Duisburg.. Mit der Fertigstellung des Autobahnkreuzes Duisburg-Süd kann man nun seit einigen Wochen über die Autobahn 59 sogar fast bis in die Düsseldorfer Altstadt in einem Rutsch fahren. Eine kleine Reise über die Nord-Süd-Achse von Overbruch im Norden bis Rahm im Süden.
Bewusst habe ich das noch nie gemacht. Über die A 59 Duisburg von Nord nach Süd zu durchqueren. Und seit einigen Wochen kann man sogar fast bis in die Düsseldorfer Altstadt in einem Rutsch fahren. Nehmen Sie also Platz in unserem „Papyrusmobil“ und schnallen Sie sich an. Wir starten an der Stadtgrenze Duisburgs in Overbruch, wo die A 59 in die B 8 mündet und die Ausfahrt schon Dinslaken-West statt Duisburger Nordkap heißt.
Es ist sieben Minuten vor zwei, als die Ampel auf Grün springt und unser Papyrusmobil – ich hätte virtuelles Fahrzeug schreiben können, aber da bin ich konservativ – legt die ersten Meter Autobahn zurück.
Schöne und weniger schöne Graffiti
500 Meter weiter schon die nächste Ausfahrt „Dinslaken-Hiesfeld.“ Jetzt im Sommer ein schöner Blick auf die begrünte Halde, die von einer geschätzt 20 Meter hohen Stützmauer davon abgehalten wird, auf die Autobahn zu rutschen.
Kaum liegt die Ausfahrt Hiesfeld hinter uns, kommt die nächste Ausfahrt: Walsum, hier geht es auch nach Oberhausen-Holten. Hinweisschilder weisen auf die Umweltzone außerhalb der Autobahn hin. Schneller als die erlaubten 80 Stundenkilometer möchte man hier gar nicht fahren, weil Fahrbahnschäden die Stoooooßdääääämpfer testen. Wenn der Bereich mal sechsspurig ausgebaut wird, dürfte es hier nicht viel Probleme geben, ein breiter Standstreifen begleitet uns.
Wir haben keine drei Minuten gebraucht, um die Ausfahrt Fahrn zu erreichen, die viele Jahre den Endpunkt der A 59 bildete. Von dort quälte sich früher der Verkehr zur B 8 nach Aldenrade. Die A 59 bleibt bis Marxloh in Hochlage. Man sieht die Spitzen der Kirchtürme von St. Peter und der Kreuzeskirche. Hohe Schallschutzwände, mit schönen und weniger schönen Graffiti besprüht, engen den Blick ein.
1800 Meter Berliner Brücke
Berliner Brücke in Duisburg
Der alte Förderturm Thyssen 1/6 auf der linken Seite kommt ins Blickfeld. Er steht schon in Hamborn, während rechts neben mir die Grillo-Werke vorbeirauschen. Links sieht man jetzt das Dach der Rhein-Ruhr-Halle, Michael Jackson und Tommy Gottschalk lassen – noch – grüßen. Viel Grün in Hamborn am Rand der Autobahn.
Wieder 80 statt 100 fahren. Das Kreuz Duisburg-Nord ist schnell erreicht. Der Emscher-Schnellweg war hier mal das teuerste Stück vor dem Rheinüberschlag, die Baukosten von hier bis Beeckerwerth waren immens.
Nach Dortmund oder Venlo
Kurz vor der Ausfahrt Meiderich: Hier will Ostermann ein neues Möbelhaus bauen und nicht nur Ikea Konkurrenz machen. Und hier steht auch mal gerne die Polizei und macht Radarkontrollen. Die Strecke ist leicht abschüssig, Fuß vom Gas. Schon sind wir in Meiderich, erst Untermeiderich, dann Meiderich Ruhrort und der Hinweis aufs Herzzentrum.
