und Krankenwagensirene Erinnerungen, Angst oder Panik auslösen. Oder er beschreibt eine Szene Jahre später am Rande eines Straßenfestes. Er sieht einen Rettungswagen mit Blaulicht und Sanitätern, die sich um einen Menschen kümmern. „Ich war sofort wieder hier im Tunnel“, erzählt er und man ahnt, welche Gefühle und welchen Stress solche Momente auslösen können.

Auch Musik – irgendwo im Radio oder auf der Straße aufgeschnappt – kann zu solchen Emotionen führen, besonders wenn es sich um die Eurythmics handelt. „Das war meine Lieblingsband. Ein Stück von ihnen lief auf dem Veranstaltungsgelände, während wir hier eingekeilt waren.“

Immer weniger Menschen kommen zum Jahrestag der Katastrophe

Es sind keine großen Menschenmengen, die am Samstag zwischen 18 und 22 Uhr an den Ort der Katastrophe kommen. Selbst gegen Ende sind es vielleicht nur ein paar Dutzend. Von Jahr zu Jahr werden es weniger.

Manche bleiben ein paar Stunden, reden mit anderen Betroffenen. Andere bleiben schweigend einige Minuten stehen, schauen auf die Fotos der Opfer und entzünden eine Kerze. Ein Paar steht stumm und eng umschlungen da. Man hört Gesprächsfetzen, ein Mann erzählt vom Weg der Loveparade, den er noch einmal abgegangen sei, ein anderer berichtet von Freunden, die bis zu dieser Rampe gekommen waren und die versucht haben, sich gegenseitig zu schützen.

Blumen, Botschaften und Kerzen an der Gedenkstelle.
Blumen, Botschaften und Kerzen an der Gedenkstelle. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Langsam senkt sich die Dunkelheit über den Ort und die Kerzen scheinen heller zu strahlen. Das Erinnern, so ahnt man, darf nicht aufhören, auch wenn die Zahl der Besucherinnen und Besucher sinkt.

>>Gedenkfeier, Gottesdienst und Glockenschläge

  • Eine öffentliche Gedenkfeier an der Gedenkstätte im Tunnel am Sonntag um 16.45 Uhr war eine weitere wichtige Veranstaltung zum Jahrestag. Sie wurde organisiert von der Stiftung „Duisburg 24.07.2010“. Jürgen Thiesbonenkamp, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung sagte dabei: „Jeder Gedenktag ist ein Brückenpfeiler. Er trägt unsere Erinnerung. Auf dieser Brücke sind wir mit unseren Gefühlen seither nicht allein.“
  • Als Erinnerung an die Opfer und Verletzten erklangen am Sonntag ab 16.45 Uhr 22 Glockenschläge.