Duisburg. Der Prozess um Untreue im Duisburger Kita-Verein „Zaubersterne“ fördert immer mehr Ungereimtheiten zu Tage. Nicht alle betreffen die Angeklagten.

Seit Anfang Oktober stehen zwei ehemalige Mitarbeiter des Duisburger Kita-Träger-Vereins „Zaubersterne“ vor dem Amtsgericht am König-Heinrich-Platz. Die Anklage wirft dem 76-jährigen ehemaligen Buchhalter des Vereins Untreue in 203 Fällen, seiner 41 Jahre alten Tochter Beihilfe in 46 Fällen vor. Doch je länger die Beweisaufnahme läuft, desto mehr verstärkt sich der Verdacht, dass nicht nur die Angeklagten die „Zaubersterne“ und den Kranz von Firmen, der rund um die Kitas gegründet wurde, als eine Art Selbstbedienungsladen missbraucht haben könnten.

Im Zusammenhang mit ungerechtfertigten Zahlungen und fehlenden Belegen war offenbar zunächst die 41-Jährige in Verdacht geraten. Eine Buchhalterin prüfte auf Geheiß der Vereinsgründerin und Schwester der Frau den gesamten Zahlungsverkehr seit 2010. Dabei stieß sie auf eine Fülle von Kontobewegungen, bei denen fraglich blieb, wofür das Geld eigentlich ausgegeben worden war und was bestimmte Rechnungen wohl mit dem Betrieb von Kindertagesstätten zu tun haben könnten.

Prozess um „Zaubersterne“ in Duisburg: Möbel für private Wohnung und ein Pferdeanhänger

Dabei betrafen offenbar längst nicht alle Ungereimtheiten die teilgeständigen Angeklagten, denen eine Veruntreuung von rund 376.000 Euro vorgeworfen wird. So soll für den Ex-Mann der Vereinsgründerin, die lange Zeit den Ton im gesamten Klein-Konzern angegeben haben soll, eine komplette Wohnungseinrichtung vom Verein bezahlt worden sein.

Die Kosten für den Unterhalt eines oder mehrerer Pferde wurden scheinbar auf mehrere Firmen, zu denen unter anderem Dienstleister für Reinigung und Catering der Kitas, eine Fortbildungseinrichtung, eine Privat-Schule und anderes gehörte, verteilt. Nachfragen der Verteidigung machten deutlich, dass die Anwälte sich nicht sicher sind, ob es dabei wirklich nur um ein Therapie-Pferd ging, für das beispielsweise ein Transportanhänger angeschafft wurde.

Großzügiger Umgang mit Übungsleiter-Pauschalen

Sehr großzügig soll in der siebten Etage eines Bürogebäudes, in dem die Spitzen aller Firmen und des Vereins (inzwischen gGmbH) saßen – nach Aussage einer Zeugin sollen einige nur als Briefkästen vertreten gewesen sein – auch mit Übungsleiter-Pauschalen umgegangen worden sein. Offenbar hatten etliche Mitglieder der verwandtschaftlich verbandelten Führungsriege jährlich mehr als 2000 Euro erhalten. Und auch Lebenspartner, Kinder und Angeheiratete sollen Gelder erhalten haben. Wofür und aufgrund welcher Qualifikation ist der Verteidigung völlig schleierhaft: „Leider findet sich unter den Beweismitteln kein einziger Stundenzettel“, bedauerte ein Anwalt.

Eine ehemalige Mitarbeiterin des Firmengeflechts und alte Freundin der Vereinsgründerin, räumte ein, dass sie selbst, ihre Mutter und ihr Ehemann Übungsleiterpauschalen von 2200 beziehungsweise 2400 Euro erhalten hätten. Letzterer „weil er mich in meiner Tätigkeit unterstützte“. Bis 12. November sind noch zwei weitere Sitzungstage geplant.

>>Verfahren begann im Mai 2020

  • Das Verfahren vor dem Amtsgericht läuft bereits seit Mai 2020. Es musste zunächst vertagt werden, weil zunächst noch die Vollständigen Finanzunterlagen des Vereins ausgewertet werden mussten.
  • Bis Mitte November sind noch weitere Sitzungstermine vorgesehen. Dann soll ein Urteil fallen.