Duisburg. Familien in Belastungslagen haben in Duisburg-Meiderich künftig einen neuen Anlaufpunkt: Das SOS-Kinderdorf will niedrigschwellig Hilfe anbieten.
Ein SOS-Kinderdorf hat mitten in der Großstadt eröffnet: In Duisburg-Meiderich gibt es jetzt eine Anlaufstelle, die mit ihrer großen Glasfassade gegenüber einem Kiosk geschickt liegt und ein bisschen Dorfplatz-Atmosphäre ausstrahlt. Die Betreiber nehmen es mit größter Gelassenheit, dass auch ein Wasserpfeifen-Café ansässig ist, es hat den schönen Namen SOS-Shisha.
„Wir wollen Kindern, Jugendlichen und Familien in Belastungslagen helfen“, sagt Prof. Dr. Sabina Schutter, die Vorstandsvorsitzende des Hilfswerks. Da in Großstädten häufiger mehr Armut und Ungleichheit herrsche, sei es naheliegend, ein Dorf in der Stadt zu eröffnen. „Wir wollen niedrigschwellig in den Sozialräumen präsent sein, so wie der Bäcker oder der Metzger.“
Das SOS-Kinderdorf in Meiderich hat ein Café, eine offene Beratung und eine Spielecke
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In enger Kooperation mit dem Jugendamt sei das Konzept entwickelt worden. Drei Fachkräfte sind vor Ort, es gibt eine tägliche offene Beratung, ein Café, Frühstücksangebote, eine Spielecke, perspektivisch einen kleinen Raum mit Behandlungsliege für gesundheitliche Vorsorge. „Die Tür ist immer offen“, verspricht Mitarbeiterin Jeannine Sprenger und Bereichsleiterin Judith Haesters ergänzt, dass Familien, denen der Strom abgedreht wurde, hier sogar Wäsche waschen können.
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Erste Angebote wie eine Geocaching-Tour durch die Stadtteile liefen bereits, in den Herbstferien soll das Thema Social Media angegangen werden.
Vermittlung in Erziehungsstellen
Eine zentrale Aufgabe des Standortes soll die Vermittlung von Kindern in Erziehungsstellen sein, Eltern also, von denen mindestens ein Teil Profi auf dem Gebiet ist. In den Kinderdörfern leben im Schnitt sechs Kinder mit einer Mutter. Manche Kinder würden aber besser in kleineren Systemen klar kommen, „dem müssen wir gerecht werden“, sagt Schutter.
Aktuell seien zwei Familien nach einer sechsmonatigen Vorbereitung „in der Anbahnung“. Die Kinder würden spezielle Herausforderungen mitbringen, hätten seelische Behinderungen, Bindungsabbrüche, Erfahrungen aus einem schwierigen Elternhaus. „Wir wollen Standards für die Vermittlung setzen“, sagt Haesters, aber bei aller Professionalität: Am Ende müssen sie sich mögen, die potenziellen Eltern der Erziehungsstelle und das Kind.
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Peter Schönrock, der Leiter des SOS-Kinderdorfs Niederrhein, betont, dass Erziehungsstellen kein normaler Job, sondern ein Lebensmodell seien. Die Herausforderung sei groß, und mit dem neuen Standort will man möglichst starke Unterstützung leisten.
Bei der feierlichen Eröffnung am Freitag betonte Sören Link, dass er froh sei über diesen „erfahrenen Akteur“, der nach Meiderich passt. Der Oberbürgermeister feierte den Tag mit Jugendamtsleiter Hinrich Köpcke und Familien-Dezernent Paul Bischof.
Für die Meidericher Räume, die im vergangenen Jahr bezogen wurden, ist das SOS-Kinderdorf zunächst in Vorleistung getreten. „Bis Winter wird sich der Standort tragen“, ist Schönrock sicher. Dann nämlich kommen die Zahlungen des Jugendamtes für die Begleitung der Erziehungsstellen zum Tragen.
>> DAS SOS-KINDERDORF NIEDERRHEIN
- Das SOS-Kinderdorf Niederrhein ist mit 300 Beschäftigten und 50 Ehrenamtlern an rund zehn Standorten die größte Einrichtung des deutschlandweit aktiven Vereins.
- Im Kinderdorf in Matterborn leben 80 Kinder und Jugendliche in Kinderdorf-Familien.
- Die Hilfsorganisation, die sich durch Spenden und öffentliche Mitteln finanziert, engagiert sich aber auch in der Beruflichen Bildung und der Kinder- und Jugendhilfe, betreibt zwei Kitas in Kleve und bietet ambulanten Hilfen zur Erziehung an
- Weitere Infos: https://www.sos-kinderdorf.de/kinderdorf-niederrhein/angebote/duisburg