Duisburg. Zum 100-jährigen Jubiläum des Rhein-Herne-Kanals zeigt das Binnenschifffahrtsmuseum in Duisburg-Ruhrort Arbeiten des Künstlers Rüdiger Kramer. Zusehen sind Ölbilder, aber vor allem Kugelschreiber-Zeichnungen, die er „Den Kanal entlang“ in den letzten Monaten anfertigte.
Dass „alles fließt“ würde der Künstler, Zeichner und Fotograph Rüdiger Kramer doch bestreiten. Weder fließt das Wasser im Rhein-Herne-Kanal, zu dessen 100. Geburtstag Kramer jetzt einige Ölbilder und viele Zeichnungen im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt ausstellt, noch flossen ihm die Kugelschreiber-Zeichnungen aus der Mine, die er „Den Kanal entlang“ in den letzten Monaten anfertigte. Vielmehr hat er sie den oft widrigen Bedingungen an der Bundeswasserstraße abgetrotzt, was ja gut zu einem Arbeitswasserweg passt.
Er ging die 46 Kilometer lange Transportrinne mit den fünf Staustufen von beiden Enden an, zeichnete zunächst in Datteln und Duisburg Schleusen, Brücken, Stauwehre, Häfen, Lastkähne, Kräne und Angler. Er hockte bei Regen und Wind unter Brücken, wehrte sich beim Zeichnen gegen aufdringliche Mitmenschen und träumte vom Schiffeversenken, wenn ihm ein gerade angelegtes Fahrzeug die geplante Bildkomposition durcheinander brachte. Der Kanal zeigte sich oft unzugänglich, große Industrieareale sind schlicht eingezäunt, andere Stellen wimmelten von Radfahrern und Gassi-Gehern.
Vibrierende Struktur
Auf der Zeichnung vom Ruhrwehr fällt glattes Wasser ruhig über die Staurundung, der mächtige Pfeiler der Brücke zeigt eine vibrierende Struktur, dahinter tut sich ein Fensterblick in die Landschaft auf, wie ein ironisches Zitat. Kramer zeigt auch eine steile, atemberaubende Absturzperspektive, einer Metalltreppe am Kanal hinunter, zwei gerade Treppenpfeiler halten die wilde Vegetation in Schach. Über stillem Wasser, in dem sich Spundwandpflöcke spiegeln, fließt eine chaotisch anmutende Brücken-Rohr-Konstruktion, die den Betrachter schwindelig macht.
Kramers Zeichenkunst, deren Kugelschreiberstrich keinen Unterschied macht zwischen Metall, Holz, Stein, Wasser und Luft, löst bekannte feste Strukturen auf und lässt erstaunliche Ansichten neu entstehen. Der gebürtige Sauerländer wohnt seit letztem Jahr in Duisburg und erobert sich die neue Wahl-Heimat mit dem Skizzenblock. „Zerschnitten von Wasserstraßen und Autobahnen“, so sieht er sie.
Seine Ölbilder mit der auffälligen, roten Signatur zeigen Kanallandschaften. Einige Zeichnungen von Astrid Kramer, die ihren Mann auf seinen Kanalsitzungen begleitete, sind auch in der Ausstellung zu sehen.