Noch 1800 Meter bis zum Kreuz Duisburg. Es ist genau 14 Uhr. Hier beginnt die Berliner Brücke, ab und zu ein Blick auf den Hafen, doch besser auf die Fahrbahn. Der Blick nach links geht zum Kaiserberg. Es sieht fast so aus als würde der Mülheimer Funkturm oben drauf stehen. Perspektive ist alles. Schon sind wir am Ende der Berliner Brücke, einst geziert von den beiden Statuen „Begegnungen“, das Kreuz Duisburg ist erreicht. Hier geht’s wahlweise Richtung Dortmund oder Venlo. Erinnerungen an die B 60 werden wach.
Die Bahnhofsplatte
Vorbei an der Küppersmühle, leider sind die Schallschutzwände durchsichtig und geben den Blick auf den rostenden Schuhkarton frei, der mal aufs Dach kommen sollte.
Wir müssen abbremsen, runter auf 60. Die Skyline der Duisburger City mit Targo-Bank und unserem Medienhaus verschwindet so schnell, wie sie in den Blick kam.
Die Bahnhofsplatte ist derzeit von unten schöner als von oben, auch noch beleuchtet und gefühlt zehnspurig. Schnell ist man unter den Behelfsbrücken Koloniestraße, die Widerlager der neuen Brücke sind schon in Beton gegossen.
Zugstrecke nach Düsseldorf
Es ist 14.04 Uhr, wir geben wieder etwas Gas, sind in Höhe des Güterbahnhofs. An der Ausfahrt Grunewald und Hochfeld geht’s vorbei, wir dürfen mit 100 km/h auf die Grunewald-Brücke fahren. Weiter geht es vorbei am Waldfriedhof in Wanheimerort. Bis zur Ausfahrt Buchholz ist die Bahn dreispurig.
Es ist 14.06, als wir die Ausfahrt passieren.
Neben uns die Zugstrecke nach Düsseldorf. Einige Schallschutzwände sind begrünt, zwischen den Leitplanken sprießt das Unkraut. Rechts kommt das Gewerbegebiet Keniastraße, eines der ersten Highlights des Strukturwandels.
Vor 100 Jahren eine Weltreise
Die Ausfahrt Großenbaum liegt hinter uns. Ein Audi-Fahrer hat es sehr eilig und rauscht an uns vorbei. Noch 1500 Meter bis B 288. Die Fahrspuren trennen sich rechts nach Krefeld, geradeaus nach Essen und Düsseldorf. Gleich geht's über die neue Brücke, die wir ..... jetzt passieren. Noch ein Provisorium. Die nächste Ausfahrt Wittlaer kommt so schnell, dass ein leichter Druck aufs Gaspedal zu reichen scheint.
Keine zwanzig Minuten auf einer Strecke, über die vor 100 Jahren erstmals nachgedacht wurde. Jetzt Realität und schon wieder zu klein. 24 Kilometer lang (geschätzt, leider zu spät auf den Tacho geguckt). Vor 100 Jahren eine Weltreise.
Die Geschichte der Stadtautobahn - Erste Gedanken gab es schon 1909
Die A 59 durch Duisburg war der Traum der Verkehrsplaner und der Alptraum derjenigen, die ihren Weiterbau in der Vergangenheit bekämpft haben. Seit einigen Wochen kann man nun von der Stadtgrenze Duisburgs im Norden die längste Theke der Welt in der Düsseldorfer Altstadt in Rekordzeit erreichen, viel wichtiger noch: den Flughafen.
Oberhausen war näher
Die „Nord-Süd-Straße“ hat nach den Unterlagen des Duisburger Stadtarchivs ihren Ursprung in ersten Ideen vor hundert Jahren: Damals ging es darum, die noch selbstständige Stadt Hamborn verkehrlich besser anzubinden. Allerdings dachte man damals an eine Zugstrecke. Denn für Wirtschaft und Bürger war Oberhausen aus den nördlich der Ruhr liegenden Orten Hamborn und Meiderich viel schneller und einfacher zu erreichen. An der Idee, eine Nord-Südverbindung zu schaffen, wurde aber seit dieser Zeit festgehalten. Während der Nazi-Diktatur fasste der Duisburger Rat am 20. Oktober 1939 den entsprechenden Beschluss, an dem auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs festgehalten wurde: Das Bauverbot auf der angedachten Trassenführung blieb bestehen.
