Duisburg. Laut Facebook-Gerücht werden in Marxloh Katzen von ausländischen Kindern gefoltert. Hinweise gibt es keine, dafür einen Ausbruch verbaler Gewalt.

Es erinnert an die Geschichte vom „weißen Transporter“: Regelmäßig wird das Fahrzeug in Facebook-Posts erwähnt, wie es in der Nähe von Spielplätzen steht und Kindern auflauert. Die Autoren beschreiben den Fahrer oft als „südländisch“ aussehend, mahnen Eltern zur Vorsicht. Ein deutschlandweites Phänomen; nicht selten führen die Posts zu verbalen Gewaltausbrüchen in der Kommentarspalte. In
Marxloh
sollen nun keine Kinder bedroht sein, sondern Katzen. Ein entsprechender Beitrag zog am Wochenende
wüste Beschimpfungen bis hin zu Mordaufrufen
nach sich.

Tatort sollen Hinterhöfe rund um die Weseler Straße sein. Eine Nutzerin schreibt am Freitagabend, dort seien „bulgarische oder rumänische Jugendliche“ unterwegs, würden Katzen foltern, totschlagen und ausweiden. Eine Quelle nennt die Frau nicht, was die Reaktionen nicht ihrer Härte beraubt. Hunderte Male wird der Beitrag wütend kommentiert, noch häufiger geteilt.

Duisburg: Facebook-Nutzer kommentiert Post mit Hitler-Bild

Viele Kommentare enthalten Beschimpfungen oder rufen gar zur Lynchjustiz auf. Nutzer wollen sich „auf die Lauer legen, um dieses Pack zu erwischen“, fordern eine Bürgerwehr. Ein Mann will die Kinder überfahren, dann so lange auf sie einprügeln, „bis die keinen Mucks mehr von sich geben“. „Hände abhacken“, fordert eine Frau, um die Kinder dann „in das Drecksloch zurückzuschicken, aus dem sie herkommen.“


Den vorläufigen Höhepunkt markiert ein Nutzer mit der Bemerkung: „Solche Typen wurden in den 40ern aufgehängt.“ Den Kommentar versieht er mit einem Hitler-Bild. „Ja, der fehlt“, antwortet ein anderer Nutzer. Beide schreiben nicht unter Pseudonymen, sondern unter ihrem Klarnamen.

Noch am selben Abend werden die Marxloher Pfarrerin Anja Humbert sowie der Stellvertretende Bezirksbürgermeister Claus Krönke auf die Eskalation aufmerksam. Sie fragen die Urheberin nach ihrer Quelle, bitten sie, unter ihrem Beitrag zu moderieren. Die beiden versuchen auch selber, die wütenden Nutzer zur Einsicht zu bringen. Doch dafür scheint es zu spät; zu aufgebracht ist der virtuelle Mob bereits.

Polizei Duisburg liegen derzeit keine Hinweise auf Tierquälerei vor

Beide, Humbert und Krönke, sind von der Wortwahl vieler Menschen entsetzt. Vor allem aber befürchten sie, dass ihr Stadtteil einen weiteren Image-Schaden erleidet. Denn der Beitrag hat in der Zwischenzeit tausende Nutzer auch außerhalb Duisburgs erreicht. „Bei vielen bleibt jetzt nur im Gedächtnis, dass Marxloh Probleme mit Südosteuropäern hat, und dass die jetzt sogar Tiere quälen“, sagt Humbert.


Krönke, der bei Facebook sehr aktiv ist und sich gerade dann einschaltet, wenn unter Beiträgen mit Marxloh-Bezug pauschalisiert und beschimpft wird, stand am Wochenende auch mit der Autorin des Ursprungspost in Kontakt: „Sie hat eingeräumt, die Geschichte nur vom Hörensagen zu kennen. Das hat sie dann offenbar etwas naiv weiterverbreitet“, sagt der Politiker.

Der Polizei liegen keine belastbaren Hinweise vor, dass in Marxloh zuletzt häufiger Katzen verschwunden wären. „Wir wurden aber auf den angeblichen Vorfall hingewiesen und haben das an die entsprechenden Stellen in unserem Haus weitergeleitet“, sagt Behördensprecherin Caroline Dlutko. Sie appelliert an Internetnutzer, solche Beiträge an die Polizei weiterzuleiten, statt online zur Lynchjustiz aufzurufen: „Wir gehen dem in jedem Fall nach.“

Tierschützerin bedauert ausländerfeindliche Kommentare unter ihrem Post

Nun prüft die Polizei nicht nur einen möglichen Fall von Tierquälerei, sondern auch „andere mögliche Straftatbestände“. Das bestätigt Dlutko und bezieht sich damit auf die vielen verbalen Entgleisungen. Die sind im Netz zwar nicht mehr zu finden, nachdem die Autorin des Ursprungspost diesen gelöscht hat. Humbert und Krönke haben jedoch zahlreiche Screenshots von der Diskussion an die Behörde weitergeleitet.

Die Katzenfreundin hat sich noch am Wochenende öffentlich über ihr Facebook-Profil geäußert. Ihr Beitrag sei „vollkommen in eine falsche Richtung abgedriftet“. Es gehe um Tierschutz, nicht um Hass auf Nationalitäten. Auf eine Anfrage der Redaktion hat sie bisher nicht geantwortet.



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