Duisburg.

Über Jahre baute sich eine Welle des Drucks über Duisburg auf. Die Entscheider ignorierten alle Risiken angesichts des drohenden Imageschadens im Kulturhauptstadtjahr. Widerstände im Rathaus wurden niedergebügelt. Eine Chronik.

Vielleicht hätte hier alles enden können. Es war eine Krisensitzung am 18. Juni 2010 im Büro der Loveparade-Macher. Drei Männer diskutierten heftig mit Beamten der Stadt über das Sicherheitskonzept der Megafeier. Die Fluchtwege seien zu kurz, hieß es bei der Bauverwaltung, so könne keine Genehmigung erteilt werden. Die Partymacher hielten dagegen, es gehe nicht um rechtliche, sondern nur um praktische Probleme. Eine Lösung sollte, nein, müsse gefunden werden, forderte dann der Duisburger Beigeordnete für Recht und Sicherheit, Wolfgang Rabe. Die Veranstaltung habe stattzufinden. Schließlich habe der Oberbürgermeister dies so gewollt. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf.

Februar 2007

Zunächst fand die Loveparade jahrelang in Berlin statt, 2007 kam sie dann ins Ruhrgebiet.
Zunächst fand die Loveparade jahrelang in Berlin statt, 2007 kam sie dann ins Ruhrgebiet. © Peter Malzbender | Peter Malzbender

Begonnen hatte alles gut drei Jahre zuvor. In Berlin hat der Senat die Zustimmung zur Loveparade solange blockiert, bis die Macher am 21. Februar 2007 entnervt aufgeben. Die Techno-Raver würden zu viel Dreck machen und die Parks ruinieren, hieß es. Ein neuer Ort für das Monster-Event soll gefunden werden. Irgendwo, sagen die Verantwortlichen der Loveparade.

Im Ruhrgebiet wird der Ruf gehört. Hier setzt sich vor allem Hanns-Ludwig Brauser, damals Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr, für das Revier als Veranstaltungsort ein. Das Pro­­jekt entspricht in allen Dimensionen dem Anspruch der Gegend. Erst im April ein Jahr zuvor hatte das Ruhrgebiet den Zuschlag zur Kulturhauptstadt bekommen.

Brauser sucht nun nach Events, die sowohl der Größe als auch der Ausstrahlung nach zu einer Hauptstadt Eu­ropas passen. Die Oberbürgermeister von Essen, Dortmund und Duisburg können schnell überzeugt werden. Auf der In­ternationalen Tourismusmesse in der Hauptstadt Berlin werden erste Ge­spräche mit dem Loveparade-Chef Rainer Schaller geführt.

Am 21. Juni unterschreiben alle einen Rahmenvertrag. Der Reihe nach soll nun das Event durch die Ruhr-Gemeinden tingeln. Brauser jubiliert: „Die weltweit bekannte Loveparade ist ein unbezahlbarer Image-Gewinn für das Ruhrgebiet, den wir mit normaler Werbung nie hinbekommen würden.“

Eher im Hintergrund freut sich Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland. Der ehemalige Luftwaffensoldat kennt sich mit Strategie aus. Seine Stadt würde als vierte drankommen. Gerade im Jahr der Kulturhauptstadt, dann, wenn die ganze Welt auf das Revier schaut.

Sommer 2007

„Wir haben wegen der Strecke nach wie vor Bedenken”, sagt der Essener Polizeisprecher Uli Fassbender noch im Juni 2007. „Aber wir wissen, dass die Loveparade als Test für die Kulturhauptstadt 2010 politisch gewollt ist. Deshalb bereiten wir uns darauf vor, die Veranstaltung professionell abzuwickeln.”

Zwei Monate später feiern 1,2 Millionen Menschen dicht gedrängt, aber entspannt. Die Polizei spricht von der „friedlichsten Großveranstaltung, die wir je erlebt haben“. Eine Besucherin wird auf dem Heimweg niedergestochen. 90 Tonnen Müll werden in Karnap verheizt.