Das Wasserwerk Aakerfähre
1952 wurde der Beschluss zum Bau der Nord-Süd-Verbindung gefasst, aber nicht mehr als Zugverbindung, sondern als Straße. 23 Duisburger Baufirmen wurden schließlich mit dem Bau beauftragt, darunter Hitzbleck und Züblin. 1954 war Baubeginn. Das erste A 59-Teilstücks war keinen Kilometer lang, kostete 6,8 Millionen Mark und verband die Landfermannstraße mit der Koloniestraße unterhalb des Hauptbahnhofs, 1957 fuhren die ersten Autos. 1959 begannen die Planungen für den Weiterbau Richtung Norden, gleichzeitig wurde der zweite Bauabschnitt der „Achse“, wie sie später von vielen genannt wurde, bis zum Grunewald fertiggestellt.
Um den Weiterbau Richtung Norden voranzutreiben, musste zunächst das Wasserwerk Aakerfähre stillgelegt werden. 1962 folgte der Anschluss an die damalige B 60 (heute: A 40, Autobahnkreuz Duisburg). Gleichzeitig begannen die Bauarbeiten in Teilen Hamborns. Ein Jahr später wurde die Berliner Brücke zwischen B 60 und Meiderich eröffnet, der Kraftfahrzeugverkehr auf der Achse stieg sprunghaft an.
Weiterbau verzögerte sich
In Hamborn geriet der Weiterbau ins Stocken, weil sich die parallelen Planungen für den Bau des Emscher-Schnellwegs (A 42) verzögerten. Doch 1969 war es dann endlich zu soweit: Die Nord-Süd-Verbindung bis zur damaligen Stadtgrenze zu Walsum wurde fertiggestellt. Baukosten für die 10,7 Kilometer lange Strecke vom Grunewald (Düsseldorfer Straße) bis zur Warbruckstraße im Norden: 178 Millionen Mark, 110 Mio davon zahlten Bund und Land.
Der Ausbau der Stadtautobahn Richtung Süden wurde zunächst als zweitrangig betrachtet. Bis 1976 sollten allerdings weitere 3,5 Kilometer bis zur Sittardsberger Allee fertig sein. Dazu gehörte der Bau der rund 1000 Meter langen Grunewald-Brücke, die bereits sechsspurig plus Standspur geplant wurde. Der Ausbau über die Sittardsberger Allee hinaus war Sache des Bundes. Für den Bau zwischen Grunewald und Buchholz samt Brücke wurden bereits 170 Mio Euro fällig.
Weiterbau bis zur Stadtgrenze
Im Norden verzögerten Klagen den Weiterbau der A 59 Richtung Dinslaken, obwohl in den Schlagzeilen damals von der „möglichen Entlastung für die Bewohner Wehofens“ die Rede war, wenn der Weiterbau endlich Realität werden würde. Im Süden begann der Weiterbau 1985 zwischen Sittardsberger Allee und B 288. Im gleichen Jahr wurde im Norden der Abschnitt zwischen der Warbruck- und der Dr. Hans-Böckler-Straße freigegeben. Kosten: 58 Mio Euro für das 2,8 Kilometer lange Teilstück. Sechs Jahre später wurde eine Klage gegen den Weiterbau bis zur Stadtgrenze abgewiesen, im gleichen Jahr wurde das Teilstück im Süden bis zur B 288 freigegeben.
Neue Planungen für Ausbau
1994 war aus dem kühnen Plan aus dem Jahr 1909 Wirklichkeit geworden: Man konnte die Stadt von Nord bis Süd durchgehend über die Verkehrsachse durchqueren. Im Herbst sollen, wie bereits berichtet, nun die Planungen für den sechsspurigen Ausbau Richtung Norden beginnen. Größte Herausforderung: die Berliner Brücke zwischen Kreuz Duisburg und Anschlussstelle Meiderich. Sobald die Arbeiten an der A 40 in Essen abgeschlossen sind, sollen die Planungen beginnen.