Bottrop. Die Natur kehrt zurück zu Emscher, Boye und Co. Aber auch die braucht Zeit. Wasser- und Freizeitspaß sollten die Menschen nur am Ufer erleben.
Optisch hat sich das Wasser von Emscher, Boye und Co in Bottrop schon merklich aufgehellt. Was vielen auffällt: Vor allem der früher oft üble Geruch ist verschwunden. Nun läuft die Phase der naturnahen Entwicklung der alten Abwasserflüsse. Im Vergleich zu den vergangenen anderthalb Jahrhunderten ein Quantensprung. Um das zu erreichen hat die Emschergenossenschaft (EG) allein in Bottrop immerhin eine knappe Milliarde von rund 5,5 Milliarden Euro investiert.
Hundebesitzer müssen tapfer sein: Vierbeiner sollen auf den neuen Flächen nicht herumtollen
Dennoch: „Die Emscher und ihre Nebenflüsse werden aber noch auf lange Zeit keine Bade- oder Freizeitgewässer sein“, sagt Ilias Abawi. „Vor allem auch Hundebesitzer müssen jetzt ganz tapfer sein: Denn auch die draußen herumtollenden Vierbeiner haben vorerst in den dann auch flacheren und langsamer fließenden Gewässern bitte nichts zu suchen“, so der Sprecher der Genossenschaft. Das hat vor allem zwei Gründe: Einmal sei die Renaturierung ein langsamer Prozess. Die Pflanzen- und Tierwelt am und vor allem im Wasser solle sich möglichst unbehelligt entwickeln können. Deshalb seien auch große Flächen vor allem der Boye, die den meisten Platz zurückerhält, eingezäunt.
Aber ungefährlich vor allem für den Menschen sei auch das Wasser der neuen Emscher und der anderen Flüsse nicht. „Es handelt sich dabei zu etwa 20 Prozent aus Quell- oder Regenwasser, das restliche Wasser, auch wenn es schön klar aussieht und auch sauber ist, ist aber dennoch Klärwasser“, erläutert Ilias Abawi. Zwar wurden und werden im Laufe des Gesamtprozesses auch die Kläranlagen immer weiter verbessert aber Keime, Bakterien oder auch Medikamentenrückstände ließen sich derzeit nie komplett herausfiltern. Und bis sich alle Altlasten der letzten gut 150 Jahre herausgewaschen haben, werde es ebenfalls noch einige Jahre dauern, so Abawi weiter. Denn man habe ja nicht die komplette Umgebung der Flüsse und Bäche austauschen können.
Aber auch die Flussabschnitte, die anders als große Teile der Boye, nicht von Deichen befreit werden, bekommen immerhin durch „Tricks“ eine natürlich anmutende Gestalt. Paradebeispiel für den Bottroper Emscherabschnitt sei da der Emscherlauf in Dortmund-Deusen (Bild oben). „Die Flussberme, also breite Stabilisierungsabsätze der Böschung, wurden dort abgegraben und neu strukturiert. Kleine Einbuchtungen vermittelten dazu den Eindruck eines sich ,natürlich schlängelnden’ Flusses, obwohl die geraden Deiche bestehen blieben“, erklärt der EG-Sprecher.
Die kleinen, flachen Buchten seien außerdem ideale Ansiedlungsgebiete für Tiere und Pflanzen, die sich auch vor der Industrialisierung dort befunden hätten. Libellen, Nutrias, im Fluss selbst Stichlinge und Groppen. „Später rechnen wir auch mit Wels und Hecht, in Dortmund gibt es in der Emscher bereits Forellen“, weiß Ilias Abawi. Und wenn die neue Mündung in den Rhein funktioniere, würden sich Fluss- wie Natursysteme verbinden und im Laufe von vielen Jahren wieder zu einem Gesamtsystem aus Flora und Fauna regenerieren. Aber wie gesagt: Dazu brauchen Emscher, Boye und Co Zeit und vor allem Ruhe – auch vor dem Menschen.