Dortmund. Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange ist darum bemüht, den ewigen Stress zwischen Nazi-Gegnern und der Polizei abzubauen. Beim Arbeitskreis “Christen gegen Rechtsextremismus“ der evangelischen Kirche äußerte der Jurist seinen Respekt vor den Rathaus-Blockierern der Kommunalwahlnacht.

Am Abend der Kommunalwahl am 27. Mai 2014 wollten 100 Teilnehmer einer Wahlparty eine Gruppe von aggressiv auftretenden Neonazis daran hindern, das Rathaus am Friedensplatz zu betreten. Die Polizei ermittelt gegen 44 Rathaus-Blockierer - wegen angeblicher Nötigung. Aktuell prüft die Staatsanwaltschaft jeden Einzelfall. "Be- und entlastendes Material wird zusammen getragen. Dann sehen wir, was überhaupt daraus wird", sagte Polizeipräsident Gregor Lange am Mittwochabend (27.8.) im Reinoldinum der evangelischen Kirche am Schwanenwall vor 40 Gästen.

Den Vorwurf der "Kriminalisierung" der Rathaus-Blockierer, geäußert von Pfarrer Friedrich Stiller, wollte Lange nicht stehen lassen. "Es gibt noch kein Urteil", stellte der Jurist klar, lediglich einen Anfangsverdacht, dem die Polizei habe nachgehen müssen. Lange war Gast der evangelischen Kirche und neben Pfarrer Friedrich Stiller und Sabine Fleiter von der evangelischen Studierendengemeinde Teilnehmer einer wohltuend sachlichen Diskussion über das Verhältnis zwischen Nazi-Gegnern und der Polizei.

Den Blick nach vorn versucht

Bei aller Kritik an der Polizei und auch der Kritik Gregor Langes an der Gewaltbereitschaft auch von Nazi-Gegnern blickten Pfarrer Stiller und der Polizeipräsident nach vorn. Dortmund müsse darüber nachdenken, wie der Einsatz gegen den Rechtsextremismus in Dortmund zielführend fortgesetzt werden müsse, sagte Friedrich Stiller. Lange forderte eine politische Auseinandersetzung mit dem Thema Rechtsextremismus.

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In der Diskussion betrachteten Redner immer wieder kritisch die Rolle der Polizei in Dortmund. Sabine Fleiter über die Perspektive von Demonstrations-Anmeldern, die gegen Nazis auf die Straße gehen wollen: "Da gibt es einen Spagat zwischen dem, was wir in Kooperationsgesprächen von der Polizei hören und dem, was im operativen Geschäft tatsächlich passiert. Wir haben immer das Gefühl, dass wir in der tatsächlichen Ausführung vor Ort zurück gedrängt werden."

Polizei und Nazi-Gegner — mehr gegeneinander als miteinander

Deutlich Kritik geübt wurde auch daran, dass Polizei und Nazi-Gegner eher gegeneinander als miteinander arbeiten. Der Polizeipräsident will weg davon. "Polizei und Zivilgesellschaft - für mich ist das eine künstliche Trennung. Denn die Polizei ist Teil der Zivilgesellschaft. Wir arbeiten aber nicht alle auf der gleichen Position. Mit verteilten Rollen müssen wir unsere Aufgaben erledigen." Weiter sagte er: "Der Streit unter den Demokraten nützt nur einer Gruppe in Dortmund - das sind die Rechten.

Ein Thema der Diskussion war der Wahlabend am 27. Mai 2014 vor dem Rathaus. Pfarrer Friedrich Stiller sprach von einem "rätselhaften", "tendenziösen" und "lückenhaften" Bericht der Polizei über die Vorkommnisse. Die Landtagsabgeordnete Daniela Schneckenburger hielt der Polizei vor, dass sie das ihr entgegengebrachte Vertrauen nicht erwidere. Die Rathaus-Blockierer seien "massiv diskreditiert" worden. Im Rückblick auf den Wahlabend erwiderte der Polizeipräsident: "Das Ergebnis kann uns alle nicht zufrieden stellen. Das war ein Rückschritt für uns alle."

Nazis im Dorstfelder Alltag

Vor ganz anderen Problemen stehen die Bürgerinnen und Bürger in Dorstfeld. Denn sie begegnen den gefährlichen Rechtsextremisten nicht gelegentlich auf Demonstrationen, sondern im Alltag. "Wir begegnen diesen Leuten tagtäglich. Überall", berichtete Fritz Gnad von der Elias-Gemeinde in Dorstfeld über das Auftreten der "Hardliner", die Siedler- und Gemeinde- und andere Feste besuchen würden. Sein Appell: "Die Zivilgesellschaft muss sich auch für diesen Alltag stärken."

Um diesen Alltag ging es in der Diskussion kaum. Das Thema "Demonstrationen" dominierte die Debatte. Deutlich wurden Konflikte unter den verschiedenen Initiativen in Dortmund, die wegen unterschiedlicher Ideologien nicht an einem Strang ziehen, obwohl sie ein gemeinsames Ziel haben - den Rechtsextremismus in der Stadt abzuwürgen. Deutlich wurde immer wieder das "Gegeneinander" zwischen ihnen und der Polizei, die nicht immer auf friedlichen Protest stößt.

Kooperation Polizei und Schule

Polizeipräsident Gregor Lange und Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann wollen das Thema "Gefahr durch Rechtsextremismus" stärker in den Schulen etablieren. Das Schuldezernat der Bezirksregierung und die Dortmunder Polizei bereiten eine Initiative vor.

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