Dortmund.. Weil an einer Dortmunder Grundschule die Hälfte des Unterrichts ausfiel, drohte der kompletten Klasse 2a das Sitzenbleiben. Alle Kinder bekamen einen “Blauen Brief“. Erst als die Eltern die Medien einschalteten, wurde die Schule aktiv. Nun gibt es Förderunterricht.
Gewöhnlich geht es ruhig zu hinter der rotbraunen Backsteinfassade der Steinhammer-Grundschule im Dortmunder Ortsteil Marten. So ruhig halt, wie es an Grundschulen eben möglich ist. „Eine gute Schule“, sagt denn auch Schulpflegschaftsvorsitzende Melanie Markwardt, die am Mittwoch im Kindergeschrei auf dem Schulhof versucht, Reportern Rede und Antwort zu stehen. „Wir wollen nicht, dass der eigentlich gute Ruf der Schule Schaden nimmt“, sagt Markwardt immer wieder. Erste Zweifel von Eltern, die ihre Kinder in Marten gerade neu angemeldet haben, sind ihr freilich schon zu Ohren gekommen.
Seit einer Woche nämlich herrscht Ausnahmezustand an dem idyllischen Lernort im Westen der Stadt. Weil monatelang der Unterricht ausfiel, droht fast einer ganzen Klasse der schlimmste anzunehmende Unfall einer noch jungen Schullaufbahn: Sitzenbleiben. Alle 20 Kinder der 2a hatten in den vergangenen Wochen „Blaue Briefe“ mit nach Hause bekommen: Versetzung gefährdet. Der Grund: Das Leistungsdefizit der meisten Schüler ist so groß, dass an ein Weitermachen in der dritten Klasse unter normalen Umständen nicht zu denken ist.
Doch normal sind die Umstände in der Klasse 2a schon lange nicht mehr. Im vergangenen Herbst erkrankte die Klassenlehrerin. So etwas kommt vor. Dafür gibt es einen Vertretungspool. Doch ganz offenbar gelang es weder der Schulleitung noch dem örtlichen Schulamt, nachhaltig für Ersatz zu sorgen – trotz zahlreicher Einwände, Proteste und Beschwerden der Eltern. Auch die Vertretungslehrerin wurde krank. Erst seit März ist die 2a wieder in festen Händen einer Klassenlehrerin. Bis dahin soll sich der Unterrichtsausfall auf nahezu 50 Prozent summiert haben. Unmöglich, das aufzuholen.
Eltern liefen Sturm, doch es passierte wenig
Obwohl die Eltern Sturm liefen, passierte wenig. „Wir haben uns erst an die Schulleiterin und dann an das Schulamt gewandt“, sagte Klassenpflegschaftsvorsitzender Jens Gatterdam. Er habe zusehen müssen, wie die Leistungen seines Sohnes immer mehr abfielen – „mehr oder weniger ohnmächtig“. Der „Blaue Brief“ kam für den Vater am Ende nicht einmal mehr überraschend.
Die Vorgänge in Marten haben inzwischen die zuständige Schulaufsicht der Bezirksregierung in Arnsberg auf den Plan gerufen, freilich erst, nachdem sich betroffene Eltern an die Medien gewandt hatten. Immerhin: Für die Klasse 2a dürfte die Sache jetzt glimpflich ausgehen. Die „Blauen Briefe“ sind vom Tisch. Die seien allein schon wegen eines Formfehlers unwirksam, beruhigt Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung.
Jedes Kind wird nun individuell betreut
Am Mittwoch noch wollten sich Bezirksregierung und Schulamt mit den Eltern der 2a ins Benehmen setzen. Ziel: Allen Kindern die Versetzung in die nächste Klasse zu ermöglichen. Schnellstmöglich soll nun ein Förderkonzept auf die Beine gestellt werden. Jedes einzelne Kind werde individuell betreut, damit es die Lernrückstände wieder aufholen könne, versichert Söbbeler. Weil das bis zu den Ferien kaum mehr zu schaffen sei, werde die Förderung im nächsten Schuljahr weitergeführt.
Wie es überhaupt soweit kommen konnte, muss die Schulaufsicht ebenfalls in den nächsten Wochen klären. Söbbeler: „Hier ist wohl einiges schief gelaufen. So etwas darf nicht passieren.“ Den Fall an der Steinhammer-Grundschule nannte der Behördensprecher „außergewöhnlich“. Um Unterrichtsausfälle zu kompensieren, gebe es schließlich ein ausreichendes Instrumentarium. Personelle Konsequenzen schloss die Bezirksregierung jedenfalls nicht aus.