Duisburg. Klassen sind gesperrt, ein Flur droht einzustürzen, selbst die Ersatz-Container bergen Gefahren. Eine Förderschule in Duisburg schlägt Alarm.
Mit einer Spanplatte ist der Pausengang abgesperrt, weil er einsturzgefährdet ist. Die Räume der Ganztagsbetreuung sind unbenutzbar, weil es hineingeregnet hat: Die Möbel sind mit Plastikfolie überzogen, auf dem Boden liegen Handtücher in den Pfützen.
Auch die Ersatz-Container sind vom Unglück verfolgt: Einer hatte zwei Tage lang Stromausfall, in einem wird gegen eine Ameisenplage gekämpft. Und dann war da noch die Heizung, die drohte, von der Decke herunterzukrachen, was die Lehrer rechtzeitig merkten und dann auch diesen Blech-Klassenraum sperrten.
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All das hat sich in den vergangenen Monaten in der Alfred-Adler-Schule in Duisburg-Walsum ereignet. Und ihr Schulleiter Torsten Marienfeld sagt: „Manchmal fühle ich mich wie ein Gebäudemanager.“
Alfred-Adler-Schule: Stinkende Klos und Improvisation in Containern
Zwei Grundschul-Klassen mussten in der vergangenen Woche zuhause bleiben, die eine Klasse hatte eine nasse Decke, die andere hätte nur durch einen tropfenden Flur in die Klasse kommen können. Und das ging aus Sicherheitsgründen nicht. Für diese Woche wurde improvisiert: So machte unter anderem die Schulsozialarbeiterin, die in einem der vielen Container untergebracht ist, ihren Raum frei.
Für Fassungslosigkeit gepaart mit Erheiterung sorgt ein eigens eingerichteter Notfallweg, der wegen des gesperrten Pausengangs nötig war: Die Tür ist da, dahinter wartet ein Pfad aus Stolperfallen.
An der Decke des Atriums verlaufen große silberne Röhren, noch so ein Provisorium, das laut brummend seit vier Jahren dafür sorgt, dass die Scheiben nicht wie in einem Schwimmbad dauerbeschlagen. Auch die Toilettenanlagen sind in einem schlimmen Zustand, nicht nur olfaktorisch: Die Heizung verrostet, die Urinale sind mit bräunlichen Rostspuren „verziert“, die Fliesen dürften aus einem Baujahr Mitte der 60er Jahren stammen.
Räume fehlen – Lehrer fühlen sich ausgebremst
„Meine Jungs gehen da schon lange nicht mehr drauf“, sagt Christine Wermter. Ihre Söhne Xanyo (13) und Emilio (15) würden sich regelrecht ekeln. Um die Hände zu waschen, würden sie ihre Trinkflaschen nutzen, denn die Container haben keine Waschbecken. „Ich habe immer Sorge um meine Kinder und frage mich, wann der nächste Anruf kommt, weil wieder irgendwas kaputt ist.“ Die Klassenräume der beiden im ehemaligen Hauptschul-Gebäude sind schon seit neun Monaten gesperrt, weil es zu oft reingeregnet hatte und dann der Schimmel blühte.
Auf die Lehrer lässt die Mutter nichts kommen, „die geben ihr Bestes, meine Kinder fühlen sich wohl und haben hier große Fortschritte gemacht“. Konrektorin Leonie Kornik berichtet, dass sich das Kollegium – so jung und engagiert es auch sei – ausgebremst fühle. Vor allem für die Differenzierungsarbeit fehle es an Räumen.
Für die Kinder ist eine intensivpädagogische Förderung wichtig
Die 26 Kinder, die normalerweise im Ganztag betreut werden, müssen weiter warten, bis auf ein paar wenige, für die es eine Notbetreuung gibt. Bitter findet das Marienfeld, „denn sie brauchen es am dringendsten“. Es handele sich um sogenannte §15-Kinder, also jene, die als schwerstbehindert gelten und eine intensivpädagogische Förderung benötigen.
Wegen der Dringlichkeit bot das IMD spontan Ersatz an: Zwei Container an der Gneisenaustraße in Neudorf, 18 Kilometer entfernt. Die hat die Adler-Schule dankend abgelehnt, „diese besondere Schülerschaft kann man nicht quer durch die Stadt fahren lassen“.
Baumaßnahmen für 2,175 Millionen Euro geplant
Auf Anfrage bestätigt die Stadt Duisburg, dass es am Flachdach bei starkem Regen zu Undichtigkeiten komme. Die notwendigen Dachsanierungen mit geplanten Kosten von 880.000 Euro an einem der Gebäude und 1.295.000 Euro an einem weiteren seien im Rahmen des Förderprogramms vom Bund „KIDU Schule“ bereits vom Immobilien-Management Duisburg (IMD) geplant. Da der Bau frühestens im nächsten Frühjahr beginne, werde eine Fachfirma provisorische Abdichtungen vornehmen. Konrektorin Leonie Kornik hört solche Versprechen nicht zum ersten Mal: „Die Sanierung sollte eigentlich im Frühjahr 2019 beginnen, seither wird geschoben, werden Löcher gestopft.“
Das passiert auch diesmal, wortwörtlich: Am Freitag zum Beispiel wurde die Dachentwässerung freigelegt und gereinigt, berichtet Stadtsprecher Falko Firlus. Seither könne das Regenwasser nun wieder schneller abfließen, Stauwasser werde verhindert und der Wassereintritt minimiert.
Ob ihre Söhne die Schule noch im frischen Glanz erleben werden, bezweifelt Christine Wermter: „Wenn es in dem Tempo weitergeht, sicher nicht.“ Abgesehen davon sind die Klos nicht mal Teil der Planung.
>>DAS IST DIE ALFRED-ADLER-SCHULE
Die Alfred-Adler-Schule gehört zu den zwölf Duisburger Förderschulen.
Hierher kommen Kinder mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, sie werden in der Primar- und der Sekundarstufe unterrichtet, nach Möglichkeit bis zum Hauptschulabschluss Klasse 9 oder 10.