Duisburg. Erster Kuss und dritte Zähne: Wie das zusammenpasst, haben Sigi Domke und Zeichner Michael Hüter den Duisburgern bei der Literatour verraten.
Sigi Domke und Zeichner Michael Hüter machten beim Ruhrgebietsfestival „Literatour 100“ Station auf dem Neumarkt in Duisburg-Ruhrort. Dort verrieten sie dem Publikum in Wort und Bild manch’ erstaunliche Weisheit. Etwa wie der erste Kuss und die Dritten Zähne zusammenpassen.
„Die Zwei sind ein eingespieltes Team“, stellte Moderator und Autor Ralf Koss, vielen Fans besser als Kees Jaratz vom MSV-Blog bekannt, das Duo Domke und Hüter vor. Die beiden traten unter rauschenden Platanen am Neumarkt auf. Die Zuhörer saßen in Kleingruppen drumherum.
Mit „Wie sieht denn die Omma aus“ begann eine lange Freundschaft
„Uns hat der Ruhrgebietsverlag Henselowsky Boschmann zusammengebracht“, erzählt Sigi Domke. Werner Boschmann, der es sich auch im Publikum bequem gemacht hat, schlug damals Michael Hüter für die Illustration von „Wie sieht denn die Omma aus – Märchen und andere Klassiker nacherzählt fürs Ruhrgebiet“ vor. Das Projekt machte allen Spaß und das Duo Domke/Hüter beschloss, einfach so weiter zu machen.
Auch die Ruhrorter kriegen ein paar Märchen serviert. Aber zuvor gibt es Gebrauchslyrik für den Alltag. „Der Herrgott wollte dich zahnlos sehen, jetzt kannst du ihm ne Nase drehen“, heißt es da über das erste Mal mit dritten Zähnen. Hüters Stift flitzt über Papier. Am Ende des Abends wird sich eine Dame aus dem Publikum über eine Zeichnung freuen, auf der zwei ältere Liebende den Kuss mit pandemischem Sicherheitsabstand praktizieren. Gebisse raus und tüchtig aneinander klappern!
Wie Sigi Domke in der Ausnüchterungszelle landete
Hüter zeichnet im Akkord und nach der Lesung kann jeder im Publikum eine Zeichnung für den privaten Gebrauch haben. Den Rest nimmt Kreativquartier-Motor Heiner Heseding für den Projektladen in Empfang.
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Domke wartet unterdessen mit verblüffenden Weisheiten auf. Ein paar Beispiele: Positives Denken verändert beispielsweise die missliebige, weiße Farbe der eigenen Nasenhaare kein bisschen. Und ihm fehlt auch gänzlich das Gottvertrauen, das die Protagonistin des Sterntaler Märchens, nennen wir sie Elfriede, bei ihrem karitativen Striptease so überreichlich besitzt. Als sie das letzte Hemd verschenkt hatte, da regnete es bekanntlich blankes Gold vom Himmel. Als Domke sich einst splitterfasernackt in Essen im schönen Schellenberger Wald präsentierte, da hagelte es Beschwerden und er landete in der Ausnüchterungszelle.
Die Ruhrorter unterhalten sich bestens bei der Literatour
Wer die Zeichnung zu dieser Geschichte abbekommen hat, ist leider unbekannt geblieben, vielleicht erzielt sie bald im Netz Schwarzmarktpreise. Oder hängt gerahmt über irgendeinem Kamin.
Die Ruhrorter unterhalten sich bestens, obwohl der Abend langsam kühler wird. Der Ruhrgebietsregisseur Adolf Winkelmann, der auch im Publikum sitzt, packt seine fröstelnde Gefährtin fürsorglich in seine Jacke. Domke heizt mit Sprüchen ein. Schärfegrad fünf beim Inder, das wird vom Körper direkt durchgewunken, hat er festgestellt und rockt beim Abgang wirklich jede Rosette.
Das Publikum applaudiert sich warm, Domke und Hüter schreiben und karikieren noch ein bisschen was persönliches in die Einkäufe ihrer Zuhörer am Büchertisch.
Innenansichten eines Fußball-Profis
Ralf Koss freut sich für Ruhrort, wo an einem Tag gleich zwei Lesungen der Literatour zu hören waren.
Nachmittags gab zuvor die Innenansichten eines Fußball-Profis, in dem Erstlingsroman von Tonio Schachinger „Nicht wie ihr“. „Hat mich schon beeindruckt, was der da in seinem Romandebüt hingekriegt hat,“ lobt Ralf Koss den jungen Schriftsteller-Kollegen. Schachinger hat es mit seinem Werk bis auf die Shortlist des deutschen Buchpreises geschafft.