Duisburg. In Duisburg sind 38 Prozent der praktizierenden Ärzte älter als 60 – mehr als im NRW-Durchschnitt. Nachfolger zu finden, wird immer schwieriger.

Die „kaltschnäuzige Haltung der Politik“ ist es, die den Ärztesprecher Eugen Breimann besonders ärgert. Es gebe keinen Respekt und keine Anerkennung für Ärzte, die oft weit über die Altersgrenze hinaus arbeiten, weil sie sich um ihre Patienten kümmern wollen. Alles werde dem „Diktat der Beitragsstabilität“ untergeordnet. „Noch vor zwölf Jahren gab es in Beeck und Bruckhausen 16 Hausärzte, jetzt sind es noch neun“, schildert Breimann die prekäre Lage. „Es ist schon Druck auf dem Kessel“, räumt Christopher Schneider, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, ein. Hausärzte werden immer älter, Mediziner-Nachwuchs zu bekommen immer schwieriger. 282 Hausärzte gibt es in Duisburg, mehr als ein Drittel (38,7 Prozent) sind älter als 60 Jahre. „Damit liegt Duisburg noch etwas höher als der Durchschnitt der Ärzte in den NRW-Städten. „Denn da sind die Ärzte im Schnitt 54 bis 55 Jahre alt.“

Es gibt keine Altersbeschränkung mehr

Auf die Frage nach dem Warum, gibt es nicht die eine Antwort. „Es sind so viele Facetten, die da zusammenkommen“, weiß Schneider. Die Problematik gibt es nicht erst seit ein paar Jahren. Vor längerer Zeit wurden noch Gerichtsprozesse geführt, weil Ärzte länger als bis zur verordneten Altersgrenze arbeiten wollten. Und nicht durften.

Schneider: „Das ist richtig. Früher mussten die Ärzte ihre kassenärztliche Zulassung zurückgeben, wenn sie das 65ste Lebensjahr erreicht hatten. Den Paragraphen hat man dann komplett gestrichen, weil man die Notwendigkeit gesehen hat, dass es von Vorteil ist, wenn Mediziner länger arbeiten.“ Heute dürfen sie bis 70, 80 Jahre oder länger arbeiten. Es gibt keine Beschränkung mehr. Es zeige sich aber, dass die meisten so um die 65 Jahre herum ans Aufhören denken. „Aber einige machen auch weiter, weil sie ihre Patienten betreuen wollen“, erklärt der Pressesprecher.

Trend geht zu Gemeinschaftspraxen

Die Vorstellungen der Ärzte, wenn sie sich zur Ruhe setzen wollen, gehen offenbar weit auseinander. Die einen, so die kassenärztliche Vereinigung, machen einen radikalen Schnitt und hören auf. Andere lassen es langsam ausklingen, wieder andere holen sich junge Ärzte in die Praxis, um einen gleitenden Übergang zu gewährleisten. Das hänge immer vom Individualfall ab. Hinzu komme, dass sich viele Medizinstudenten schon früh überlegten, in welche Richtung es denn später gehen soll. „Denn auch der Allgemeinmediziner, besser bekannt als Hausarzt, hat ja längst eine Facharztausbildung. So wie der Kinderarzt, der Orthopäde oder der Radiologe. Da gibt es viele Möglichkeiten, die die Ärzte ergreifen können.“

Mit vielen Strategien geht die kassenärztliche Vereinigung gegen die Problematik an. „Es gibt die Landarztförderung, die seit Jahren versucht, eine Niederlassung auf dem Land für junge Ärzte attraktiv zu machen“, berichtet Schneider. Aber junge Ärzte suchten sich mittlerweile ganz genau aus, wo sie eine Praxis übernehmen oder aufmachen wollten.

Ältere Praxen sind nicht attraktiv genug

Viele wollen keine Einzelkämpfer mehr sein, um Familie und Beruf besser verbinden zu können. Sie wollen zusammen mit anderen Medizinern eine Gemeinschaftspraxis eröffnen. Wenig attraktiv sind – nach der Erfahrung der KV – die Praxen, die lange Zeit nicht modernisiert wurden. Die sind nicht gerade ein Anreiz für junge Ärzte, den Praxisbetrieb zu übernehmen.

Weitere Gründe zählt der Pressesprecher der KV auf. Für Schüler, die ein gutes Abitur gemacht haben, sind auch andere Berufe attraktiv. Ganz oben auf der Wunschliste stehen Medienberufe, Jura oder Betriebswirtschaft. „Auch da kann man ja wirklich auskömmliches Geld verdienen.“ Als weiteren wichtigen Punkt nennt Schneider die unterschiedlichen attraktiven Möglichkeiten, die für junge Mediziner bestehen. Da gibt es nicht nur den Hausarzt in der Praxis, der immer parat stehen muss, für alles verantwortlich ist und oft alle Aufgaben alleine stemmen muss.

„Es locken eben auch andere Jobs, wenn man ein Medizinstudium abgeschlossen hat. Zum Beispiel Tätigkeiten im Krankenhaus, in der Pharmaindustrie oder in der Forschung im Universitätsbereich.“ Viele sehen sich auch ganz genau an, in welcher Stadt sie sich niederlassen und auch in welchem Stadtteil. „Denn so eine Entscheidung ist ja immer richtungsweisend für die nächsten 20 bis dreißig Jahre“, betont Christopher Schneider. Es sei zwar immer noch so, dass es auch in Duisburg eine stabile, ambulante und gute Versorgung gebe. „Aber leicht ist es eben nicht, Nachwuchs für die Praxen zu bekommen.“