Duisburg. Stadt Duisburg will 2017 messen, wie sich Passantenströme etwa durchs Stadtfenster verändert haben. Daten sind Grundlage für Investoren und Händler.
Samstag ist der Einkaufstag in der Duisburger Innenstadt – das geht aus einer Passanten-Frequenzmessung hervor, die die Stadt im Jahr 2012 durchgeführt hat. Es sind die aktuellsten Zahlen, die nächste Passantenbeobachtung ist von der Stadt erst wieder für 2017 geplant. Die Zahlen dienen dann zum Beispiel als Grundlage für Investoren, Wirtschaftsförderer und den Handel. Erst dann wird sich auch beurteilen lassen, ob zum Beispiel die Eröffnung der neuen Stadtbücherei im Stadtfenster dazu geführt hat, dass der hintere Teil der Innenstadt belebt wird. 1b-Lagen wie die Altstadt, das ist kein Geheimnis, werden nämlich nach und nach abgehängt.
Laut Statistik gibt es 443 Einzelhändler in der Duisburger City, die ihre Waren auf 107.500 Quadratmeter verkaufen. Mehrheitlich befinden sich Bekleidungs-Geschäfte auf der Königsstraße und in der Königsgalerie sowie dem angrenzenden Sonnenwall, auf der Düsseldorfer Straße und der Kuhstraße. Schuhe und Lederwaren landen auf dem zweiten Platz, das Sortiment „Neue Medien“ und Unterhaltungselektronik liegt auf dem dritten Platz. Angesichts der Leerstände auf der Einkaufsstraße oder den Shoppingcentern ist aber noch in sämtlichen Bereichen Luft nach oben.
Positiver Blick in die Zukunft
Stadtentwicklungsdezernent Carsten Tum schaut denn positiv in die Duisburger Zukunft: „Beim Marientor-Carree sind wir in Gesprächen, beim Mercatorquartier tut sich was und wenn wir erst einmal die Mercatorstraße umgestaltet haben, sind wir zuversichtlich einen Investor für das Gebäude vor dem Hauptbahnhof zu finden.“ Und seitdem die beiden Altstadt-Manager Yvonne Bleidorn und Francesco Mannarino im Amt seien, würden regelmäßig Gespräch mit Eigentümern und engagierten Duisburgern im Umkreis der Altstadt geführt. „Aber wir sind natürlich auf das Wohlwollen der Eigentümer angewiesen“, gibt Tum zu.
In einigen Fällen gehören die Immobilien zu großen Fonds – und das Interesse, etwas am Erscheinungsbild der Duisburger Innenstadt zu ändern, ist eher gering. Und: „In einigen Fällen stehen Gebäude schon so lange leer, dass erstmal in den Brandschutz investiert werden müsste, um die Immobilien wieder nutzen zu können.“ Der Trend gehe ohnehin weg von den großen Kaufhäusern hin zum eher kleinteiligen Einzelhandel. Immerhin sind oberhalb der Ladenlokale einige neue Wohnungen in der Altstadt entstanden. „Das scheint zu funktionieren.“
Die kreative Szene wünscht sich indes, dass die Ladenlokale beispielsweise für Ateliers genutzt werden können. Auch die Zeitzeugenbörse hat schon Interesse angemeldet.
Parkgebühren unumgänglich
Michael Rüscher, Leiter des Geschäftsbereich Handel bei der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer glaubt, dass vor allem die Altstadt und auch der Bereich Königsgalerie vom Stadtfenster profitiert. „Für die Bücherei und die Volkshochschule kann man das nicht genau sagen. Aber der Einzelhandel im Erdgeschoss sorgt sicher dafür, dass der eine oder andere sieht, dass sich etwas in der Altstadt tut.“
Auch der Knüllermarkt sei ein Anziehungspunkt, der Kunden auf die Münzstraße lockt. Gerade für den Niederrhein sei die Duisburger Innenstadt beim Shoppen immer noch eine Art Ober-Zentrum. „Von der Stadtbücherei merken wir noch nicht viel. Es dauert einige Zeit, bis sich Laufwege ändern“, erklärt indes Spiele-Händler Boris Roskothen. Auch von der Nachbarschaft zur Königsgalerie merken die Händler am Sonnenwall nicht besonders viel. „Es liegt eher an unserem Ruf, dass Kunden auch aus anderen Städten zu uns kommen“, ist sich Roskothen sicher.
Einheitliche Öffnungszeiten sind eines der Kernprobleme
Dass in Duisburg für das Parken Gebühren fällig werden – und das Centro beispielsweise darauf verzichtet, sieht Tum nicht als Problem. „Unser Vorteil ist, dass rund um die Innenstadt auch noch Leute wohnen.“ Aber diese hätten eben auch ein Auto und müssten parken, deshalb könne man im Stadtkern nicht auf Gebühren verzichten.
