Duisburg/Düsseldorf. Sarah Philipp (SPD) bestätigt, dass ihr Instagram-Profil für den Versuch genutzt wurde, die Tochter von Ex-Ministerin Heinen-Esser auszuspähen.
Die Mallorca-Affäre um die zurückgetretene Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) hat ein weiteres Kapitel bekommen – eines mit Duisburger Beteiligung: Ein Mitarbeiter der Landtagsabgeordneten Sarah Philipp (SPD) wollte den Instagram-Account der 16-jährigen Tochter Heinen-Essers ausspähen und Fotos der umstrittenen Geburtstagsparty auf den Balearen suchen. Sarah Philipp, parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion, bestätigt entsprechende Recherchen des Kölner Stadt-Anzeigers. Die 38-Jährige, die bei der Landtagswahl zum dritten Mal im Wahlkreis Duisburg I kandidiert, hatte nach eigenen Angaben keine Kenntnis von dem Vorgang und entschuldigte sich bei Heinen-Esser und ihrer Tochter. Die Duisburger CDU ist „entsetzt über die perfide Methode der SPD“ und fordert weitere Aufklärung von Sarah Philipp.
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Wie ein Screenshot belegt, der dem Kölner Stadt-Anzeiger vorliegt, hatte der studentische Mitarbeiter am Nachmittag des 6. April zunächst vom Instagram-Account Sarah Philipps aus eine Kontaktanfrage an die Tochter der Umweltministerin gestellt, drei Minuten später auch von seinem eigenen Account. Denn der Instagram-Kanal der 16-Jährigen ist nur für bestätigte Kontakte einsehbar. Sarah Philipp bestätigte auch einen direkten Zusammenhang der Aktion mit der „Mallorca-Affäre“.
Mallorca-Affäre: Duisburgerin Sarah Philipp (SPD) gerät ins Visier der CDU
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Demnach habe es am Mittwoch, 6. April, im Landtag erste Gerüchte „über eine vermeintliche Geburtstagsfeier von Frau Heinen-Esser und anderen Regierungsmitgliedern“ gegeben. Aus „Neugierde“ habe der Mitarbeiter die Kontaktanfragen an die Jugendliche gestellt, so Philipp. Die 16-Jährige war ebenfalls auf Mallorca – das hatte Heinen-Esser zuvor schon öffentlich gesagt. Philipps Mitarbeiter wollte offenbar nach Fotos der Geburtstagsfeier suchen.
Sarah Philipp über Mitarbeiter: „Verhalten inakzeptabel“
Philipp erfuhr nach eigenen Angaben erst am Donnerstag durch eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeigers“ von dem Vorgang. Sie habe ihrem Mitarbeiter „deutlich gemacht, dass sein Verhalten inakzeptabel ist“. Der Mitarbeiter sei sich seines Fehlers bewusst und bedauere ihn. Im Netzwerk Twitter reagierte Philipp am Donnerstagabend: „Ich bedaure den Vorgang sehr und halte das Verhalten nicht für akzeptabel. Das habe ich Frau Heinen Esser auch so mitgeteilt und dafür bei ihr um Entschuldigung gebeten.“
Wenige Stunden nach dem Ausspähungsversuch hatte Ursula Heinen-Esser die Geburtstagsparty für ihren Mann selbst bestätigt: Auch Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU), Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) und die damalige Staatssekretärin Serap Güler (CDU) seien dabei gewesen. Am Tag darauf, am 7. April, trat Heinen-Esser als Ministerin zurück.
SPD-Chef Kutschaty berichtet „arbeitsrechtliche Konsequenzen“
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Der CDU-Abgeordnete Matthias Kerkhoff sagte gegenüber dem Stadt-Anzeiger: „Das Ausspähen von Kindern ist inakzeptabel und eine absolute Grenzüberschreitung. Familien müssen auch in Wahlkampfzeiten streng tabu in der politischen Auseinandersetzung sein.“ SPD-Chef Thomas Kutschaty müsse „unverzüglich“ zu den Methoden seiner Partei Stellung beziehen.
Der nordrhein-westfälische Partei- und Fraktionschef äußerte sich am Freitag zur Ausspähattacke. Den Versuch des Philipp-Mitarbeiters nannte der Spitzenkandidat „dumm und unsensibel“. Deshalb habe es „bereits arbeitsrechtliche Konsequenzen gegeben“, sagte Kutschaty dem „Westfalen-Blatt“.
