Dortmund.. NRW-Innenminister Ralf Jäger diskutierte in Dortmund über die Mittel, die Behörden und Bürger im Kampf gegen Neonazis zur Verfügung stehen. Er unterstrich die Bedeutung der Versammlungsfreiheit, die auch für Nazis gelte.
Dass es eine Antwort auf die Frage „Dortmund Hochburg der Neonazis, oder des Widerstandes?“ geben würde, hat wohl niemand erwartet. Dafür gab es mit Innenminister Ralf Jäger bei der Podiumsdiskussion im Wichernhaus eine Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit. Zudem hatte Jäger im Hinblick auf die kommenden Nazi-Aufmärsche Antworten auf Fragen parat, die einige der über 100 Anwesenden wohl so nicht erwartet hätten.
Jusos und Unterbezirk der SPD hatten zu der Veranstaltung eingeladen - das noch weit vor Aufdeckung der Gräueltaten der Zwickauer Terrorzelle, wie Nadja Lüders (MdL) auf dem Podium betonte. Jäger erklärte zu Beginn, dass er vor drei Monaten nicht geglaubt hätte, dass eine Bande unerkannt durch Deutschland ziehen und schwerste Straftaten bis hin zu Mord begehen könnte.
Pannen bei Sicherheitsbehörden
Dabei habe es auch, so der NRW-Minister, Pannen bei den Sicherheitsbehörden gegeben. Man müsse daraus lernen und diese neu aufstellen. Und er betonte, dass repressive Maßnahmen nie reichen werden, um das Problem Neonazis in den Griff zu bekommen. Aus der Mitte der Gesellschaft müsse man die Demokratie in unserem Lande stärken, um den Neonazis zu begegnen. Zudem wiederholte Jäger, dass er ernsthaft ein weiteres NPD-Verbot betreiben wolle, „wenn man Aussicht auf Erfolg hat.“
Er betonte, dass Dortmund am 3. September 2011, „wirklich Flagge gezeigt hat“. Der Einsatz eines Wasserwerfers, wenn auch nur für 15 Sekunden, zeige, „wie gewaltbereit ein kleiner Teil der Demonstranten“ waren. Der Einsatz sei richtig gewesen, aber nicht gut. Man dürfe ein Fehlverhalten der Polizisten nicht unter den Tisch kehren, solle aber bedenken, „dass die Polizisten nicht die Rechtsextremen schützen, sondern die Versammlungsfreiheit.“
Es ärgere ihn auch, dass die Neonazis durch die Nordstadt ziehen. Doch: Auch wenn er die Mittel dazu habe, wisse er nicht, ob er sie für ein Verbot der rechten Aufzüge nutzen würde. Denn dagegen stehe das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit „auch für die, die unsere Demokratie abschaffen wollen“.
Dialog mit der Polizei
Anders als die Jusos, die sich in diesem Jahr erneut an Sitzblockaden gegen die Neonazis beteiligen wollen, betonte Jäger: „Wer sich hinsetzt, um Rechte aufzuhalten, ist auf dem Holzweg.“ Man könne mehr machen als Sitzblockaden als Höhepunkt des Widerstandes anzusehen.
Gleichwohl appellierte er am Mittwochabend auch in diesem Zusammenhang, den Dialog mit der Polizei im Vorfeld des Antikriegstages 2012 zu suchen und mahnte „mehr Kommunikation an, um das Demogeschehen für die Polizei nicht zu erschweren.“ Auf die Justizschelte von Ex-DGB-Chef Eberhard Weber (die Rädelsführer des Überfalls auf die Mai-Kundgebung seien erst 2012 vor Gericht), brach Jäger eine Lanze für die Richter, sie seien unabhängig.