Duisburg. Kandidaten der Fraktion DAL/Tierschutz wurden im Rat dank AfD-Stimmen gewählt. Bei türkischstämmigen Ratsmitgliedern ist die Empörung groß.
Im Rat der Stadt entbrennt ein offener Streit um ein vermeintliches Rechtsbündnis zwischen den Fraktionen der AfD und DAL/Tierschutz. Der Anlass: In der Sitzung am Montag ließen sich Vertreter von DAL/Tierschutz mit Stimmen der Rechtspopulisten als sachkundige Bürger in die Fachausschüsse des Stadtparlaments wählen. Beide wiesen den Vorwurf der Absprachen zurück. Harte öffentliche Kritik gibt es auf Facebook an den beiden türkischstämmigen Ratsherren Ayhan Yildirim (DAL) und Bekir Sipahi (SfD); letzterer stimmte mit der Tierschutz/DAL-Fraktion.
DAL/Tierschutz: Ziel war die Wahl von migrantischen Vertretern in die Ausschüsse
Als ein DAL-Antrag für ein Sicherheitskonzept der Stadt bei Pegida-Demonstrationen beraten wurde, platzte Mirze Edis (Linke) der Kragen: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass gerade die Leute, die sich mit AfD-Stimmen wählen lassen, hier so tun, als hätten sie etwas gegen Rechts.“ Ayhan Yildirim reagierte empört. Ziel seiner Fraktion sei es, migrantische Vertreter in die Gremien zu bekommen. „Ich bin sehr froh und dankbar, dass heute 24 Türken und Türkischstämmige gewählt worden sind, die rund 112.000 Duisburger mit Migrationshintergrund vertreten. So viele haben alle anderen Parteien im Rat nicht annähernd zusammen.“ Auch er habe sich stets gegen Extremismus zur Wehr gesetzt, betonte Sipahi.
AfD: Abstimmungsverhalten ist „normaler demokratischer Vorgang“
Auch die AfD, die keine eigenen Wahlvorschläge für sachkundige Bürger einreichte und je zur Hälfte für die Listen von CDU und DAL/Tierschutz stimmte, wies den Vorwurf der Absprache zurück. Ihr Abstimmungsverhalten sei „ein normaler demokratischer Vorgang“, versicherte AfD-Ratsherr Rainer Holfeld.
Wenn dem schon keine vorherige Absprache zugrunde lag, nahm DAL/Tierschutz zumindest billigend in Kauf, sich mit AfD-Stimmen wählen zu lassen. Das bestätigt die Reaktion von Ex-Ratsherr Rainer Grün (DAL): „Der Erfolg zählt. Und den Hauptanteil daran trägt unsere kleine Fraktion.“ Dass „die AfD im Rat über ihren Schatten gesprungen ist und muslimischen Kandidaten zum Einzug in Ratsausschüsse verholfen hat, ist die eigentliche Sensation“, so Grün weiter.
Grüne: Jegliche Hemmungen sind gefallen
Bei DAL/Tierschutz seien „jegliche Hemmungen gefallen, mit der AfD abzustimmen“, sagt Felix Lütke, Co-Fraktionsvorsitzender der Grünen. „Es ist wichtig, dass wir uns keine Illusionen machen: Die von einem Ex-Neonazi angeführte Tierschutzgruppe in Duisburg kooperiert mit den türkischen Nationalisten.“ für die Grünen gelte der „Konsens gegen Rechts“ im Rat „für jeglichen Faschismus, ganz egal, welche ideologische Färbung dieser hat.“ Die Grünen, kündigt Lütke an, „werden daher dieses Bündnis auch in Zukunft in gleichem Maße bekämpfen, wie die anderen rechten Gruppen im Rat auch.“
„Ich bin ziemlich entsetzt über diese Zusammenarbeit. Nun gibt es für alle Gewissheit“, schreibt Pelin Osman (Grüne) in der Facebook-Gruppe „Türkisch Community Duisburg“, wo sich auch Ünsal Baser (SPD) äußert: „Heute wurden sie mit AfD-Unterstützung gewählt, morgen unterstützen sie die Vorschläge der AfD.“ Dass Bekir Sipahi damit nicht zuletzt seine eigenen Wähler aus dem türkisch-konservativen Milieu und den Moscheegemeinden verrät, finden nicht nur türkischstämmige Ratsvertreter, sondern auch der Marxloher SPD-Bezirksvertreter Claus Krönke: „Ein Schlag ins Gesicht aller Wähler der SfD von Bekir Sipahi. Ein Muslim mit Migrationshintergrund arbeitet mit einer Partei zusammen, die behauptet, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört und deren Vorstände Türken als Kameltreiber bezeichnen.“
>>> KONSENS GEGEN RECHTS IM DUISBURGER RAT
- Auf eine Resolution gegen Rechts, erstmals verabschiedet 2014 nach dem Einzug von Pro NRW, AfD und NPD in den Rat, verständigten sich alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD auch in der konstituierenden Sitzung des Rates Anfang November.
- Die Kooperation bei Abstimmungen, die DAL/Tierschutz und AfD bestreiten, bewertet Mirze Edis (Linke) als „Zusammenarbeit zwischen deutschen und türkischen Nationalisten“. Mit Hinweis auf AfD und DAL sagt der Gewerkschafter und HKM-Betriebsrat: „Beide tragen ja das Wort Alternative im Namen.“