Duisburg. Die extreme Trockenheit in 2018 hat fünf Prozent des Duisburger Waldbestandes zerstört. „Kommt nun noch so ein Sommer, wäre das der Super-GAU“.
Zwei Weltkriege, ungezählte Unwetter und heftigste Stürme hatte sie unbeschadet überstanden. Der Dürresommer 2018 war aber zu viel. Und deshalb stirbt die 220 Jahre alte und 40 Meter hohe Buche im Stadtwald derzeit still und langsam vor sich hin. Eine Chance auf Rettung dieses Naturdenkmals, das sich majestätisch in den Himmel über Neudorf erhebt, gibt es nicht. Und so wie diesem Prachtexemplar erging es laut Stadtförster Stefan Jeschke allein in Duisburg zigtausenden Bäumen. „Fünf Prozent unseres gesamten Baumbestandes ist durch die extreme Trockenheit im Vorjahr kaputt gegangen“, verdeutlicht Jeschke das Ausmaß. „Kommt nun noch so ein Sommer, wäre das der Super-GAU.“
Die Folgen des Klimawandels werden auch in Duisburg spürbarer. Die immer längeren Trockenzeiten im Laufe eines Jahres seien nur ein Merkmal, so der Stadtförster. Statistiken zeigen, dass in Duisburg im gesamten Jahr 2018 nur noch 466,9 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gefallen sind. „In den Vorjahren waren es mit im Schnitt rund 812 Litern pro Quadratmeter fast doppelt so viel“, betont Jeschke. Nur in zwei anderen deutschen Städten sei noch weniger Regen gefallen.
Der Wald käme rund 50 Tage ganz ohne Regen aus, so der Stadtförster, weil der Boden große Mengen an Wasser speichern könne. „Doch im Vorjahr ist zwischen Anfang Juni und Mitte August kein einziger Tropfen Regen gefallen. Das waren rund 75 Tage. Und das hat vor allem den ältesten und jüngsten Bäumen massiv geschadet“, sagt Jeschke. Die Leitungsbahnen in den Bäumen zum Transport der überlebenswichtigen Flüssigkeit seien verstopft worden. „Das ist in etwa mit einer Embolie im menschlichen Körper zu vergleichen“, so Jeschke. Die Folgen seien die gleichen: Mensch wie Baum droht in diesem Fall der Tod.
In den Duisburger Wäldern wären die Schäden noch heftiger ausgefallen, hätte die Feuerwehr nicht so beherzt helfend eingegriffen und wochenlang Grünflächen gewässert. „Mein Dank gilt der Branddirektion und den Kräften der Freiwilligen Feuerwehr, die diese Einätze vornehmlich übernommen hatten“, erklärt Jeschke. Rund 100.000 zumeist frisch gepflanzte Bäume konnten so vor dem Dürre-Tod bewahrt werden – etwa auf der Krupp-Deponie in Rheinhausen, auf einem Areal in Wehofen (Im Eickelkamp) oder im Neumühler Fiskuswäldchen.
Mit der Trockenheit kam auch die Schädlingsplage, in hiesigen Wäldern vor allem vertreten durch den Borkenkäfer. Der habe sich durch die Dürre nicht wie üblich zweimal innerhalb eines Jahres vermehrt, sondern viermal. Das hätten vor allem die Fichten-Bestände zu spüren gekommen, die laut Jeschke „schlichtweg aufgefressen wurden“. Durch die vom Ungeziefer irreparabel beschädigten Wurzeln starben die Fichten ab. „Wir versuchen noch, sie am Markt zu verkaufen. Derzeit sind die Lager aber überall so voll und die Preise dadurch derart im Keller, dass kaum Erlöse zu erzielen sind“, so Jeschke.
Der Stadtförster führt hinüber in ein Waldstück, in dem er vor vier Jahren hunderte Buchen angepflanzt hatte. Gut die Hälfte davon sind nun hinüber, weil Engerlinge (die Larve des Maikäfers) im Dürresommer auch hier wichtige Bestandteile der Wurzeln aufgefressen hatten und die jungen Bäume dadurch abgestorben sind. „Das tut in der Seele weh“, sagt Jeschke und seufzt, als er zur Anschauung eine der zerstörten Jungbuchen aus dem Boden zieht.
Verantwortung für die Zukunft
Auf den Schultern von Jeschke und seinem Stadtförster-Kollegen Axel Freude lastet mit Blick auf kommende Generationen eine besondere Verantwortung: Sie müssen heute bei Pflanzungen entscheiden, welche Bäume sie für so widerstandsfähig halten, dass sie auch in 50 oder 100 Jahren unter den dann herrschenden klimatischen Bedingungen überleben können. Ahorn, Rosskastanie, Fichte oder Erle seien perspektivisch gefährdet, weiß Jeschke. Die Douglasie oder der chinesische Urweltmammutbaum hätten sich hingegen als klimaresistent erwiesen. „Mit Blick auf die Vielfalt der Baumarten, die wir pflanzen wollen, müssen wir uns künftig viel breiter aufstellen“, kündigt Jeschke an.