Duisburg-Ruhrort. Der Skulpturen-Brunnen Männeken Pis des renommierten Künstlers August Kraus ist zurück. Dabei wollte Ruhrort den Pinkelknaben einst nicht haben.

Zwei Kräne hat es im März gebraucht, um die massive Brunnenschale aus Sandstein für das Ruhrorter Männeken Pis auf den neuen Standort an der Haniel-Firmenzentrale zu heben. Ein größerer Einzelkran wäre eventuell zu viel für die Statik gewesen; der Brunnen steht neben der Glasbrücke auf dem Dach der Tiefgarage und wiegt immerhin knapp vier Tonnen. Dabei ist der pinkelnde Bronzeknabe mit seinen etwa 30 Kilogramm noch gar nicht mitgerechnet.

Der liegt gemütlich im Kofferraum des Firmenwagens von Wirtz-Sondermann und lässt sich von Daniel Behrendt, einem Mitarbeiter des Steinbildhauerbetriebs, zu seinem neuen Einsatzort kutschieren. Dort erwarten ihn schon die Installateure. Andreas Neisius von einer ortsansässigen Firma hält per Funkgerät Kontakt in die Tiefgarage. In der Garage sind der Tank und die Rohre des halbgeschlossenen Systems untergebracht, die den kleinen Buben im kurzen Hemd künftig zum Wasserlassen bringen werden.

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Zwar steht die Brunnenschale schon voller Wasser, aber das ist dem Regenwetter geschuldet; der Knabe, den der Bildhauer August Kraus 1908 seiner Heimatstadt Ruhrort vermachen wollte, kann noch nichts dafür. Kraus’ großzügige Gabe wurde damals aus Gründen der Sittlichkeit abgelehnt. „Vermutlich hat das irgend so ein vertrockneter Schreibtischhengst im Alleingang entschieden“, glaubt Ex-Bürgermeister Benno Lensdorf, „die Ruhrorter selber hätten sich bestimmt nichts Böses dabei gedacht, die sind ja von je her praktisch veranlagt und bodenständig unterwegs.“

Lange Zeit war die Figur Männeken Pis nicht öffentlich zu sehen. Vorher stand der Brunnen eher ungeachtet auf dem Sonnenwall in Duisburg-Stadtmitte.
Lange Zeit war die Figur Männeken Pis nicht öffentlich zu sehen. Vorher stand der Brunnen eher ungeachtet auf dem Sonnenwall in Duisburg-Stadtmitte. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Nun wird Kraus’ Wunsch nach 113 Jahren doch noch wahr. Der Knabe, den Kraus nach dem Vorbild seines eigenen Sohnes gestaltete, wird von Daniel Behrendt vorsichtig auf den Sockel gehoben und nach hinten gekippt. Der verborgene Schlauch wird angeschlossen. Die Figur wird ausgerichtet und mit langen Bolzen und Zweikomponentenkleber am Sockel befestigt. „Lass laufen“, funkt Neisius zur Wasserquelle. „Ok“, gibt der Kollege ein Stockwerk tiefer am Stecker der Anlage zurück. Dann strullt der Kleine ins passend gelb gestrichene Becken und schaut sich selber mit gesenktem Kopf ganz versunken dabei zu.

Das natürlich gestaltete, schlanke Kind hat wenig Ähnlichkeit mit dem barocken Männeken Pis, das als provozierend grinsender Pinkel-Putto in Brüssel sein Wasser abschlägt. Die Handwerker erinnern sich noch gut, wie die Brunnenschale am letzten Standort des Brunnens auf dem Sonnenwall in der Innenstadt voll mit Kippen, Scherben und Bananenschalen lag. Nun ist die Schale aufwendig restauriert und der empfindliche Sandstein gegen eindringende Feuchtigkeit versiegelt worden. Künftig sind die Kameras der Haniel-Firmenzentrale Tag und Nacht auf das Kind gerichtet und passen auf, dass es ungestört sein kleines Geschäft verrichten kann.

>> UMZUG VON MÄNNEKEN PIS: ERSTE GESPRÄCHE 2016

  • Benno Lensdorf hat im Jahr 2016 die ersten Gespräche mit Haniel-Direktorin Jutta Stolle und der Stadt Duisburg über einen Umzug des Brunnens geführt.
  • In den vergangenen fünf Jahren ist ihm der Knabe richtig ans Herz gewachsen: „Man muss an den Themen nur dranbleiben, dann schafft man das auch,“ plädiert er zufrieden für den langen Atem beim Gang durch die Instanzen.
  • Bis zur offiziellen Eröffnung – oder darf man hier gar vom feierlichen Anpinkeln sprechen – wird dem Knaben das Wasser abgestellt und die Figur mit einer Filzdecke verhüllt.