Duisburg. In der Wanheimer Kirche St. Suitbert fand am Sonntag der letzte Gottesdienst statt. Viele Gemeindemitglieder kamen zum Abschied.

Die Glocken von St. Suitbert klangen irgendwie trotzig, so als wollten sie nicht wahrhaben, dass sie die Wanheimer Katholiken am Sonntagnachmittag zum letzten Mal zur Heiligen Messe riefen. Im Rahmen des Pfarreientwicklungsprozesses (PEP) des Bistums Essen gehört die katholische Kirche an der Molbergstraße zu den Kirchen, von der man sich bis spätestens 2025 trennen wollte.

Nun ging alles schneller als ursprünglich vorgesehen. Demnächst übernimmt die rumänisch-orthodoxe Gemeinde „Hl. Nikolaus und Hll. Epictet und Astion“ die Kirche, die somit als Gotteshaus erhalten bleibt, aber den Wanheimer Katholiken nicht mehr zur Verfügung stehen wird.

Pfarrer und Stadtdechant Roland Winkelmann leitete den letzten Gottesdienst in der Wanheimer Kirche St. Suitbert.
Pfarrer und Stadtdechant Roland Winkelmann leitete den letzten Gottesdienst in der Wanheimer Kirche St. Suitbert. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Am Sonntag fand der Abschiedsgottesdienst statt, bei dem viele Gemeindemitglieder die Gelegenheit nutzten, ein letztes Mal ihre Kirche zu besuchen. Da verwunderte es nicht, dass St. Suitbert so gut besucht war, wie es sonst nur an Weihnachten. Als Pfarrer Robert Winkelmann, der den letzten Gottesdienst leitete, mit den Messdienern der Pfarrgemeinde St. Judas Thaddäus feierlich Einzug hielt, war die hell und modern wirkende Kirche bis auf den letzten Platz besetzt.

Nicht nur die Gemeindemitglieder waren zur letzten Messe erschienen, auch Vertreter der Wanheimer Bürgerschaft, der evangelischen Kirchengemeinde und Pfarrer Nicolae Abuziloaie von der bisher in Neudorf ansässigen rumänisch-orthodoxen Gemeinde waren vor Ort, als Michael Klucken vom Ortsausschuss St. Suitbert zu Beginn Rückblick auf viele Jahrzehnte lebendigen Gemeindelebens hielt. Er richtete bei aller Wehmut aber auch den Blick nach vorn. „Es geht weiter...anders“, lautet das Motto, nachdem die Verantwortlichen des Ortsausschusses bereits zu handeln begannen, als die erste Trauer über den Verlust ihrer Kirche verflogen war.

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So voll wie sonst nur an Weihnachten: Viele Gläubige waren zum Abschiedsgottesdienst nach Wanheim gekommen.
So voll wie sonst nur an Weihnachten: Viele Gläubige waren zum Abschiedsgottesdienst nach Wanheim gekommen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Als neues Gemeindezentrum dient das Pfarrheim, das nun als vom Förderverein getragenes „Suitbertushaus“ neues Zentrum für das Gemeindeleben werden wird. Schon jetzt beherbergt das Gebäude die Caritas, ist Heimat der KFD (Katholische Frauengemeinschaft) und der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB). Zudem bieten Gemeinschaftsräume Platz für Veranstaltungen verschiedenster Art. Jetzt wurde noch ein kleiner Andachtsraum eingerichtet, in dem demnächst einmal wöchentlich Wort-Gottes-Feiern abgehalten werden.

Winkelmann: „Kirchenschließungen sind rational zu verstehen“

Pfarrer Winkelmann zeigte Verständnis für die Gläubigen, die die schwierigen Umbrüche mitzutragen haben, die nun auch in Wanheim zu bewältigen sind: „Veränderung ist am Anfang schwer.“ Er gab auch Einblick in sein Gefühlsleben, das er so beschrieb: „Als ich vor 30 Jahren zum Priester geweiht wurde, habe ich nicht gedacht, dass ich heute Kirchen und Pfarrheime zuzumachen habe.“

Den aktuellen Prozess in der Katholischen Kirche beschrieb er so: „Rational ist zu verstehen, das Kirchen geschlossen werden müssen. Es gibt einen starken Rückgang an Gläubigen, einen großen Mangel an Hauptamtlichen und es fehlt durch die Gesamtentwicklung an Geld.“ Er zeigte aber auch großes Verständnis für die emotionale Sicht der Dinge: „Viele haben ihre persönliche Lebensgeschichte mit dem Leben in der Gemeinde verknüpft. Das fällt dann alles schon sehr schwer.“ Umso mehr freute sich der Geistliche, „dass die Wanheimer die Situation angenommen haben, sich der Realität stellen um gemeinsam die Zukunft zu gestalten“.

St. Joseph wird abgerissen- So war der letzte GottesdienstNach der Messe gab es viele nachdenkliche Gesichter, aber gleichzeitig auch viel Beifall für den sehr stimmungsvoll gestalteten letzten Gottesdienst. Der wurde musikalisch vom Kirchenchor Judas-Thaddäus begleitet. Chorleiter Ulrich van Ooy beeindruckte dabei auch als Solist, genauso wie Johannes Penkalla mit seinen Trompeten-Soli.

Nach dem Abschiedsgottesdienst wurde der neue Andachtsraum gesegnet

Marlene Neumann (86) ist Ur-Wanheimerin, sie wurde in St. Suitbert getauft, hat in der Kirche geheiratet, genauso wie ihr Sohn. Sie hatte den Abschiedsgottesdienst mit Wehmut verfolgt: „Das tut mir alles so leid. Mit der Kirche sind so viele Erinnerungen verbunden. Ich habe mich immer am Gemeindeleben aktiv beteiligt, bin in der KFD und der KAB und unterstütze den Förderverein.“ Sie bekannte, mit der Entscheidung der Kirche ihren Frieden gemacht zu haben: „Ich kann damit leben, unser Gemeindezentrum bleibt ja erhalten. Und wenn mir danach ist, besuche ich die Messen in der Huckinger Kirche.“

Eingebunden in den Abschied von St. Suitbert waren auch die Kids der Katholischen Kindergärten im Duisburger Süden. Sie hatten im Vorfeld viele Steine bunt bemalt, die den Gläubigen symbolisch den Weg von der Kirche zum „Suitbertushaus“ vorgaben, das von nun an neuer Mittelpunkt des Gemeindelebens ist. Den „steinigen Weg“ schlug zum Abschluss der Messe auch Pfarrer Winkelmann ein, der dort den neuen Andachtsraum feierlich segnete.

>>RÜCKBLICK

1914 wurde die neue Wanheimer Kirche eingeweiht. Grund war der enorme Zuwachs an Katholiken durch den Zuzug von Arbeiterfamilien zu Beginn der Industrialisierung. Am 12. Juni 1943 schlugen Brandbomben in die Kirche ein, bis 1945 kam es zu weiteren Zerstörungen. 1947 erhielt die Kirche ein neues Dach, 1949 war die Kirche komplett wieder hergestellt.

1961-1962: Umfangreicher Umbau der Kirche. Nach Fertigstellung des Kirchturms erhielt der Turm vier Glocken, die 1964 geweiht wurden.

2006: St. Suitbert ist keine eigenständige Gemeinde mehr und wird Filialkirche von St. Peter und Paul (Huckingen). Am 21.06.2014 wurde das 100-jährige Jubiläum von St. Suitbert gefeiert.