Sommer 2008

Auf dem Parkplatz der Westfalenhallen, auf den Straßen und Plätzen daneben und auf der gesperrten B1 genießen 1,6 Millionen Zuschauer die Liebesparade in Regen und Matsch. Einige der 36 Floats schaffen in vier Stunden keine halbe Runde. Fest steht, es waren noch nie so viele auf einem Rave in einer Stadt – und Rainer Schaller spricht vom „Wunder von Dortmund“. Auch, weil nichts passiert ist.

Januar 2009

Bochum sagt die Parade ab. Recht unvermittelt und plötzlich. „Mit mir hätte es diese Loveparade nicht gegeben”, sagt Wirtschaftsdezernent Paul Aschenbrenner. Er hat Sicherheitsbedenken. Das ist die klarste Aussage, die anderen Beteiligten winden sich. „Ich habe nicht im Alleingang entschieden”, wehrt sich Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz. „Ich habe mitentschieden. In einer Telefonkonferenz gemeinsam mit Herrn Brauser von der Wirtschaftsmetropole Ruhr und mit dem Veranstalter.“ Der Bochumer Bahnhof kann 16 000 Menschen pro Stunde befördern, weniger als halb so viele wie Dortmund oder Essen. Das ist seit Jahren bekannt. Die maßgebliche offizielle Begründung der Absage lautet darum: Gleisbauarbeiten der Bahn.

Das politische Ruhrgebiet steht am gleichen Tag Kopf: Kritisiert wird von allen Parteien und den Medien nicht die Absage als solche, sondern der späte Zeitpunkt, der keinen Plan B offenlässt. Der damalige Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU): „Eine Metropole muss so etwas leisten.“ Dieter Gorny, Chef der Kulturhauptstadt: „Ein herber Rückschlag für die Region.“

Februar 2009

Nach der Absage aus Bo­chum richten sich alle Blicke auf Duisburg. Wird es der alerte Oberbürgermeister Adolf Sauerland schaffen, der armen Stadt am Rhein die Blamage von Bochum zu ersparen? NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) macht Druck: „Oh Gott, oh Gott, das ist aber schade – und nicht gut für das Image des Ruhrgebiets. Ich hoffe nicht, dass nun auch noch die Loveparade 2010 ausfällt – zumindest die muss jetzt stattfinden.”

Duisburg scheint dem Druck gewachsen. Sauerland, Oberbürgermeister seit 2004, lässt keine Zweifel aufkommen: „Wir wollen die Loveparade und setzen alles daran, dass sie hierherkommt. Von uns wird das Fest nicht abgesagt.” Sein Vorkämpfer Uwe Gerste, Leiter der städtischen Marketinggesellschaft, schwärmt bereits: „Gerade im Kulturhauptstadtjahr könnte Duisburg im Fokus der Öffentlichkeit stehen.” Er träumt vom Dortmunder Erfolg.

Januar 2010

Ein Jahr später hat Frühaufsteher Adolf Sauerland ein Problem zu lösen. Seine Stadt hat einen Nothaushalt. Dieser muss genehmigt werden, und in der Kasse klafft ein Loch von 150 Millionen Euro. Aus diesem Grund will die zuständige Bezirksregierung nicht, dass Duisburg 840 000 Euro für die Loveparade ausgibt. Dieser Spaß falle unter freiwillige Ausgaben, und diese habe Sauerland zu reduzieren. Zusätzlich droht dem Vatertyp eine peinliche Niederlage im Stadtrat. Auch dort wehrt sich eine Mehrheit gegen die Ausgaben für die Raver. Sollen etwa Schulen verfallen, damit einen Tag lang gefeiert werden kann? Gut, mag sich Stratege Sauerland denken. Wozu gibt es die Politik? Er beginnt, an Strippen zu ziehen.

