Duisburg. Viele Projekte des Masterplans Wirtschaft für Duisburg sind umgesetzt. Warum Wirtschaftsvertreter einen neuen Masterplanprozess anstoßen wollen.
Die Zeichen in der Wirtschaft stehen nach Monaten der coronabedingten Einschränkungen auf Erholung. Einer jüngsten Umfrage der Niederrheinischen IHK auch unter Duisburger Unternehmen zufolge blicken immerhin 36 Prozent der Firmen positiv nach vorn und damit mehr, als sich Sorgen machen (27 Prozent). Diese Aufbruch-Stimmung will auch der Verein „Wirtschaft für Duisburg“ nutzen und schlägt eine Fortschreibung des Masterplans Wirtschaft vor. Fünf Jahre ist es bald her, dass er unterzeichnet wurde, die Arbeit an ihm begann schon 2015. Als „Mitmachplan, der nicht in der Schublade verschwinden wird“, wurde das 100-Seiten starke Werk von Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer des hiesigen Unternehmerverbandes, damals bezeichnet.
60 Projekte sollten zeitnah umgesetzt werden – „und viele sind es auch beziehungsweise auf den Weg gebracht worden“, sagt Alexander Kranki, Vorstandssprecher von Wirtschaft für Duisburg. Die Stadt hat einen Wirtschaftsdezernenten, eine Imagekampagne, die Wirtschaftsförderung ist neu aufgestellt und die Digitalisierung schreitet voran – nur wenige Beispiele, die aus dem Masterplan hervorgegangen sind. „Seit damals ist aber viel passiert, Duisburg hat sich weiterentwickelt – aus unserer Sicht ist es nun an der Zeit, nachzusteuern. Wir sind nicht fertig, das werden wir nie sein. Es muss weitergehen“, erklärt Kranki den Vorstoß des Vereins, alle Beteiligte wie die IHK, die Verwaltung und Wirtschaftsförderung zur Weiterentwicklung des Masterplans an einen Tisch zu holen.
Nicht alle Firmen sind von Corona gleich betroffen
Gerade jetzt. „Corona hat auch wirtschaftlich viel durcheinandergewirbelt – mit den Folgen müssen viele Firmen noch lange umgehen. Natürlich auch in Duisburg und in der Region“, sagt Christian Kleff, Geschäftsführer von „Wirtschaft für Duisburg“. Nicht alle Betriebe sind gleich betroffen. „Es gibt aber auch nicht die eine Wirtschaft. Man muss unterscheiden. In der Gastronomie, Veranstaltungsbranche und im Messebau hat Corona die Unternehmer von den Füßen geholt, viele wissen nicht, ob sie sich fangen“, sagt Alexander Kranki, der selbst als Inhaber des Digitalunternehmens Krankikom Kurzarbeit anmelden musste, weil der Online-Ticketverkauf in den Lockdowns für Kinos nicht lief, einer seiner Hauptkundengruppen.
Es gibt aber auch Wirtschaftsfelder, die von der Pandemie nicht direkt betroffen waren, wie die Bauwirtschaft und der Lebensmittelhandel. Bereiche, die nun in Teilen aber mit gestörten Lieferketten zu kämpfen haben. „Viele Firmen bekommen kaum Vormaterialen, für die sie dann auch noch Mondpreise bezahlen müssen. Logistikkosten sind explodiert“, so Kranki. In der Folge klagen auch Handwerker. Ein anderes Beispiel seien papierverarbeitende Betriebe: Die Nachfrage nach Verpackungsmaterial ist enorm gestiegen, weil immer mehr Menschen online bestellen. Aber Recyclepapier ist derzeit knapp. So knapp, dass an manchen Tagen die Produktion komplett eingestellt werden muss. Gleiches in der Kunststoff- und der Autoindustrie. „Wirtschaft ist eben sehr arbeitsteilig geworden“, sagt Kranki.
