Duisburg-Neudorf. Vor 40 Jahren eröffnete in Neudorf ein „Dritte-Welt-Laden“. Heute heißt er nur noch Weltladen – verändert hat sich aber mehr als nur der Name.

Gern erinnert sich Andrea Nadolny an die Anfänge des Weltladens. Mit Elisabeth Schumann leitet sie das Geschäft – bei Kaffee und knusprigen Zitronenherzen aus dem eigenen Sortiment erzählen die Frauen Geschichten aus 40 Jahren fairem Handel in Duisburg-Neudorf.

Nadolny kam 1981 als junge Pfarrfrau mit einem Willkommensblümchen in den frisch gegründeten Dritte-Welt-Laden, einige Häuser weit weg vom jetzigen Standort an der Koloniestraße. Und sie wurde vom Fleck weg in die Mitarbeit gezogen. „Die Bewegung war in der Folge des Boykottes von Früchten aus dem damaligen Apartheidsstaat Südafrika entstanden, als wir hier in Europa verstanden, dass unser Konsumverhalten etwas bewegen kann. Der Laden wurde aus der evangelischen Frauenarbeit heraus gegründet und getragen“, erzählt sie.

Weltladen in Neudorf ist ein basisdemokratisch geführter Verein

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„Dritte Welt“ verschwand als Begriff. Irgendwann sei allen bewusst geworden, „dass die Menschheit schon mit der einen Welt auskommen muss“. Zum Glück verschwand auch die Ölheizung, die man immer zwei Stunden vor Geschäftsöffnung anfeuern musste, damit die Kundschaft auf Betriebstemperatur einkaufen konnte.

Der bis heute basisdemokratisch geführte Laden ist ein unabhängiger Verein, in dem alle Arbeit vom Einkauf bis zur Buchhaltung ehrenamtlich geleistet wird. Das Geschäft ist täglich geöffnet und erwirtschaftet genug, um die Fortbildungen der Mitarbeitenden zu bezahlen.

Mit den Jahren hat sich das Konzept der Weltläden gewandelt. War in den Anfangsjahren eher daran gedacht, mit den Überschüssen aus dem Handel Hilfsprojekte in den Partnerländern zu unterstützen, so ist inzwischen die Professionalisierung wichtiger geworden. „Wir wollen den Umsatz weiter steigern, um den Produzenten der Waren ein unabhängiges Auskommen zu sichern“, sagt Elisabeth Schumann, die vor 15 Jahren zum Team stieß. Mehr Partnerschaft, weniger kolonial geprägtes Denken sei die Entwicklungsrichtung.

Fehlkäufe passieren dem Weltladen-Team nur selten

Das Team des Weltladens gibt beim Verkauf viel Wissen über fairen Handel weiter.
Das Team des Weltladens gibt beim Verkauf viel Wissen über fairen Handel weiter. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Niemand kauft heute noch aus Mitleid“, sind sich die zwei ausgebildeten Fach-und Führungskräfte im fairen Handel einig. Ihre Kunden sind kritischer geworden und stellen viele Fragen zu den Produkten. Das Sortiment ist groß, seit einigen Jahren gibt es auch Kleidung zu kaufen. Unmöglich, über alle Produkte alles zu wissen.

Aber im 25-köpfigen Team hat jedes Mitglied ein Spezialgebiet, in dem es sich besonders fit gemacht hat. Nadolny ist Einkäuferin für Kunstgewerbe und erzählt schmunzelnd von der wunderbaren Abendtasche mit den Perlmutt-Pailletten. Die war ihr beim Einkauf ins Auge gefallen, aber leider lag sie dann vier Jahre im Regal. Solche Fehlkäufe passieren selten und bleiben gerade deshalb im Gedächtnis. „Wir müssen kaufmännisch denken,“ sagen die beiden, „und das geht nun mal nicht ohne ein kalkuliertes Risiko ab und zu.“

Nach wie vor wird beim Verkauf viel Wissen über den fairen Handel weitergegeben, aber inzwischen ganz ohne den erhobenen Zeigefinger, der in den Anfangsjahren einfach zum guten Ton gehörte. Der Neudorfer Standort hat sich sehr bewährt.

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Nach Corona-Delle soll hauptberufliche Kraft eingestellt werden

Es gibt viel Stammkundschaft im Umfeld, was besonders deutlich wurde, als der Weltladen in der Corona-Zeit einen Lieferdienst anbot. Aber es gibt eben auch Laufkundschaft, die sich nach einem überstandenen Zahnarztbesuch ein buntes Schmuckstück gönnt, oder mal eben von der Bankfiliale aus rüberkommt und ins breite Angebot guckt.

Eigentlich wollte Andrea Nadolny zum Jubiläum aufhören, aber sie will auch gerne noch weitermachen, bis man im Laden den Umsatz nach der kleinen Corona-Delle soweit gesteigert hat, dass eine hauptamtliche Kraft eingestellt werden kann. „Eine zweite wie mich, die vierzig Jahre lang ehrenamtlich den Einkauf macht, wird es nämlich nicht geben“, sagt sie ganz realistisch.