Bis hinauf in die Staatskanzlei des damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) reichen seine Arme. In Nordrhein-Westfalen ist Wahlkampf. Da darf nichts schiefgehen mit der Kulturhauptstadt und dem Projekt Loveparade, das könnte Stimmen kosten. Schon poltert die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft gegen die CDU-Spitze im Land: Die Regierung müsse helfen, Sponsoren für die Techno-Party zu finden. „Oberstes Ziel für NRW ist: Die Loveparade 2010 gehört ins Ruhrgebiet“, sagte die heutige Ministerpräsidentin dieser Zeitung. Auch der Chef der Kulturhauptstadt, Fritz Pleitgen (72), macht öffentlich Druck: „Hier müssen alle An­strengungen unternommen werden, um dieses Fest der Szenekultur mit seiner internationalen Strahlkraft auf die Beine zu stellen.“

Februar 2010

Stolz verkündet Adolf Sau­erland im Stadtrat, dass die Feier gerettet sei. Er habe „geheime Sponsoren“ gefunden. Seine Stadt müsse nichts dazutun. Was der Stratege für sich behält: Den große Batzen der fehlenden 840 000 Euro trägt die öffentliche Hand – insgesamt 635 000 Euro. Die Sponsorensuche war eher mäßig erfolgreich. Private ge­ben Sachleistungen im Wert von 155 000 Euro. Lediglich 50 000 Euro Bares übernimmt die Firma Hövelmann, mit der Sauerland freundschaftlich ver­bandelt ist.

Gleichzeitig konzentriert sich die Suche nach einem geeigneten Standort auf das Gelände des alten Güterbahnhofs zwischen der Autobahn A 59 und der Bahnstrecke nach Düsseldorf. Loveparade-Sprecher Kersten Sattler sagte, für das Fest werde er nicht die gesamte Fläche brauchen: „Das wäre ja Wahnsinn.“ Ein Teil des Geländes reiche be­reits für die Loveparade mit ihren mehr als eine Million erhofften Ravern aus.

Stratege Sauerland ist dem Erfolg zum Greifen nah.

April 2010

Alles scheint auf einem gu­ten Weg. Die Bezirksregierung stimmt dem Finanzkonzept zu. Auch das Innenministerium gibt jeden Widerstand auf. Für die Genehmigungen der Veranstaltung selbst ist Duisburg zuständig. Und damit liegt es in der Macht von Sauerland selbst, die Loveparade zu ermöglichen.

Und diese Macht braucht der Oberbürgermeister. Denn im Hintergrund rumort es. Seit der Absage von Bochum be­fürchten Sicherheitsfachleute, dass Duisburg zu klein sei, die Veranstaltung durchzusetzen. Spezialisten von Feuerwehr und Polizei warnen vor einer Katastrophe.

Besonders hart trifft es eine leitende Mitarbeiterin im Bauamt. Sie soll sich geweigert haben, wie gewünscht die Loveparade durchzuwinken. Sie wird versetzt. Eine unter Adolf Sauerland übliche Praxis, mit kritischen Mitarbeitern umzugehen. Ein Amtsleiter berichtet von „Säuberungswellen“ im Duisburger Rathaus. So sei ein Klima der Angst entstanden.

Mai 2010

Das Innenministerium schickt am 31. Mai einen Runderlass an alle Landräte und Oberbürgermeister in NRW raus. Auf Basis des Duisburger Sicherheitskonzeptes für die Loveparade haben alle Behörden die Kommune bei der Veranstaltung zu unterstützen. Laut Erlass soll der Veranstalter 30 feste Sanitätsstationen einrichten. Dazu wird die örtliche Feuerwehr angehalten, zwei Behandlungsplätze mit zusammen 1200 „Einsatzkräften des Sa­nitätsdienstes“ einzurichten. Davon sollen 60 Männer und Frauen zum „ärztlichen Personal“ gehören.

Anscheinend stützt sich dieser Erlass auf eine falsche Ba­sis. Denn von einem stabilen Sicherheitskonzept kann in Duisburg eigentlich noch keine Rede sein. Noch immer streiten die Verantwortlichen in der Firma Lopavent, die mittlerweile die Loveparade organisiert, mit der Stadt über die richtigen Ideen.