Wenig Hoffnung bestehe auch bei der Vereinheitlichung der Öffnungszeiten. Während die Läden in den Centern erst um 20 Uhr schließen, stehen Kunden auf der Königsstraße teilweise bereits um 18 oder 19 Uhr vor verschlossenen Türen. Bei einem Gespräch mit dem Einzelhandelsverband haben die Händler allerdings wenig Bereitschaft gezeigt, daran etwas zu ändern.
Die Profile und Probleme der Duisburger Shopping-Center
Vier Shopping-Center zählt Duisburg entlang der Königstraße – jedes Haus hat sein Profil, aber auch seine Probleme. Eine Übersicht.
Averdunk-Center
Das Averdunk-Center ist die älteste Shopping-Mall – und das sieht man dem Gebäude auch deutlich an. Knapp 30 Jahre nach Eröffnung stehen knapp ein Dutzend Ladenlokale leer. Mit 45 Läden und 450 Stellplätzen wirbt das Haus indes offiziell. Unter anderem halten ein Blumen-, ein Bekleidungs- und ein Foto-Geschäft die Stellung. Die City-Wache befindet sich dort, ein gut gehender Döner-Imbiss, ein Italiener – und im oberen Geschoss befindet sich ein Fitnessstudio.
Die einheitliche Vermarktung fällt schwer, schließlich gehören die Ladenflächen verschiedenen Eigentümern. Wolfgang Freischlag, Hausverwalter von der FM Grundstücksverwaltungsgesellschaft mit Sitz in Heidelberg, hofft, dass sich bald etwas tut. In den vergangenen Monaten sei das Center zu großen Teilen von zwei niederländischen Geschäftsleuten ersteigert worden. „Wir warten nun auf Informationen, was sie mit ihrem Teil machen wollen.“ Freischlag weiß, dass das Gebäude erst einmal gründlich renoviert werden müsste, um neue Mieter für das Objekt zu finden. Insgesamt sehe er im Standort Duisburg aber Potenzial.
City-Palais
2007 wurde das City-Palais eröffnet. Das Haus beherbergt die Mercatorhalle, das Casino, zahlreiche Gastronomie-Betriebe und einige Geschäfte – und gilt deshalb nicht als klassische Shopping-Mall. Nachdem die LEG den Bau realisierte, übernahm kurz nach Eröffnung die Hannover Leasing die Immobilie. „Hannover Leasing ist einer der führenden Anbieter von Sachwertanlagen in Deutschland. Der Investitionsfokus der Unternehmensgruppe liegt auf Gewerbeimmobilien im In- und Ausland sowie auf Flugzeugen“, erklärt Geschäftsführer Michael Ruhl.
Die Gesamtmietfläche des City-Palais beträgt rund 37.500 , davon etwa 8 000 für Einzelhandel und Gastronomie. Demnächst wird sich ein weiterer Leerstand ergeben, wenn das Ruhr-Visitor-Center in den Pavillon gegenüber des Bahnhofs zieht. „Wir sind mit potenziellen Mietinteressenten für die Fläche des Tourismuscenter im Gespräch. Natürlich sind wir immer bestrebt, den Vermietungsstand zu optimieren“, betont Ruhl auf Nachfrage. Erst kürzlich sei mit dem Casino eine langfristige Vertragsverlängerung vereinbart worden. Wichtig sei die vielfältige Mischung aus Handel, Gastronomie und Freizeitangeboten.
Forum und Königsgalerie
Mit gut 57.000 m² Verkaufsfläche ist das 2008 eröffnete Forum das größte Einkaufszentrum in der Innenstadt. Die gute 80 Shops bieten einen Mix aus bekannten Marken und spezialisierten Einzelhändlern sowie Gastrobetriebe im Souterrain. Die Königsgalerie am Ende der Königstraße bietet eine ähnliche Mischung in 57 Läden auf gut 17.000 m² und wurde 2011 eröffnet. Beide Center wurden von Multi Development entwickelt und gebaut, dann an das niederländische Unternehmen Corio verkauft und sind nun seit März vergangenen Jahres im Besitz des französisichen Shopping-Center-Riesen Klépierre, einem in Paris börsennotierten Aktienunternehmen.
Seit Beginn dieses Jahres ist der 41-jährige Jan Harm als Centermanager zuständig für beide Einkaufsmalls. Er will die unterschiedlichen Profile der beiden Häuser schärfen: „Das Forum hat ein breites Angebot und bedient eine Klientel von jung bis alt. Die Königsgalerie dagegen richtet sich mehr an mittelalte und ältere Kunden, aber auch Familien.“ Während das Forum sehr viel Laufkundschaft zu seinen Besuchern zähle, profitiere die Königsgalerie eher vom Zielkauf der Kundschaft.