In einer solchen Situation ist auch die Vereinsarbeit nicht einfach. 60 Mitglieder zählt „Wirtschaft für Duisburg“ mittlerweile. In den vergangenen Monaten lief vieles digital. „Aber das ersetzt nicht den persönlichen Austausch“, sagt Christian Kleff. Viele Unternehmen mussten auch erst einmal schauen, wie sie durch die Krise kommen. Dennoch will der Verein, der unter dem Dach des Unternehmerverbands agiert, jetzt schnell wieder durchstarten. Ende August soll – wenn es die Corona-Lage zulässt – der Unternehmertag wieder in Präsenz stattfinden. Und auch mit den Duisburger Bundestagskandidaten will man ins Gespräch kommen. Drei Termine sind im September geplant. „Wir haben ja gute Chancen, dass Duisburg diesmal mit mindestens vier Bundestagsabgeordneten in Berlin vertreten sein können“, sagt Kleff. Wünschenswert wäre es aus Sicht der Wirtschaft, dass man abseits von parteipolitischen Zwängen als Duisburger Gruppe an einem Strang zieht.
Themen gebe es genug, die auf bundespolitischer Ebene geklärt werden müssen. Dazu zählen etwa ein Altschuldenschnitt und „eine Gemeindefinanzierung auf einer Basis, mit der alle leben können“, so Kranki. Auch Genehmigungsprozesse müssten verschlankt werden, auf allen Ebenen: „Wenn die Windenergie vorangetrieben werden soll, dann darf es nicht zehn Jahre dauern, bis ein Windrad steht“, überspitzt Kranki. Gleiches gelte für die kommunale Ebene: „Als Unternehmen muss man selbst schnell agieren und schnelle Entscheidungen treffen können“, erklärt Christian Kleff. Vor allem auch mittelständische Firmen und kleine Betriebe brauchen klare und schnelle Zu- oder auch Absagen für Vorhaben. „Da hakt es gerade an der einen oder anderen Stelle. Die Leuchtturmprojekte sind für Duisburg elementar, aber darüber darf man nicht das Große und Ganze aus dem Blick verlieren“, so Kleff.
Alexander Kranki: „Corona war ein Lehrstück, wie man ein Land nicht verwalten sollte“
Für die Vereinslenker ein Grund mehr, in einen neuen, agilen Masterplanprozess einzusteigen, der in kurzer Frist auf zentrale Ziele fokussiert. „Corona war ein Lehrstück, wie man ein Land nicht verwalten sollte“, sagt Vorstand und Unternehmer Kranki. „Das können wir in Duisburg besser.“ Die Verwaltung habe eine „vernünftige Linie“ verfolgt, „mit der Beauftragung der Feuerwehr für die Organisation von Tests und Impfungen ist ihr ein Geniestreich gelungen. Die haben einen richtig guten Job gemacht.“ Diese Tatkraft sollte sich Duisburg „auch in anderen Bereichen, etwa der Digitalisierung oder dem Breitbandausbau zu eigen machen.“ Gemeinsam als Team aus Wirtschaft und Verwaltung könne man zukünftig viel bewegen. „Dafür wollen wir weiter ein Bewusstsein dafür schaffen, wie die jeweils andere Seite tickt“, so Christian Kleff. Dieses gegenseitige Verständnis sei die Voraussetzung für Erfolg.
In der Vergangenheit hat das noch nicht immer funktioniert. So hat sich die Idee von Vereinsmitgliedern, eine Investoren-App, die Wirtschaftsstandort-Duisburg-Interessenten durch die Verwaltung navigiert, erst einmal totgelaufen. Aber auch das gehöre zum Austausch dazu. Es sei gut gewesen, „dass wir mit dem Masterplan losgelegt haben. Das hat Vertrauen geschaffen. Aber er darf nicht statisch sein. Wir brauchen eine agile und pragmatische Herangehensweise: Manches lässt sich dann so doch nicht umsetzen, anderes will man vielleicht nicht mehr, oder die Erfordernisse haben sich geändert“, begründet Alexander Kranki den Wunsch, den Masterplan regelmäßig „vielleicht alle zwei Jahre“ abzugleichen.
Mehr Finanzspielraum für die Image-Kampagne
Auf jeden Fall weiter vorangetrieben werden müsse die Image-Kampagne. Der Aufschlag von „Duisburg ist echt…“ sei gelungen, brauche aber mehr personelle und finanzielle Power. „Die Neuaufstellung der Wirtschaftsförderung könnte eine Blaupause für Duisburg Kontor sein, die das Stadtmarketing verantworten“, sagt Kranki. Das, was in der Stadt passiere, habe allemal die Chance, den Blick von außen auf Duisburg nachhaltig zu ändern.