Juni 2010

Immer öfter wird über Sicherheitsaspekte in Duisburg offen debattiert. In Kommentaren auf der Internetseite „DerWesten.de“ zu Artikeln aus dieser Zeitung wird die Streckenführung diskutiert. „Klotsche“ schreibt etwa: „Sehe ich das richtig, dass die versuchen, eine Million Menschen über die einspurige Tunnelstraße Karl-Lehr-Straße mit zwischendurch zwei kleinen Trampelpfaden hoch zum Veranstaltungsgelände zu führen? Also, in meinen Augen ist das eine Falle.“ Einige der Kommentatoren scheinen Insiderkenntnisse aus der Stadtverwaltung zu besitzen.

Der Konflikt zwischen Lo­pavent und den Genehmigungsbehörden eskaliert.

Am 18. Juni dieses Jahres kommt es zu einer denkwürdigen Sitzung bei Lo­pavent. Anwesend sind unter anderem Vertreter von Lopavent, Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe, Mitarbeiter von Feuerwehr und Ordnungsamt sowie Anja Geer, die Leiterin des Bauamtes. Es geht um die erheblich zu kurzen Fluchtwege im Konzept von Lopavent. Man sei überrascht, welche rechtlichen und formalen An­forderungen die Bauordnung stellen würde, ihnen ginge es allein um die praktische Seite. So zumindest zitiert Anja Geer die Lopavent-Vertreter später in einem protokollierenden Brief an ihren Chef, Baudezernent Dressler. Die Diskussion soll, so beschreibt sie es, „engagiert“ gewesen sein. Diese rechtlichen Voraussetzungen hätte Lopavent noch nie erfüllen müssen.

Und Wolfgang Rabe, der Ordnungsdezernent, sagt, wo es langgehen soll. Der Oberbürgermeister, Adolf Sauerland eben, wünsche die Veranstaltung. Es müsse eine Lö­sung gefunden werden. Das Bauamt solle konstruktiv mitarbeiten. Schon drei Tage später, so bat er laut Anja Geer, solle man sich erneut zusammensetzen, um ein Fluchtwegkonzept zu erarbeiten. Geers Chef, Baudezernent Dressler, wird dieses Schreiben mit der handschriftlichen Bemerkung an Oberbürgermeister Sauerland weiterleiten, er lehne die Verantwortung und Zuständigkeit dafür ab.

Juli 2010

Sicherheitsexperten der Po­lizei aus ganz NRW warnen auf mehreren Ortsterminen in Duisburg die Verantwortlichen. Wenn die Ideen umgesetzt würden, könnte es „Tote und Verletzte“ geben. Die Bedenken werden ignoriert.

13. Juli 2010

Die Firma Traffgo HT legt eine Analyse vor, nach der ein Drittel der Loveparade-Besucher auf dem Festgelände am ehemaligen Güterbahnhof rechtzeitig flüchten können, ohne das etwas passiert. Dabei setzt die Analyse voraus, dass maximal 250 000 Menschen auf dem Festgelände sein dürfen. Die Analyse wird am 16. Juli und am 20. Juli ergänzt. Der als Risikoforscher vorgestellte Michael Schreckenberg wird diese Analyse später begutachten und für inhaltlich korrekt beurteilen.

16. Juli 2010

Die Stadt Duisburg be­kommt die Erlaubnis, die Autobahn A 59 einen Tag lang für das Millionen-Event Loveparade zu sperren. Über diese Strecke sollen später die Notärzte zu Hilfe eilen.

21. Juli 2010

Unter dem Aktenzeichen 62-34-WL-2010-0026 genehmigt ein untergeordneter Mitarbeiter im Bauamt die Sondernutzung des Güterbahnhofs für die Loveparade. Dabei wird auf zwei dürren Seiten das Baurecht außer Kraft gesetzt. Die Fluchtwege dürfen schmaler ausfallen als im Gesetz vorgeschrieben. Zu­dem wird auf Feuerwehrpläne verzichtet. Laut Genehmigung dürfen die Fluchtwege an keiner Stelle schmaler als zehn Meter sein. Das Recht wurde damit den Örtlichkeiten angepasst.

