Dortmund..

Hat ein siebenjähriger Dortmunder die Lösung für die Ölpest im Golf von Mexiko gefunden? Erstklässler Lawrence Wechsung ist hochbegabt – und verschlingt Chemiebücher wie seine Altersgenossen Comics.

Es gibt vielleicht eine Lösung für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Der Einsatz von Schwefelsäure könnte helfen. Denn Schwefelsäure würde das Öl verklumpen. Das ist der Vorschlag, den Lawrence Wechsung aus Dortmund den Chemikern von BP gemacht hat. Lawrence ist sieben Jahre alt und geht in die erste Klasse. Er ist hochbegabt.

Das Periodensystem kennt er auswendig





Mit vier Jahren konnte er lesen und schreiben. Seitdem studiert er vor allem Chemie- und Physikbücher. Das Periodensystem kennt er auswendig wie Gleichaltrige ihre Kinderreime. Seine Hochbegabung ist ein Geschenk und auch eine Belastung. „Er wollte noch nie spielen“, so seine Mutter Martina Wechsung. Sein „Spiel“ ist Forschen und Entwickeln. „Er hat selber Geräte gebaut, hält mir darüber Vorträge, dass alles Leben aus Gasen entstanden ist, verbringt mit mir die Wochenenden auf Ausstellungen und Messen.“ Statt Spidermann hängt ein Porträt von Max Planck über seinem Bett.

Lawrence hat, so widersinnig das klingt, Probleme in der Schule. Denn Lehrer können zwar Schulleistung gut diagnostizieren, aber nicht unbedingt Intelligenz. Das begann mit seiner Einschulung, für die es drei Anläufe brauchte. Denn beim Einschulungstest sollte er Blümchen malen und weigerte sich. Stattdessen wollte er lieber einen Schaltplan zeichnen, womit er keinerlei Verständnis bei der Prüferin fand. Auch der Unterricht unterfordert ihn und er selbst findet ihn schnell „langweilig“, wird deshalb unruhig, unkonzentriert und hampelig. Kontakte zu den Mitschülern gestalten sich schwierig, denn deren Interessen sind nicht seine. „Die spielen mit Autos. Für mich sind das nur Schrottkisten.“

Gleichaltrige finden Lawrence seltsam...

Umgekehrt finden die Gleichaltrigen seine Interessen „seltsam.“ Die Konsequenzen aus dem gegenseitigen Nicht-Verstehen sind schnell Streitereien und Mobbing. Lawrence hat, wie viele Hochbegabte, Defizite im Sozialverhalten. „Diesen Jungen mit Gleichaltrigen zu integrieren, es nur halbwegs hinzubekommen,“ sagt seine Mutter, „ist eine besondere Leistung.“ Genau das schafft Kristina Kohl. Die 20-Jährige absolviert ihr Freiwilliges Soziales Jahr bei der Evangelischen Kirche und ist Integrationshelferin für „Lauri“, wie sie ihn liebevoll nennt.

„Ich begleite ihn während dem Unterricht und sitze neben ihm.“ Sie motiviert ihn, wenn es ihm langweilig wird, gibt ihm Hinweise, wann er sich melden und wie er mitarbeiten soll. „Da hat Frau Kohl richtig gute Arbeit geleistet“, so das dicke Lob von Martina Wechsung. Und Kristina Kohl leistet nicht nur an dieser Stelle „richtig gute Arbeit“. „Ich komme nur mit Erwachsenen klar“, gesteht Lawrence selbst. „Die anderen Kinder greifen mich oft an.“ Hier geht Kohl dazwischen, erkennt, welche Seite begonnen hat, schlichtet und greift mitunter auch durch – bereits dann, wenn sich Mobbing nur anbahnt. Sie weiß mittlerweile „wie Lauri tickt“ und hat ein herzliches Verhältnis zu ihm aufgebaut. Das Ergebnis fasst Lawrence Mutter so zusammen: „Bei dem Gespräch mit der Schuldirektorin kam am letzten Montag zu Tage, dass es eine enorme positive Entwicklung in seinem Sozialverhalten gibt, dank Frau Kohl.“

Kristina Kohl hilft bei der „Integration“

Die nicht alltägliche Leistung von Kristina Kohl ist jetzt von Paul-Gerhard Stamm, dem Vorstandsvorsitzenden der Vereinigten Kirchenkreise Dortmund und Lünen, gewürdigt worden. „Sie haben eine hervorragende Arbeit gemacht.“ Kristina Kohl und Lawrence werden sich bestimmt vermissen. Denn ab dem kommenden Semester will die junge Frau studieren. „Soziale Arbeit oder auch Sonderpädagogik, mal schauen, wo ich einen Studienplatz bekomme.“