Duisburg. Die Duisburg-Premiere der Oper „Der Kaiser von Atlantis“ war gefährdet. Warum Opernfreunde das selten gespielte Werk nicht verpassen sollten.
Die Oper „Der Kaiser von Atlantis“ von Viktor Ullmann ist in doppelter Hinsicht ein historisches Dokument. Zum einen ist sie die einzige Oper, die in einem deutschen Konzentrationslager entstand. Zum anderen zeigt die Inszenierung von Ilaria Lanzino, unter welchen Bedingungen Theater in Corona-Zeiten gemacht wird. Fast wäre die Übernahme-Premiere am Donnerstag im Duisburger Theater ausgefallen.
Viktor Ullmann und sein Librettist Peter Kein, die beide in Auschwitz ermordet wurden, schufen mit ihrer Oper, die 1943/44 im KZ Theresienstadt entstand, ein Stück, das sich gegen die Vernichtungsmaschinerie des „Dritten Reichs“ wendet, durch den Ukraine-Krieg aber neue Aktualität erhält.
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Als Kaiser Overall einen neuen Krieg beginnt, verweigert ihm der Tod seine Dienste, niemand kann mehr sterben. Es kommt zu einer Revolte gegen den Kaiser, und der Tod beginnt seine Arbeit erst wieder, nachdem der Kaiser sich bereit erklärt, abzutreten und als erster zu sterben.
Leichtfüßige Musik zu einem düsteren Thema
Die Musik, die Ullmann zu dieser allegorischen Geschichte geschrieben hat, ist überraschend leichtfüßig und lehnt sich oft an den Songstil Kurt Weills an. Die Gesangsnummern sind melodiös, und weil die Duisburger Philharmoniker nur in Kammerbesetzung im Graben sitzen, versteht man auch problemlos den Text. Dirigent Christoph Stöcker sorgt für einen leichten und beschwingten Klang, lässt das instrumentale Zwischenspiel aber stimmungsvoll aufblühen.
Die kleine Orchesterbesetzung, die dennoch den großen Duisburger Theatersaal mühelos ausfüllt, die Tatsache, dass nur sieben Solisten auf der Bühne stehen, sowie die Spieldauer von knapp 70 Minuten waren entscheidende Faktoren, dieses Werk im September 2020 auf den Spielplan zu setzen; es kam zuerst in Düsseldorf auf die Bühne.
Damals waren auch große Abstände zwischen den Sängern verpflichtend, so dass es zu keiner direkten körperlichen Interaktion kommt. Trotzdem gelingt es Regisseurin Ilaria Lanzino, zwischen den Sänger eine große Spannung aufzubauen. Dabei ist das Spiel auf der Vorbühne eher realistisch, im hinteren Bereich der Bühne eher stilisiert.
Das Bühnenbild von Emine Güler fasziniert
Bühnenbildnerin Emine Güler wurde von den Abstandsregeln zu einem faszinierenden Bühnenbild inspiriert. Die Hauptfiguren befinden sich auf schwarzen Podesten und sind dabei von einem Raum aus weißen Schnüren umgeben. Diese erscheinen wie Käfige, stellen aber gleichzeitig Verbindungslinien zwischen den Figuren dar.
Die Sängerdarsteller fühlen sich gekonnt in Ullmanns Tonsprache ein: Emmet O´Hanlon singt den Kaiser mit stattlichem und warmen Bariton. Darstellerisch ist er vor allem mit der Imitation der berühmtesten Hitler-Posen beschäftigt. Den Lautsprecher des Kaisers singt Thorsten Grümbel mit sonorem Bass, während Luke Stroker als Tod seinen tiefen Tönen eine weiche Färbung gibt. Anke Krabbe und Sergej Khomov zeigen als Soldat und Mädchen, die sich im Krieg ineinander verlieben, schöne lyrische Qualitäten.
Zwei Solisten retten die Aufführung
Obwohl gleich zwei Solisten in dieser selten gespielten Oper erkrankt sind, konnte die Rheinoper die Premiere retten. Rosarió Chavez vom Pfalztheater Kaiserslautern gefällt als Trommler mit wohlklingenden Mezzo. Martin Koch, der seine Karriere im Opernstudio der Rheinoper begann und jetzt in Köln engagiert ist, singt mit nasalem Spieltenor einem quirligen Harlekin.
Beim Schlussapplaus gibt es viel Beifall für alle Künstler. Weil „Der Kaiser von Atlantis“ eine selten gespielte Oper ist, die eine klare politische Aussage mit einer überraschend unterhaltsamen Musik verbindet, sollten die Duisburger Opernfreunde diese Produktion nicht verpassen.
>>> JUNGE REGISSEURIN IST SEHR GEFRAGT
- Weitere Termine: 21. Mai, 19.30 Uhr, 29. Mai, 15 Uhr, 4. und 11. Juni jeweils um 19.30 Uhr. Karten gibt es an der Theaterkasse am Opernplatz, 0203 283 62 100, oder unter www.operamrhein.de.
- Ilaria Lanzino ist zurzeit eine sehr gefragte Regisseurin: Erst am letzten Wochenende hatte ihr Inszenierung von Donizettis „Der Liebestrank“ in Nürnberg Premiere.
- Ende Mai ist ihre Produktion von Stanislaw Moniuszkos „Das Gespensterschloss“, die an der Oper Posen entstand, bei den Wiesbadener Maifestspielen zu sehen.
- In der nächsten Spielzeit inszeniert sie „La Liberazione“ von Francesca Caccini am Theater an der Wien und „Talestri – Königin der Amazonen“ der sächsischen Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis in Nürnberg.