Duisburg. Die Atom-Angst wegen des Ukraine-Kriegs greift offenbar auch in Duisburg um sich. Was ein Apotheker zur großen Nachfrage nach Jod-Tabletten sagt.
Russland hat im Krieg gegen die Ukraine seine Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt sowie Europas größtes Atomkraftwerk Saporischschja beschossen und teilweise in Brand gesetzt. Radioaktivität soll nicht frei gesetzt worden sein. Aber die Atom-Angst geht in Deutschland um. Wie Christoph Herrmann, Sprecher der Apotheker in Duisburg, auf Nachfrage der Redaktion mitteilt, sei die Nachfrage nach hoch dosierten Jodtabletten riesig.
Hintergrund: Bei einem nuklearen Not- beziehungsweise Unfall entsteht radioaktives Jod. Wird es eingeatmet oder über die Nahrung aufgenommen, reichert es sich mit der Gefahr von Krebserkrankungen in der Schilddrüse an. Mit der Einnahme sogenannter Kaliumiodtabletten könne dies mit „gutem Jod“, so Herrmann, verhindert werden.
Apotheker-Sprecher in Duisburg warnt, Jodtabletten ohne fachliche Anleitung einzunehmen
„Derzeit gibt es dafür aber keinen Grund - schon gar nicht prophylaktisch“, stellt der Apotheker-Sprecher klar. Er warnt zudem davor, die Tabletten selbst, ohne fachliche Anleitung einzunehmen. „Sie sind 500 bis 1000 Mal höher dosiert als die Tabletten, die man etwa gegen Jodmangel einnimmt“, erklärt Herrmann. „Die Risiken von nicht unerheblichen Nebenwirkungen können höher als der Nutzen sein, zum Beispiel bei Menschen mit einer Schilddrüsenüberfunktion.“
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Zudem werde über 45-Jährigen die Einnahme dieser Kaliumiodtabletten nicht empfohlen. „Ich bin 56, würde sie aber so oder so selbst bei einem Atomunfall in der Ukraine nicht nehmen“, so Herrmann. „Eine radioaktive Wolke müsste uns dann ja auch erst einmal erreichen und die Konzentration entsprechend sein.“
Er habe sich allerdings bereits vor einigen Jahren Kaliumiodtabletten zugelegt, nachdem erhebliche Sicherheitsmängel im belgischen Atomkraftwerk Tihange bekanntgeworden waren. „Da wäre die Wolke nach einem Reaktorunfall bei üblichem Südwestwind in ein paar Stunden da.“
Kaliumiodtabletten derzeit nicht verfügbar
Mal abgesehen davon, dass Herrmann aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit derzeit gar keine Kaliumiodtabletten verkaufen könne, gebe es aktuell aber keinen Anlass, sich einen entsprechen Vorrat anzulegen – „zumal der Bund entsprechend vorgesorgt hat“, so der Apotheker-Sprecher.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hatte 2019 Jodtabletten bestellt, um die Bestände von damals 137 Millionen Tabletten zu ersetzen und aufzustocken. So sollen den Bundesländern nun 189,5 Millionen Jodtabletten zur Verfügung stehen, um in einem nuklearen Notfall die Bevölkerung zu schützen.
Das BfS betont, dass die Tabletten nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Katastrophenschutz-Behörden eingenommen werden dürfen – und nur in der von den Behörden genannten Dosis. Zudem werde die gewünschte Wirkung nur erreicht, wenn die Tabletten zum richtigen Zeitpunkt eingenommen werden.