24. Juli 2010, morgens

Der Tag der Loveparade hat begonnen. Windstärke drei, Lufttemperatur 19 Grad, Niederschlag null Prozent, meldet der Krisenstab. Das Wetter war die größte Sorge der Veranstalter. Das Wetter ist gut. „Das Gelände ist rundum entfluchtbar und so groß, dass wir uns keine Sorgen machen“, sagt Björn Köllen, Sprecher der Loveparade zu Spiegel TV. Die Feuerwehr hat ein halbes Jahr geplant und ist zuversichtlich, diesen Einsatz zu meistern, der „einzigartig in seiner Größe“ ist. Darin schwingt Respekt mit.

Die Genehmigung für die Parade erreicht die Veranstalter-Firma Lopavent gerade rechtzeitig. Die Polizei be­kommt allerdings nicht direkt ein Exemplar der Zusage, dass die Veranstaltung stattfinden darf. Laut dem FDP-Innenpolitiker Horst Engel bekommen die Sicherheitskräfte erst am Sonntag das Papier in die Hände.

Erste Raver sind bereits am Vorabend eingetroffen. Am Morgen kommt die Masse mit Macht. Viele beschweren sich über mangelnde Ausschilderung schon im Hauptbahnhof, irren umher. Weil es rasch voll wird, ist der Tunnel schon vor elf Uhr zeitweilig abgesperrt. Die Menschenmenge wird immer größer.

24. Juli 2010, mittags

Die Wut über das Unglück ist groß.
Die Wut über das Unglück ist groß. © ddp | ddp

Um 12 Uhr wird nach Aussage mehrerer WAZ-Leser plötzlich der Tunnel von beiden Seiten geöffnet. Die Menschen drängen hinein. Immer wieder werden bis 14 Uhr Zu­gänge gesperrt, um eine Überfüllung des Tunnels zu vermeiden. Loveparade-Chef Rainer Schaller feiert eine Million Besucher und wird der Polizei später vorwerfen, sie habe kurz vor dem Unglück alle Schleusen geöffnet, die Besucher seien unkontrolliert eingeströmt. Die Polizei in Köln wird diese Kritik als verfrühte Spekulation zurückweisen. 105 000 Besucher seien mit dem Zug zwischen neun und 14 Uhr angereist, die Zahlen des Veranstalters viel zu hoch gegriffen. Insgesamt sollen laut Polizei nur rund 450 000 Raver gekommen sein, nicht 1,4 Millionen, wie vom Veranstalter behauptet. Um 14 Uhr startet der Countdown: Die Loveparade 2010 wummert los, viele Menschen würden gerne mitfeiern, drängen den Beats entgegen.

24. Juli 2010, nachmittags

Um 16.30 Uhr wird der Bahnhof gesperrt. Vor dem Gelände herrscht „Besucherstau“. Um 17 Uhr beginnt die Abschlusskundgebung auf der Hauptbühne. Kurz nach 17 Uhr bricht die tödliche Massenpanik aus. Um 17.57 Uhr kommt die erste offizielle Polizeimeldung: „... offenbar zehn Personen getötet“. Die Zahl der Todesopfer wird bis Montagabend auf 20, in der Nacht zum Mittwoch auf 21 steigen, die Zahl der Verletzten auf über 500. Um 17.31 Uhr steht Adolf Sauerland neben Oliver Pocher und Dieter Gorny auf einem Podium, er schaut ernst auf sein Handy. Was er dort liest, ist nicht klar, aber Ge­rüchte über die Massenpanik machen da schon die Runde. Fünf Minuten später interviewt Comedian Pocher Gorny und Sauerland. Es soll ein lustiges Interview sein, der Großalarm spielt keine Rolle.

25. Juli 2010

Am Tag nach der Katastrophe wollte Oberbürgermeister Adolf Sauerland Blumen an den Orten niederlegen, dort wo die Menschen starben. Er wurde ausgebuht und be­schimpft. Ein Mann beschmiss ihn mit Müll. Seither stehen Sauerland und seine Fa­milie unter Polizeischutz. Die Strategie des Oberbürgermeisters ist nicht aufgegangen.

cher vorgestellte Michael Schreckenberg wird diese Analyse später als inhaltlich korrekt beurteilen.