Duisburg. In Duisburg scheint ein 18 Meter langer Wal gestrandet zu sein. Schüler wollen helfen, Polizisten eilen herbei. Doch alles ist anders, als es scheint.

Das Ehepaar aus Alpen, das den Pottwal von der Friedrich-Ebert-Brücke gesehen und schnell für ein Foto gestoppt hat, kann kaum seinen Augen trauen. Die herbei geeilten Schüler des Haniel-Gymnasiums und der Marienschule wollen nicht glauben, dass dem Tier nicht mehr zu helfen ist.

Zweifel an der Echtheit des Meeressäugers, der am Homberger Rheinufer „gestrandet“ ist, hat Friedrich Kin am Freitag nicht gehört. Er leite das dreiköpfige Team aus Wissenschaftlern der Organisation ASWA, das den Wal vor gut einer Woche in der Nordsee entdeckt und bis nach Duisburg verfolgt habe, erläutert der Belgier.

Jetzt werde der 18 Meter lange Pottwal untersucht. Da man die geschützten Tiere nicht töten dürfe, sei das eine „einmalige Gelegenheit“. Die entnommenen Proben sollen Aufschluss darüber geben, warum der auch für Laien erkennbar männliche Pottwal – nach Kins ersten Erkenntnissen „etwa 18 Jahre alt und damit relativ jung und unerfahren“ – sich in den Rhein verirrt hat. Wahrscheinlich Opfer der verschmutzten Nordsee, denn Wale seien „die Mülleimer der Meere“.

Vor 50 Jahren wurde ein echter Wal im Rhein gesichtet

Vor 50 Jahren hat Duisburg mit „Moby Dick“ gefiebert, dem Beluga-Wal, den der frühere Zoo-Direktor Dr. Wolfgang Gewalt vergeblich gejagt hatte. „Moby Dick“ fand den Weg zurück in die Nordsee. Aber der war auch echt. Der gestern gestrandete Pottwal ist eine unglaublich lebensechte Attrappe und wird am Montag zurück gebracht nach Belgien. Sein achter Einsatz mit der Performance-Gruppe Captain Boomer hat wieder den erwünschten Erfolg erzielt: Mit künstlerischen Mitteln Betroffenheit erzeugen darüber, wie Menschen mit der Erde umgehen. Aber auch, um mit einer spektakulären Aktion im Rahmen des Kulturfestivals Duisburger Akzente die Aufmerksamkeit zu lenken auf den Stadtteil Ruhrort mit dem größten Binnenhafen Europas, dessen erstes Becken vor 300 Jahren ausgehoben wurde.

Das dreiköpfige Team fällt an der riesigen Wal-Skulptur nie aus der Wissenschaftler-Rolle.
Das dreiköpfige Team fällt an der riesigen Wal-Skulptur nie aus der Wissenschaftler-Rolle. © Stephan Eickershoff / Funke Foto Services | Unbekannt

Alles an dieser Performance wirkt echt: Die Wal-Skulptur aus Aluminium und Polyester, deren Haut sogar Narben von früheren Verletzungen zeigt; mit zwei Tonnen ist die Skulptur allerdings deutlich leichter als die 40 bis 50 Tonnen schweren Originale. Die „Wissenschaftler“, die den Wal „gegen Parasiten“ besprühen, fallen nie aus der Rolle. Sie warnen, sich dem „Kadaver“ zu sehr zu nähern, weil er platzen könne. „Auch bei diesen Temperaturen?“, fragt die herbei geeilte Streifenwagenbesatzung nach, bei der die Info über das Kunstprojekt nicht angekommen zu sein scheint. Die Wasserschutzpolizei kurvt vorbei, Binnenschiffer zücken Ferngläser.

Kunst-Performance "Walstrandung" zum ersten Mal in Deutschland

Fotos werden gemacht bei drei Grad und Schneeregen – am Freitag in Homberg und am Samstag dann auf der Mühlenweide. Die Performance „Walstrandung“ findet nach Belgien, den Niederlanden, Spanien und England erstmalig in Deutschland statt.

Geschaffen hat den „Kadaver“ Dirk Claesen. Es ist das größte Tier des Bildhauers, der weltweit für Naturkundemuseen arbeitet. 2008 erhielt er dafür die Gold-Medaille in der Weltmeisterschaft der Präparatoren in Australien.