Duisburg/Mülheim. Anwalt Ralf Bender vertritt etliche S-Prämiensparer gegen die Sparkasse Duisburg. In welchen Fällen er trotzdem – noch – von einer Klage abrät.
Ralf Bender warnt verärgerte Sparkassen-Kundinnen und -Kunden davor, die öffentlich-rechtliche Bank voreilig zu verklagen. Der Anwalt vertritt etwa 30 Verbraucher, denen die Sparkasse in Duisburg beziehungsweise Mülheim langfristig angelegte Verträge („S-Prämiensparen flexibel“) vor Ablauf der Höchstlaufzeit von 25 Jahren gekündigt hat, um die hohen Prämien nicht mehr zahlen zu müssen. Bender hat in etwa 40 Verfahren für seine Mandanten Kündigungen angefochten und/oder Zinsen nachgefordert, da die Zinsanpassungsklauseln in den alten Verträgen laut BGH-Urteil unwirksam waren (Aktenzeichen: XI ZR 234/20; wir berichteten). Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht empfiehlt Betroffenen dennoch, die Sparkasse Duisburg – zumindest in Fragen der Kündigung – zurzeit noch nicht zu verklagen.
Der 54-Jährige rät wegen der aktuellen Rechtsprechung, „zunächst gerade keinen Rechtsstreit anzustrengen, sondern, soweit Verjährungsfristen nicht dagegen sprechen, obergerichtliche Rechtsprechung abzuwarten“. Bender hat zwar in erster Instanz wie einige andere Anwälte Erfolge gegen die Sparkasse feiern können: So berichtet der Duisburger, dass die Abteilungen 502, 503 und 514 des Amtsgerichtes „Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Kündigung der Prämiensparverträge im Sinne der Sparer entschieden“ haben.
Prämiensparverträge der Sparkasse Duisburg: Berufungskammer am Landgericht entscheidet gegen Verbraucher
Allein zuständig ist danach – die Sparkasse geht immer in Berufung – allerdings die 7. Zivilkammer am Landgericht. Diese hebe „erstinstanzliche Urteile, die im Sinne der Verbraucher ergangen sind, ausnahmslos auf“, so Benders Erfahrung. Eine Revision lasse das Gericht regelmäßig nicht zu.
Bekommt die Sparkasse am Amtsgericht Recht, weise die 7. Kammer des Landgerichts Berufungen ohne mündliche Verhandlungen wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit im Beschlusswege zurück. „Hierbei wird die Frage der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere der Nummer 26, derzeit gar nicht mehr ernsthaft diskutiert“, kritisiert Bender, der als Honoraranwalt für die Verbraucherzentrale NRW den Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht berät.
Zur Erinnerung: Die Sparkasse kündigte unter Berufung auf ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2019 (Az.: XI ZR 345-18) 11.500 Verträge, die zwischen Mai 1995 und September 2004 abgeschlossen worden waren: „Auf der Basis des BGH-Urteils, nach dem langfristige unbefristete Sparverträge dann kündbar sind, nachdem die höchste Prämienstaffel mindestens einmal gezahlt wurde, haben wir von unserem ordentlichen Kündigungsrecht nach Nummer 26, Absatz 1 der AGB Gebrauch gemacht“.
Auf Nummer 26 könne sich die Sparkasse seit dem BGH-Urteil vom 27. April 2021 (Az.: XI ZR 26/20) allerdings nicht mehr berufen, argumentiert auch Bender. Denn der BGH hatte entschieden, „dass Klauseln in AGB einer Bank unwirksam sind, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der AGB und Sonderbedingungen fingieren“.
Wer als Kläger verliert, hat endgültig verloren
2015 setzte die Sparkasse bei einer AGB-Änderung jedoch eine solch stillschweigende Zustimmung der Kunden voraus. Abgesehen davon: Auch Bender vertritt die Ansicht, dass es sich bei den strittigen Duisburger Verträgen gar nicht um unbefristete Verträge handelt.
Er hatte am Landgericht „versucht, durch Anträge auf Zulassung der Revision, Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit oder Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung jedenfalls des Oberlandesgerichts“ rechtskräftige Entscheidungen zu verhindern – ohne Erfolg.
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Das Problem im Falle gescheiterter Verfahren: Im Zivilrecht ist das Urteil nach dem Richterspruch rechtskräftig. Selbst wenn Obergerichte in Zukunft für eine andere Rechtsprechung sorgen sollten, nützt dies den zuvor gescheiterten Klägern nichts mehr. Besonders ärgerlich ist dies für Sparer ohne Rechtsschutzversicherung, die auf Gerichts- und Anwaltskosten sitzen bleiben.
Warten auch auf die Klärung des Zinsreihen-Streits
Auch Sparern, die wegen laut BGH „rechtswidriger Zinsanpassungsklauseln“ (Aktenzeichen: XI ZR 234/20) Zinsen nachfordern wollen, rät Bender zur Geduld. (Zumal der BGH bereits final geurteilt hat, dass die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche auf Zinsnachzahlung erst am Ende des Jahres beginnt, in dem die Verträge jeweils beendet wurden – im Falle der 2020 gekündigten Verträge also erst Ende 2023.) Denn offen ist die Frage, nach welcher Zinsreihe die Sparkasse die Nachverzinsung vorzunehmen hat – von dieser hängt die Höhe der Nachzahlungen ab (wir berichteten).
„Nachdem der Bundesgerichtshof den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Dresden zurückverwiesen hat, gehen die meisten mir bekannten Abteilungen des Amtsgerichts sowie Kammern des Landgerichts davon aus, dass die zutreffende Festlegung der Zinsreihe im Rahmen eines Sachverständigengutachtens geklärt werden muss“, so Benders Einschätzung.
Referenzzins: Verfahren am OLG Düsseldorf ab September
Welche Auffassung das Oberlandesgericht Düsseldorf zum Referenzzins vertritt, wird sich ab September zeigen. Bender setzt Hoffnungen in drei seiner Verfahren, in denen es am OLG sowohl um die Wirksamkeit der Kündigung als auch um den Referenzzins für die Nachzahlung geht.
Die dritte und die zehnte Zivilkammer des Landgerichts hatten jüngst die Richtigkeit der Zinsreihe WX 4260 im Falle der Nachverzinsung bestätigt. Laut Urteil soll ein Kläger so von der Sparkasse 15.895,59 Euro Zinsen für die Zeit vom Vertragsbeginn 1996 bis zum 30. Juni 2021 zurückbekommen (Az.: 3 O 412/21). Die Sparkasse ist in Berufung gegangen. Für sie hatte ihr Sprecher Andreas Vanek jüngst bekräftigt: „Die Berechnung auf Basis der Zinsreihe WX 4260 ist zur Feststellung etwaiger Nachzahlungsansprüche nicht geeignet.“
>> ZINSNACHZAHLUNGEN: DIESES VORGEHEN EMPFIEHLT DER FACHANWALT
■ Zur Einforderung von Zinsnachzahlungen empfiehlt Anwalt Bender: In einem ersten Schritt sollten Prämiensparer durch die Verbraucherzentrale Sachsen Zinsnachzahlungen für eigene Altverträge berechnen lassen (Kosten pro Vertrag: 90 Euro).
■ Mit dem Ergebnis dieser Rechnung können sie die Sparkasse Duisburg schriftlich auffordern, die Zinsen zu erstatten. Mit der Antwort beziehungsweise dem Gegenangebot der Sparkasse seien Kunden dann bei der Verbraucherzentrale oder Fachanwälten an der richtigen Adresse.