Heinen-Esser bricht am Freitag im Untersuchungsausschuss in Tränen aus
Ex-Ministerin Heinen-Esser selbst ist am Freitag bei ihrer erneuten Vernehmung im Untersuchungsausschuss des Landtages zur Flutkatastrophe 2021 in Tränen ausgebrochen. Die Anfragen an ihre Tochter seien für sie „ein Schritt zu viel gewesen“. Es sei „eine Grenze überschritten worden“, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
Dass plötzlich die SPD-Landtagskandidatin im Wahlkreis Duisburg I im Fokus steht, rief am Freitag auch den CDU-Kreisverband ihrer direkten Gegenkandidatin Petra Vogt auf den Plan, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion.
CDU Duisburg: Mitarbeiter soll Philipps Erklärung schriftlich bestätigen
„Es ist empörend, wie Frau Philipp und die SPD auf der einen Seite die moralische Keule schwingen und wegen Verfehlungen Rücktritte fordern, und auf der anderen Seite selbst zu mehr als unlauteren Methoden greifen, um diese Personen zu beschädigen“, kritisierte der Duisburger CDU-Vorsitzende Thomas Mahlberg. „Hier wurde offenbar bewusst der Versuch unternommen, das minderjährige Kind der CDU-Politikerin zu instrumentalisieren, um diese auszuspionieren.“
Mahlberg betont, diese Grenzüberschreitung dürfe „nicht einfach vom Tisch gewischt werden, nur weil Frau Philipp von all dem angeblich nichts gewusst haben will“ und „als Hauptverantwortlichen einen Mitarbeiter ihres Abgeordnetenbüros ausgemacht hat, für den sie sich stellvertretend entschuldigte.“ Die CDU Duisburg unterstütze die Initiative des CDU-Fraktionsvorsitzenden Bodo Löttgen im Landtag zur weiteren Aufklärung.
Die erste von sechs CDU-Forderungen: „Der betreffende Mitarbeiter muss dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss schriftlich bestätigen, dass er selbst den Ausforschungsversuch gegenüber der minderjährigen Tochter von Frau Heinen-Esser unternommen hat und nicht seine Vorgesetzte Sarah Philipp.“
Zweitens solle Philipp durch Fachleute „die digitalen Spuren sichern lassen und bei der Firma Instagram einen Nachweis anfordern, von welchem Gerät aus (IP-Adresse, MAC-Adresse, Gerätenummer) zu dem betreffenden Zeitpunkt der Instagram-Account von Frau Philipp bedient wurde“, fordert die wahlkämpfende und durch die Mallorca-Affäre ungleich härter getroffene CDU. Philipp solle darüber hinaus den Landtagspräsidenten bitten zu prüfen, ob der Zugriff zum fraglichen Zeitpunkt von einem dienstlichen Computer aus erfolgte. „Falls ja: Welcher Computer? Wer hatte Zugriff darauf? Befand sich Frau Philipp zu diesem Zeitpunkt im Landtag?“
Duisburgs CDU-Chef Thomas Mahlberg findet: „Erst wenn diese Punkte umgesetzt und glaubhaft beantwortet sind“, könnten „folgerichtige Konsequenzen“ für die NRW-SPD, Philipp und Kutschaty abgeleitet werden.
So antwortet Sarah Philipp auf die CDU-Vorwürfe
Sarah Philipp beantwortete Fragen unserer Redaktion zu den Zugriffsrechten ihres Mitarbeiters auf ihren Instagram-Account am Freitag zwar nicht. Die „haltlosen und tendenziösen Unterstellungen der CDU“ aber weise sie „entschieden zurück“. Von „Ausspähen“ könne „in keiner Weise die Rede sein. Mein Mitarbeiter hat von sich aus über sein privates Mobiltelefon auch mit meinem persönlichen Account eine Kontaktanfrage an die Tochter von Frau Heinen-Esser gestellt. Das war unsensibel und falsch. Es hat auch bereits arbeitsrechtliche Konsequenzen gegeben.“ Welche genau, erklärte sie nicht.
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Sie habe ihr Bedauern „bereits gestern“, am Donnerstag, „unverzüglich erklärt, nachdem ich mit dem Sachverhalt erstmals konfrontiert wurde“. Ihren Fraktionschef Kutschaty habe sie „direkt gestern über den Vorfall in Kenntnis gesetzt, der das Verhalten ebenfalls missbilligt.“
An die Adresse der politischen Konkurrenz schickt Philipp Vorwürfe zurück: „Es wäre gut, wenn die Landesregierung und Ministerpräsident Wüst sich ähnlich konsequent in der Frage verhalten würden, seit wann genau die Staatskanzlei und auch Herr Wüst von der Geburtsfeier seiner Kabinettskollegen auf Mallorca erfahren haben.“ Auf den Fragekatalog der SPD „gibt es nach wie vor keine klaren Antworten. Stattdessen haben sowohl die Landesregierung als auch die CDU dringende Fragen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses immer wieder über mehrere Wochen unbeantwortet gelassen oder gar die Unwahrheit behauptet.“ (mit dpa)