Duisburg. Organist Otto Maria Krämer begleitete zum Auftakt der sommerlichen Orgelkonzerte in der Hamborner Friedenskirche Murnaus Film „Faust“ von 1926.

Orgel-Live-Improvisationen zu einem Stummfilmklassiker gehören mittlerweile zum regelmäßigen Programm der sommerlichen Orgelkonzerte in der Hamborner Friedenskirche. Zum Auftakt der Konzertreihe am Mittwoch hat Otto Maria Krämer Friedrich Wilhelm Murnaus Film „Faust - Eine deutsche Volkssage“ begleitet.

Der Stummfilm aus dem Jahr 1926 setzt andere Akzente als Goethes Dramen-Klassiker: Faust geht den Teufelspakt ein, um den Menschen, die von Mephisto mit der Pest geschlagen sind, zu helfen. Verjüngt wird Faust auch, aber bevor er sich an Gretchen heranmacht, versucht er sein Liebesglück bei der Herzogin von Parma, die bei Goethe gar nicht vorkommt. Im Finale stirbt Gretchen auf dem Scheiterhaufen, doch Faust eilt zu ihr, die beiden sterben gemeinsam und steigen in einer Gloriole zum Himmel auf. Fausts Liebe hat Gretchen erlöst und den Teufelspakt zunichte gemacht.

In flott geschnittenen Szenen erlebt man 106 kurzweilige Minuten und staunt über die Möglichkeiten der Tricktechnik des Jahres 1926. Regelmäßig setzt Murnau Doppelbelichtungen ein. So träumt sich Gretchen aus dem Kerker in das Liebesidyll mit Faust und im Finale rast ihr schreiendes Gesicht über die Nebellandschaften auf Faust zu, der sinnend im Gebirge sitzt.


Otto Maria Krämer begleitet das filmische Geschehen treffsicher. In den vergangenen Jahren war er bereits zweimal zu Gast in Hamborn und hat jedes Mal einen Film mit theologischen Bezügen begleitet, erst „Der Glöckner von Notre Dame“, dann „Nathan, der Weise“. Auch beim „Faust“ schöpft Krämer seine Anregungen mal aus der Stimmung der Szene, mal aus der Gestik und Mimik der Akteure, aber auch aus den Texttafeln, die zwischendurch eingeblendet werden. Wenn die Gemeinde den Osterchoral anstimmt, dann lässt Krämer die Orgel der Friedenskirche mit vollem Werk ertönen. Gretchens verzweifelter Gang mit ihrem unehelichem Kind durch die karge Winterlandschaft wird mit Fetzen aus „Stille Nacht“, begleitet.

Die Stimmungen wechseln eher fließend als abrupt. Meist lässt Krämer die Atmosphäre der vorherigen Szene noch musikalisch nachschwingen. Wenn das ausgelassene Volksfest in der mittelalterlichen Stadt gezeigt wird, in die dann die Pest einbricht, schleichen sich die Tanzrhythmen nur langsam in die Musik, die noch von der Wette zwischen Mephisto und Gott geprägt ist.

Das Publikum folgt dem Film und Krämers musikalischen Ideen gebannt, es gibt großen Beifall für den Organist aus Straelen.