Duisburg. Die Stadt hat zum zweiten Mal Corona-Zahlen nach Bezirken berichtet. Was die Statistik schon jetzt zeigt, welche Analyse sie künftig ermöglicht.

Auch nach mehr als sechs Wochen Teil-Lockdown zählt Duisburg zu den Corona-Hotspots, die noch immer Sieben-Tage-Inzidenzwerte von mehr als 200 Neuinfektionen melden – obwohl obendrein seit Mitte November auf Empfehlung des Robert Koch-Instituts weniger intensiv getestet wird. Bis Montagabend fielen in Duisburg mehr als 12.100 Tests auf Sars-CoV-2 positiv aus. Schon 212 Duisburger sind an oder mit Corona verstorben, in den Krankenhäusern werden mehr Covid-Patienten behandelt als je zuvor. Warum haben die Menschen hier ein erhöhtes Ansteckungsrisiko? Auf der Suche nach Antworten und Lösungsansätzen können mittelfristig auch die nach räumlicher Verteilung aufgeschlüsselten Infektionsstatistiken des Gesundheitsamtes Hinweise liefern.

Am Dienstag hat das Amt für Kommunikation zum zweiten Mal Daten zur Verteilung der Neuinfektionen auf die sieben Stadtbezirke veröffentlicht. Diese künftig allwöchentliche Information hatte Oberbürgermeister Sören Link bei einer Pressekonferenz am 30. November angekündigt. Zuvor hatte unsere Redaktion darüber berichtet, dass und warum ihr die Stadtverwaltung keine Aufschlüsselung der bisherigen Infektionszahlen nach Stadtteilen oder Postleitzahl-Bezirken liefern will.

AOK-Studie: Soziale Unterschiede beeinflussen Corona-Risiko

Das Amt für Kommunikation berichtete in der Folge am 1. und 8. Dezember die Fallzahlen und die damit errechneten Sieben-Tage-Inzidenzen für die sieben Stadtbezirke in den jeweils vorangegangenen sieben Tagen (siehe Tabelle unten). Welche Stadtteile zu welchem Stadtbezirk zählen, können Sie unserer Karte entnehmen.

Auch wenn auf dieser Grundlage kleinräumige und sozialräumliche Betrachtungen oberflächlich bleiben, erlaubt auch diese grobe Aufschlüsselung – einen größeren Erhebungszeitraum vorausgesetzt – einen Vergleich mit der Verteilung anderer Merkmale, die auf Bezirksebene erfasst werden. Hierzu zählen etwa sozioökonomische Indikatoren wie die Arbeitslosenquote.

Der Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg, Günter Wältermann, hatte nach einer Studie der Krankenkasse und des Düsseldorfer Universitätsklinikums bereits im Juni festgestellt: „Soziale Unterschiede beeinflussen die Gesundheitschancen beträchtlich. Das zeigt sich auch in der Covid-Pandemie.“

Die Analyse der Daten von mehr als 1,3 Millionen Versicherten ergab, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II ein um 84 Prozent erhöhtes Risiko für einen Covid-19-bedingten Krankenhausaufenthalt haben. Arbeitslosengeld-I-Empfänger hatten, unabhängig von Alter und Geschlecht, noch ein um 17,5 Prozent erhöhtes Risiko.

Die meisten neuen Fälle wurden jeweils im Bezirk Hamborn erfasst

Auch jüngst bekannt gewordene Infektionszahlen aus Bremen belegen wie erste Studien aus den USA einen klaren Zusammenhang: In den ärmsten Vierteln mit den kleinsten Wohnflächen pro Haushaltsmitglied gibt es die meisten Infektionen. „Die soziale Komponente muss Teil der Pandemiebekämpfung werden“, zitierte jüngst Die Zeit den Leiter der Düsseldorfer Gesundheitsstudie, den Mediziner Nico Dragano.

Krisenstabsleiter Paul Bischof hatte unserer Redaktion Ende November bestätigt, es gebe bei der Verteilung im Stadtgebiet „Indizien“ für einen Zusammenhang zwischen Befall und Armutsmerkmalen.

Die ersten Corona-Bezirksdaten zeigen zumindest für die Zeit vom 23. November bis 6. Dezember, dass in den beiden Bezirken mit den meisten armen Stadtteilen überdurchschnittlich viele Neuinfektionen registriert wurden.

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Hamborn lag bei 287,6 und 287,9 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner, in Meiderich/Beeck bei 286,1 und 268,2. Zum deutlichen Nord-Süd-Gefälle tragen zudem die Walsumer Zahlen bei. Der Bezirk lag in beiden Wochen ebenfalls deutlich über der gesamtstädtischen Neuinfektionsrate (siehe Tabelle).

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Deutlich gesunken ist der Inzidenzwert in der vergangenen Woche wie erwartet im Süden und im linksrheinischen Bezirk Homberg/Ruhrort/Baerl. In beiden Gebieten hatten zuvor Ausbrüche in Senioreneinrichtungen die Fallzahlen und Inzidenzwerte in die Höhe getrieben.

>> 7-TAGE-INZIDENZ: UMRECHNUNG JEWEILS MIT NEUESTEN EINWOHNERZAHLEN

■ Bei der Berechnung der Inzidenzwerte – durch eine Hochrechnung der Zahl der Neuinfektionen auf je 100.000 Einwohner – legt die Stadtverwaltung jeweils die aktuellsten Einwohnerzahlen vom Ende des Vormonats zugrunde (siehe Tabelle).

■ Die für die beiden ersten Statistiken herangezogenen Einwohnerzahlen unterscheiden sich also. Die Werte für den Zeitraum vom 23. bis 29. November wurden mit den Einwohnerzahlen vom 31. Oktober errechnet, die der folgenden Woche mit dem Stand vom 30. November.