Duisburg.. Bernhard Kloft und Dieter Stradmann haben als frühere Vorsitzende des Schullandheimvereins alte Unterlagen und Fotos zusammengetragen.


Das Schullandheim Wiesemscheid ist schon seit März 2010 aus finanziellen Gründen geschlossen. Nach einem Insolvenzverfahren hat es ein Privatmann bei einer Zwangsversteigerung für 84 000 Euro gekauft. „Und seitdem ist es leider zu einem Abladeplatz für allerlei Müll verkommen“, sagt Dieter Stradmann. Doch die Erinnerungen an bessere und schönere Zeiten kann dem Hausmeister der Gemeinschaftsgrundschule Sandstraße keiner nehmen. Der 63-Jährige war von 1998 bis zum Ende Vorsitzender des Schullandheimvereins. Zusammen mit seinem Vorgänger Bernhard Kloft (84), dem ehemaligen Lehrer und Rektor an der Grundschule in Marxloh, hat er alte Unterlagen und Fotos zusammengetragen.

Rektor Olbrich als Gründungsvater

Dazu gehört ein Belegungsbuch aus den Jahren kurz nach der Gründung als katholisches Marienheim 1930 durch die Schulen an der Friedrich-Karl-Straße und Theodorstraße unter Führung des damaligen Rektors Olbrich. Name, Geburtstag, der Beruf des Vaters und die Adresse wurden da fein säuberlich aufgeschrieben – sowie die Gewichtszu- und -abnahme. Zu Kriegszeiten sollten die Schüler nicht nur Erholung in der Eifel finden, sondern auch aufgepäppelt werden. Was oftmals gelang, wie die Eintragungen beweisen. Bis zu acht Kilo mehr wogen demnach einige Kinder nach den bis zu vierwöchigen Aufenthalten.

Der Speisesaal: Bernhard Kloft hat die Zeiten noch erlebt, als dort während der Mahlzeiten nicht gesprochen werden durfte.
Der Speisesaal: Bernhard Kloft hat die Zeiten noch erlebt, als dort während der Mahlzeiten nicht gesprochen werden durfte. © Unbekannt | FUNKE Foto Services GmbH





Ab 1939 diente das Heim unter anderem auch als Lazarett, ab 1945 als Unterkunft für amerikanische Truppen und als Erholungsstätte für französische sowie für gesundheitlich angeschlagene Kinder des Kreises Ahrweiler. „Mit Gründung eines Schullandheimvereins 1950 kam dann auch die heutige Grundschule an der Sandstraße ins Spiel“, erklärt Dieter Stradmann. „Hier war bis zum Schluss die Geschäftsstelle.“

Als im Speisesaal nicht gesprochen werden durfte

Bernhard Kloft fuhr zehn Jahre später zum ersten Mal mit Schülern nach Wiesemscheid. „Damals durften die Schüler im Speisesaal nicht sprechen. Ansonsten war das Essen beendet“, so der 84-Jährige. „Ich fand das furchtbar und wollte deshalb eigentlich gar nicht mehr hinfahren. Erst als das geändert wurde, konnte ich die Aufenthalte dort richtig genießen.“ Es sei darum gegangen, mit der Klasse Gemeinschaft und die Natur zu erleben. „Unterricht gab es auch, aber nicht nach Lehrplan. Viel Naturkunde, Singen und Sport.“

Hinten ist das kleine Fenster zu sehen, durch das die Lehrer den besten Einblick in den Schlafsaal hatten – falls die Kinder mal Unsinn machten.
Hinten ist das kleine Fenster zu sehen, durch das die Lehrer den besten Einblick in den Schlafsaal hatten – falls die Kinder mal Unsinn machten. © Unbekannt | FUNKE Foto Services GmbH





Das Heim bot Platz für maximal 70 Schüler. „Es gab drei Schlafsäle. In einen großen Saal konnte man von einem Lehrerzimmer durch ein kleines Fenster direkt hineinblicken“, sagt Kloft. „Die Kinder konnten deshalb nicht so viel Unsinn machen.“

Dieter Stradmann feierte 1974 seine Wiesemscheid-Premiere. „Mein Vater war damals auch Hausmeister an der Grundschule Sandstraße und hat mich mitgenommen, um Tore für einen Fußballplatz aufzubauen“, so der 63-Jährige. „Ich sag nur Eifeler Boden. Das war eine Plackerei, aber irgendwie hat es dann doch geklappt.“

Feuerwehrleute im Einsatz

Später war Dieter Stradmann als gelernter Elektriker bei Reparaturen immer mal wieder gefragt, ehe er vor 20 Jahren Vorsitzender des Schullandheimvereins wurde. „Weil es sonst keiner machen wollte. Ich hätte es schade gefunden, wenn das Ganze mit dem Ruhestand von Bernhard Kloft zu Ende gegangen wäre.“

Dieter Stradmann sorgte in der Folgezeit maßgeblich dafür, dass der Betrieb trotz sinkender Belegungszahlen und immer größer werdender finanzieller Probleme noch lange aufrechterhalten werden konnte. Als Zug- und Gruppenführer der Freiwilligen Feuerwehr in Marxloh bewegte er seine Mannen dazu, ganze Wochenenden in Wiesemscheid für Instandsetzungen zu verbringen.

2010 war aber trotz aller Bemühungen endgültig Schluss. Kurz vorher machte Stradmann noch bedürftigen Kindern eine große Freude. Sie durften eine unbeschwerte Zeit im Schullandheim mit Nachtwanderung und Stockbrot am Lagerfeuer genießen. „Das war für mich in all den Jahren das schönste und stärkste Erlebnis.“

>>AUFRUF: ERFAHRUNGEN IN ANDEREN HEIMEN


Über die Erinnerungen unserer Leser in den Schullandheimen in Antweiler, Hollerath und Udenbreth haben wir bereits berichtet. Nun ist das Heim in Wiesemscheid an der Reihe. Wir wollen aber auch erfahren, wie es in Ruppichteroth und Co. war.


Schreiben Sie uns eine Mail an redaktion.duisburg@waz.de oder rufen Sie ab 10 Uhr an unter 0203/99 26 31 51.