Duisburg.. Ein Student hat eine App entwickelt, mit der sich das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt per Smartphone-Führung erkunden lässt. 2015 könnte die interaktive Ausstellung an den Start gehen. Medieninformatik trifft Museumspädagogik.

Die Zukunft soll ausgerechnet in einem Museum beginnen. Die Masterarbeit eines Studenten hat das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt in einen digitalen Abenteuerspielplatz verwandelt: Die sonst statisch im Museum dahin dümpelnden Schiffsexponate hissen mittels einer App auf dem Handy- oder Tablet-Display die Segel zu neuen Ufern. Was als Kurztörn im Testlauf ein Erfolg war, soll ab 2015 das Museum für Besucher interaktiv erlebbar machen.

Ein nautischer Laie will selbst einen Frachter über die gut sieben Meter Fallhöhe der Meidericher Schleuse lotsen? Dank App kein Problem: Einfach per Kamera das Legomodell scannen, schon fährt ein virtuelles Schiff in die Schleusenkammer. Via Fingerzeig entscheidet der Ausstellungsbesucher, ob er Wasser ein- beziehungsweise ablassen will sowie ob er Berg- oder Taltor öffnen beziehungsweise schließen will. Trifft er die falsche Entscheidung, verweigert die virtuelle Schleuse die Ausführung. Die Erklärung dafür liefert sie mit, so dass per Versuch und Irrtum auf dem Display jeder eine Kurzausbildung zum Schleuser absolvieren kann. Eine nette Spielerei? Ja – und mehr.

Anschaulicher durch kleine Videoclips

„Diese technischen Spielereien sind die Würze in einem Museum“, erklärt Museumsleiter Dr. Bernhard Weber den Auftrag an die Fachhochschule Düsseldorf, im Rahmen der bestehenden Kooperation das Museum fürs digitale Zeitalter flottzumachen. „Schifffahrt ist Bewegung, aber im Museum ist alles starr.“ Weber nennt das Modell eines Schleppdampfers als Beispiel: „Ich kann mir vorstellen, wie der mit fünf, sechs Kähnen auf dem Rhein gefahren ist. Interessanter ist es, auf einem Video tatsächlich zu sehen, wie der Dampfer fährt, wie die Trossen nach hinten gehen, wie das handwerklich gemacht wird.“ Die App versetzt die statischen Ausstellungsstücke auf dem Display in Bewegung.

60 Exponate lassen sich bereits virtuell begreifen

Über diesen Mehrwert, den die Besucher sich über die Berührung des Displays mit den eigenen Händen erarbeiten, will App-Entwickler Sascha Djuderija sie packen. Die Anzeige selbst dient dabei als Tau, über das der Museumsgast sich an Bord der Ausstellung schwingt.

Ein Tau, über das keine andere, aber eine bereicherte Welt zugänglich wird. Im See der Ausstellung locken, so beschreibt es Djuderija, „interaktive Inseln, die der Besucher entdecken“ kann. Wer zum Beispiel das Modell eines Autoverladers in der Vitrine näher durch die Kamera betrachtet, erblickt ein digitales Post-it. Per Zoom wird er zum Entdecker und erfährt, dass auf der Ladefläche in seinem Visier 5400 Autos parken können.

Museum will Leih-Tablets anbieten

Ein Jahr lang hat sich Djuderija, Student der Medieninformatik an der Fachhochschule Düsseldorf, auf seine Master-App vorbereitet, hat Exponate und Besucher beobachtet. 2000 Ausstellungsstücke warten im Museum auf Entdecker; 60 Stücke lassen sich mithilfe seiner App bereits virtuell be-greifen. Bislang noch nicht für jeden: Eine Woche lang testete Djuderija seine App im August an Besuchern des Museums. Ob Kind oder Binnenschifffahrtskapitän, jeder bekam ein Tablet in die Hand gedrückt und enterte die Ausstellung auf neue Art und eigene Faust. Das Feedback sei positiv gewesen; einzig die Älteren ließen sich weniger einfach faszinieren: „Die meisten Über-70-Jährigen sind kritisch gegenüber der digitalen Erweiterung“, bedauert Djuderija.

Trotzdem: Der Anker ist gelichtet; das Museum wird in Zukunft die Segel hissen Richtung digital-interaktiver Ausstellung. Museumsleiter Weber sagt: „Unsere Fördergesellschaft ist informiert und wohlwollend, die Sache zu unterstützen.“ Die Entwicklung der App hat das Museum dank der Kooperation mit der FH Düsseldorf nichts gekostet; ist die Umsetzung finanziell zu stemmen, läuft die App dauerhaft vom Stapel. „Ich würde gerne im Laufe des nächsten Jahres komplett fertig sein“, kündigt Weber an. Die App könnte es dann gegen Gebühr zum Download geben; zusätzlich wird das Museum Leih-Tablets anbieten. Schon 2015 könnten sich die ersten Besucher vom Smartphone-Guide durchs Museum lotsen lassen.