Während sich im Forum Geschäftswechsel und Leerstand im Normalmaß einer Mall bewegen, ist der Leerstand in der Königsgalerie fast erschreckend groß. Auf der ersten Etage ist etwa die Hälfte der Geschäfte nicht vermietet, im Erdgeschoss gut ein Drittel.
„Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die entsprechenden Marken für unsere Besucherklientele in die Häuser zu bekommen“, sagt Harm, betont aber gleichzeitig, die nächste regelmäßige Besucherbefragung abwarten zu wollen, um ein Gespür für die unterschiedliche Kundschaft zu bekommen.
Vor allem das Forum, das in der Mitte der Fußgängerzone liegt, soll wieder verstärkt in Aktivitäten der City eingebunden werden. Bereits früher fanden dort regelmäßig Veranstaltungen, etwa in Kooperation mit der Musikschule statt. „Shoppen bei uns muss einen Mehrwert gegenüber dem Kauf im Internet bieten.“
Der Experte: „Es geht nicht um Beton, sondern um Atmosphäre“
Das Averdunk-Center siecht vor sich hin, im City-Palais gibt es Leerstand und auch in der Königsgalerie und im Forum läuft es nicht rund. Prof. Hendrik Schröder, Experte für Marketing und Handel an der Universität Duisburg-Essen beschäftigt sich seit Jahren mit dem Einkaufsverhalten der Deutschen, forscht zur Verknüpfung von stationärem Handel und Online-Handel – und beobachtet, was Shopping-Malls im Ruhrgebiet machen. Ein Gespräch ordnet er die Duisburger Situation ein.
Täuscht der Eindruck, oder gibt es mittlerweile in jeder Stadt die gleichen Geschäfte?
Prof. Hendrik Schröder: Wenn dieser Eindruck entsteht, dann machen die Centermanager etwas falsch. Die meisten Mall-Betreiber sind schon bemüht, einen Mix anzubieten, den es so nicht in jeder Stadt gibt. Es stimmt natürlich, dass die großen Ankermieter in den meisten Shopping-Centern vertreten sind. Aber wenn man genau hinschaut, sind auch immer wieder Marken vertreten, die es nicht so häufig gibt – etwa Chuches, Bershka und Abercrombie & Fitch in Oberhausen.
Was ist dann das Alleinstellungsmerkmal, warum die Leute in Duisburg einkaufen sollten?
Schröder: Es geht nicht nur um Beton, Stahl und Glas, sondern um eine besondere Atmosphäre, die die Center schaffen.
In Duisburg wird derzeit über ein Outlet-Center diskutiert. Einige Politiker meinen, dass man so etwas gut in der Altstadt anbieten könnte. Eine gute Idee?
Schröder: Das ist die Frage. Sicherlich könnte ein Outlet-Center neue Kunden anziehen. Allerdings stellt sich die Frage, was mit den Marken wird, die ein Geschäft auf der Königstraße anbietet, und die dann auch im Outlet-Center vertreten sind. Es gibt einerseits Kunden, die wollen die neueste Kollektion kaufen. Andere Kunden würden dann vielleicht eher im Outlet schauen. Und was dann aus den Geschäften auf der Königstraße wird, ist nicht abzusehen.
Besonders hilfreich ist es wohl nicht, dass die angrenzenden Geschäfte zu den Centern zu unterschiedlichen Zeiten schließen.
Schröder: Man könnte dann meinen, dass es den Händlern offenbar noch nicht schlecht genug geht, wenn sie es nicht einmal schaffen, sich bei den Öffnungszeiten abzusprechen. Der Kunde, der einmal vor der verschlossenen Tür steht, merkt sich so etwas und fährt woanders hin.
Was machen das Centro oder das Center am Limbecker Platz in Essen besser?
Schröder: Das Thema Parken ist wichtig – kostenfrei oder zu niedrigen Preisen. Und in Essen hat der Center-Betreiber ECE eine App eingeführt, die den Händlern zum Beispiel die Möglichkeit gibt, Besucher zu informieren und Rabatt-Aktionen mitzuteilen. Der Kunde bekommt, wenn er ein paar Daten eingibt, auf ihn zugeschnittene Informationen und Neuigkeiten. Außerdem gibt es freies Wlan sowie eine persönliche Beratung an einem Videoterminal.
Hand aufs Herz – wann waren Sie selbst das letzte Mal shoppen?
Schröder: Ganz ehrlich, den Großteil meiner Einkäufe tätige ich inzwischen lieber online. Das ist bequemer, die Auswahl ist viel größer – und welches Einkaufserlebnis habe ich, wenn ich mich mit fremden Menschen durch Geschäfte schiebe, anschließend vor der Umkleidekabine warte und dann wieder an der Kasse stehe? Auch Online-Shops geben mir Einkaufserlebnisse.
Was ist mit der Beratung?
Schröder: Auch da haben Online-Shops aufgeholt. Sie bieten viele Formen der Beratung an, zum Beispiel telefonisch oder über Video.