Duisburg. Die Oper „Roméo et Juliette“ feierte Premiere in Duisburg. Regisseur Westerbarkei lässt Gounods Werk auf einem italienischen Volksfest spielen.

Für Nachwuchsregisseure gehört es zum guten Ton bekannte Opernstoffe so gegen den Strich zu bürsten, dass andere Intendanten auf sie aufmerksam werden und man von ihnen engagiert wird. So macht es auch Philipp Westerbarkei, der hier seit 2013 Regieassistent ist. Seine Inszenierung von Charles Gounods „Roméo et Juliette“ hatte in der letzten Spielzeit schon in Düsseldorf Premiere und wurde nun in das Duisburger Haus der Deutschen Oper am Rhein übernommen.

Der Jungregisseur zeigt sich als Könner in der Führung der Personen und erschafft zwischen den Solisten eine permanente Spannung. Die ist auch nötig, denn Tatajana Ivschina, die sich in vielen Kinderopern als fantasievolle Gestalterin gezeigt hat, liefert hier nur ein Einheits- und Sparbühnenbild ab: Viele Stühle auf einer leeren Bühne. Ein Felsen im Hintergrund steht den größten Teil der Aufführung nur herum und erweist sich dann in der Trauungsszene des Paares bei Bruder Laurent als schwierig zu bespielen.

Regie siedelt Liebesgeschichte auf einem italienischen Volksfest an


Ansonsten siedelt die Regie die Liebesgeschichte von Romeo und Julia auf einem italienischen Volksfest der Gegenwart an, wobei die verfeindeten Familien auch Mafiabanden sein könnten. Hier bedient die Regie die üblichen Italienklischees: Es wird viel getanzt, die Messer sitzen locker und Bruder Laurent futtert gerne Spaghetti. In der Führung des stimmkräftig auftrumpfenden Chores erweist sich Westerbarkei als einfallslos, denn gleich dreimal lässt er das Kollektiv die Choreografie des Partyklassikers „Macarena“ durchtanzen.

Auf dieser leeren Bühne und mit seinem handwerklichen Geschick, könnte Westerbarkei eine spannende Inszenierung präsentieren. Für einen Nachwuchsregisseur ist das aber zu wenig und so streut er immer wieder Einfälle ein, die originell sein sollen, aber letztlich nur verwirren. So gibt es ein junges Paar, das sich zwischen Akten mal neckt oder streitet. Wie unwichtig dieses Paar ist, zeigt sich nach der Pause, denn hier tritt es gar nicht mehr auf.

In der Finalszene betrauert Romeo Julias Kleid

Romeo, gesungen von Gustavo de Gennaro, in der Finalszene.
Romeo, gesungen von Gustavo de Gennaro, in der Finalszene. © Deutsche Oper am Rhein | Hans Jörg Michel


Eigentlich müssten Romeo und Julia ihre Liebe geheim halten, doch beim tödlichen Gefecht zwischen Mercutio und Tybalt, lässt die Regie Julia offen als neue Freundin Romeos auftreten. Das müsste die Capulets eigentlich mehr provozieren, als Mercutios Beleidigungen. Bei der Hochzeit mit Paris trinkt Julia nicht den Schlaftrunk, obwohl der Chor ihren Tod besingt. In der Finalszene betrauert Romeo Julias Kleid, während diese auf der Bühne steht und ihn beobachtet. Julia tötet sich auch nicht, sondern sinkt schließlich wieder ihrem Bräutigam Paris in die Arme. Das hätte sie auch alles ohne Romeos Tod haben können.

Am Pult der Duisburger Philharmoniker leitet Marie Jacquot eine packende Aufführung: Dramatisch, als würde gleich der „Fliegende Holländer“ vor Anker gehen, klingt die Eröffnungsszene. Chor und Solisten ist sie eine sorgfältige Begleiterin und die großen Liebesduette des Paares erklingen mit fiebrigem Feuer. Schwungvoll und süffig spielen die Philharmoniker die Fest- und Ballszenen.

Zuverlässige Gesangspartien und klangvolle Stimmen

Das Sängerensemble wird von Silvia Hamvasi als Julia angeführt. Sie spielt die Julia nicht als naives Mädchen, verfügt aber über einen jungendfrischen Sopran. Den Romeo singt Gasttenor Gustavo de Gennaro. Er singt die Partie zuverlässig und sicher, stimmliche Höhenflüge bietet er aber nicht.


Im großbesetzten Ensemble gibt es viele gelungene Kabinettstückchen: Bruno Balmelli stattet den Grafen Capulet mit balsamischen Wohlklang aus, Thorsten Grümbel gibt den Bruder Laurent mit sonor-warmem Bass. David Fischer punktet als Tybalt mit seinem quirlig-leichten Tenor und darf noch eine gelungene Zombiepantomime hinlegen.

Neu im Ensemble ist der Bariton Emmet O´Hannlon, der als Mercutio mit klangvoller Stimme aufhorchen lässt. Miriam Albano, die in der „Cenerentola“-Inszenierung der Rheinoper regelmäßig Koloraturfeuerwerke abbrennt, ist mit der Minirolle des Stephano schlichtweg unterfordert. Man darf gespannt sein, ob andere Intendanten an Philipp Westerbarkei interessiert sind. In Duisburg durfte er ja schon als Belohnung für „Roméo et Juliette“ Giacomo Puccinis „La Boheme“ in eine Psychiatrie verlegen.