Duisburg. Platanen-Retter haben mit Demo Fällarbeiten an der Mercatorstraße hinauszögern können. Mit einer Anzeige bei der Bezirksregierung will der BUND die Abholzaktion noch stoppen.
Die Baumschützer, die die Platanen an der Mercatorstraße retten wollen, haben die Abholzarbeiten in der Duisburger Innenstadt zwar nicht ganz aufhalten aber zumindest etwas bremsen können. Seit dem Morgen haben die Baumschützer ihr Lager an der Mercatorstraße aufgeschlagen, um sich den Arbeitern in den Weg zu stellen. Nachdem die ersten kleineren Bäume, die nicht Bestandteil des Bürgerbegehrens sind, gefällt sind, geht so gut wie nichts mehr auf der Baustelle.
Es ähnelt einem Katz-und-Maus-Spiel, das sich dort den ganzen Tag über abspielt. Es scheint, als machen sich die Arbeiter sogar einen kleinen Spaß daraus, die Aktivisten von links nach rechts zu scheuchen. "Schauen wir mal, wie schnell die rennen können", ruft ein Mann mit Kettensäge aus dem Hubsteiger.
Ein Katz-und-Maus-Spiel unter den Platanen
Schnell rennen, das können sie, die Baumschützer. Kaum bewegt sich der Hubsteiger nach oben, versammeln sich einige von ihnen unter dem Baum. Jede Richtungsänderung des Hubsteigers verursacht auch auf dem Boden hektische Bewegungen. Ihrem eigentlichen Auftrag, auch die größeren Bäume zu entasten, können die Trupps der Wirtschaftsbetriebe so nicht nachgehen. Allein die Auflagen der Bezirksregierung, die Brut -und Lebensräume in den Bäumen vor der großen Fällaktion zu begutachten, sind erfüllt.
Derweil schaut Kerstin Ciesla vom Duisburger BUND immer wieder auf ihr Telefon. Sie erwartet eine Nachricht der Bezirksregierung. Die hat Ciesla am Montagmorgen noch alarmiert, um mit einer eiligen Anzeige den drohenden Kahlschlag an der Mercatorstraße zu stoppen. Der BUND sieht den "Verdacht der Verletzung eines Fördermittelbescheids. Wenn die Stadt die Baumallee jetzt fälle, verliere sie die Fördergelder für den geplanten Umbau, so Ciesla.
Bei der Bezirksregierung bestätigte man den Eingang dieser Anzeige, mit einer Antwort darauf sei aber erst im Laufe des Dienstagvormittags zu rechnen, so Sprecherin Stefanie Klockhaus. Erst dann soll es Klarheit geben, ob die Eingabe aufschiebenden Charakter hat und die Fällung quasi in letzter Minute aussetzen kann. Wenn es dann nicht schon zu spät ist.
Duisburger Baumschützer können Fällarbeiten zumindest etwas verzögern
Kurz vor 16 Uhr ist es schließlich so weit, die Fälltrupps der Wirtschaftsbetriebe packen ihre Arbeitsgeräte ein und rücken unerledigter Dinge ab. Notfalls hätten sie sogar bis in den Abend gearbeitet, jetzt ist zwangsweise Schichtende.
Kurz zuvor versucht die Polizei noch mit einer Kette, die Protestler davon abzuhalten, die Arbeiten zu stören. Sie war von der Stadt zur Unterstützung angefordert worden. Doch vergebens. Denn die Baumschützer schlüpfen durch die Absperrungen, klettern sogar auf eine der Platanen, einer klaut kurzerhand sogar eine Kettensäge, um die Arbeiten zu verhindern.
Unter den Baumschützern ist auch Ingrid Menke. Sie hat vor der Fällaktion am Morgen noch ein neues Banner an den Platanen angebracht, mit dem sie ihren Protest zeigen will. Mittlerweile ärgert sich die Duisburgerin darüber, dass sie damals bei der Oberbürgermeister-Wahl Sören Link ihre Stimme gegeben hat: "Ich habe ihn mit Überzeugung gewählt, aber für mich ist er jetzt unten durch." Wie die übrigen, die sich hier versammelt haben, Anwohner der Mercatorstraße wie Politiker, kritisiert sie den politischen Stil, dass hier Fakten geschaffen werden sollen, bevor das Bürgerbegehren überhaupt erfolgreich sein kann.
Fakt ist aber auch, dass es der Duisburger Stadtrat war, der beschloss, das Bahnhofsareal umzugestalten. "Es muss dort auch einmal voran gehen", sagt Hendrik Trappmann, Leiter des städtischen Amtes für Stadtentwicklung. An Interessenten für den geplanten Neubau sei kein Mangel, nur sei eine Vermarktung noch nicht sinnvoll wegen der anstehenden Bauarbeiten, für die Trappmann zwei bis zweieinhalb Jahre kalkuliert. Und: Der Verkauf des Grundstücks würde mehr als drei Mio Euro in die klamme Stadtkasse spülen.
Stadt Duisburg zeigt Protestler wegen Nötigung an
Dass sie nicht allein für den Erhalt kämpfen, davon zeugen die mehr als 3500 Unterschriften, die die Baumschützer in nur acht Tagen für ihr Bürgerbegehren gesammelt haben. "Der OB verscherzt es sich hier nicht nur mit ein paar Baumschützern, sondern mit der ganzen bürgerlichen Gesellschaft mit diesem Vorgehen", sagt Grünen-Politiker Matthias Schneider. Und seine Parteikollegin Claudia Leiße ist sich sicher: "Das Gelände ist für Investoren erst einmal verbrannt. Da wird sich erstmal keiner dran wagen und sich dem Bürgerprotest aussetzen."
Für die gut 20 Protestler endet die Aktion mit einer Anzeige wegen Nötigung, weil sie auf dem später komplett abgesperrten Areal die Fällarbeiten behindert haben sollen. Vermutlich wird die Aktion der Baumschützer wie auch die spontane, von den Duisburger Piraten initiierte Demo am Montagabend nur noch eine symbolische Demonstration bleiben. Denn schon Dienstagmorgen soll ein Fällkran an der Mercatorstraße anrücken, der die großen Platanen fällen soll. Um weitere Verzögerungen zu vermeiden, hat die Stadt das Areal auch schon einmal sicherheitshalber einzäunen lassen.
Für die Fällaktion wird die Mercatorstraße ab Dienstagmorgen auch für den Autoverkehr teilgesperrt. In Fahrtrichtung Koloniestraße wird ab der Kreuzung Landfermannstraße in Fahrtrichtung Süden gesperrt, meldet die Stadt. Der Verkehr werde weiträumig umgeleitet.