Dortmund. Was bewegt eine 23-jährige Sauerländerin, in den Sozialen Netzwerken fürs Jagen zu werben? Ein Gespräch auf der Messe Jagd & Hund in Dortmund.
„Hi, ich bin’s, Lucy vom Landesjagdverband NRW“ – mit diesem Satz nimmt Lucy Frauns zehntausende Follower auf Instagram und TikTok mit in ihre Welt: die Wälder bei Warstein.
Martialische Posen mit toten Tieren sucht man auf ihren Profilen vergeblich. Die junge, sportliche Sauerländerin zeigt sich beim Wandern, Skifahren und Turnen, aber auch mit geschultertem Gewehr im Unterholz und beim Schießtraining. Viele ihrer Videos haben einen erklärenden Charakter – von Schweinepest über Fortbildung für Hund und Frauchen bis hin zu politischen Themen wie das Waffengesetz. Das offenkundige Motto: Aufklärung statt Provokation.
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Jagd und Tierschutz: Lucys Kampf gegen Klischees
Geerbt hat Lucy die Leidenschaft fürs Jagen nicht. Es waren der Jagdschein ihres Bruders und die Ausbildung des Deutschen Drahthaar Alma (5), die ihre Begeisterung entfachten: „Ich habe gesehen und gelernt, wie da draußen alles zusammenhängt.“
„Das klassische Klischee ist: Jäger schießen einfach alles, was kommt“, sagt die inzwischen hauptberufliche Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Social Media beim Landesjagdverband NRW. „Das ist ein alter Mythos von früher, gegen den wir unbedingt ankämpfen müssen. Mir ist bewusst geworden, dass wir alleine die Verantwortung dafür tragen, wie die Gesellschaft uns Jäger sieht. Deshalb müssen wir transparent zeigen, was wir machen. Und die Notwendigkeit unseres Handelns eben auch aufzeigen“, so die 23-Jährige. Das fanden anfangs nicht alle gut: „Meine Freundinnen vom Sport waren zuerst sehr skeptisch, einige sind Vegetarierinnen.“
Ähnlich sei die Reaktion im männerdominierten Jagdverband gewesen (deutschlandweit ca. 10 % weibliche Mitglieder): „Die haben anfangs sehr kritisch auf meine Aktivitäten geschaut.“ Nach einiger Zeit habe es dann aber einen totalen Meinungsumschwung gegeben, da deutlich wurde, dass Videos der studierten Medienpädagogin viel mehr Menschen erreichen als das traditionelle Mitgliedermagazin. Es gebe unzählige Biotopschutzstiftungen und Hegemaßnahmen, „die sich halt keiner in Zeitschriften anguckt. Auf Social Media ist das anders.“ Mittlerweile bekomme sie häufig Anfragen für Videoproduktionen, etwa von Waldschulen und Veranstaltern. Negativen Kommentaren sei sie in den Sozialen Netzwerken fast gar nicht ausgesetzt.
Bilder von toten Tieren triggern Hass
Bei Andreas Barth (49) ist das anders – er musste schon mehrfach Anzeige erstatten. Der Polizist aus der Nähe von Hamburg ist mit seinem Youtube-Format „Dreispross“ seit 2010 eine feste Größe der Jagd-Community. Er zeigt auch Bilder von toten Tieren: „Ich bin auch stolz auf die Leistung. Das versteht ein Nicht-Jäger nicht, sondern interpretiert diese Bilder als Lust am Töten.“ Zur Jagd gehöre nun mal aber auch das Nehmen von Leben: „Wir dürfen uns da auch nicht verstecken, das verniedlichen oder verharmlosen.“ Unter seinen Videos sammeln sich deshalb phasenweise Hasskommentare: „Du Mörder, du bist wie Hermann Göth, dich müsste man genauso abknallen und solche Geschichten“, zitiert er.
Fotostrecke: Eindrücke der „Jagd & Hund“ in Dortmund
In seiner Jugend sei er selbst Jagdkritiker gewesen. Als Gründe identifiziert er im Nachgang weitverbreitete Wissensdefizite und eigene, unschöne Begegnungen mit Jägern im Wald. „Es gibt leider auch immer noch Charakterschweine. Aber ich kämpfe dafür, dass die ins Abseits gestellt werden“, betont der Youtuber.
Wissensdefizite und Jäger als Anwalt des Wildes
Sein Credo: „Liebt die Natur genauso wie wir – und was man liebt, das schützt man.“ Dem stimmt Lucy Frauns zu: „Es geht darum, als Anwalt des Wildes dafür einzustehen, das Wild im Blick zu haben, die Bestände im Blick zu haben.“ Der Mensch zerstöre mit Infrastruktur und Landwirtschaft die Lebensräume der Tiere, was wiederum ein Eingreifen unumgänglich mache.
Ein Kommentator habe ihr mal die Frage gestellt, ob sie denn gar nicht tierlieb sei: „Aber das ist doch genau das, was wir sind. Deshalb machen wir das. Weil wir so eine tiefe Verbundenheit zur Natur und zu den Tieren haben, dass wir viel Zeit und Geld investiert haben, um zu lernen, wie wir sie am besten schützen können.“ Und schützen heiße nun mal auch, zu schießen, wenn Tiere krank seien oder der Bestand reguliert werden müsse.
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