Bottrop. Die Partei für systemrelevante Berufe (PsB) könnte bei genügend Kandidaten zur Kommunalwahl antreten. „Bündnis Buntes Bottrop“ sieht sie rechts.
Nun hat Bottrop eine neue Partei. Die „Partei für systemrelevante Berufe“ (PsB) wurde offiziell gegründet. Das bestätigt Klaus Wenger vom Amt für Statistik und Wahlen. „Damit können die bei der Kommunalwahl im September antreten, vorausgesetzt, sie bekommen das bis dahin auch personell hin und finden ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten und die benötigten je drei Unterschriften für die 27 Wahlbezirke der Stadt“, so Wenger weiter.
„Sie“, das sind in diesem Fall Uwe Mertesacker und Mitstreiterinnen und Mitstreiter, der sich bereits Dienstag auf die erste großen „Klinkenputztour“ begaben, Flyer verteilten und erste „Systemrelevante“ über die PsB informierten. Vor allem natürlich die mögliche Kernklientel in den seit Corona so genannten systemrelevanten Berufen, wie dem Pflege- und Medizinbereich, Angestellten im Einzelhandel aber auch Apothekerinnen und Apothekern (die WAZ berichtete).
Wie die Resonanz aussieht, lässt sich natürlich noch nicht sagen. Es wird sich zeigen, wie viele Männer und Frauen man in der Lage ist, zu motivieren. Das Interesse jedenfalls sei bei den ersten Touren durch die Stadt seiner Meinung nach recht groß gewesen“, berichtet Uwe Mertesacker. Allerdings melden sich auch bereits erste Kritiker zu Wort, die zumindest raten, sich mit dem PsB-Programm intensiver auseinander zu setzen.
Populistische Argumentation
Das „Bündnis Buntes Bottrop“, das sich seit acht Jahren partei- und organisationsübergreifend „für eine Stadt ohne Rassismus“ stark macht, sieht im noch jungen Parteiprogramm und dessen „Strategie“ eine „gewisse Nähe zu (rechts-)populistischen Parteien“, wie Andrea Multmeier und Jürgen Buschfeld es formulieren. Ähnlich wie bei Initiativen wie „Fridays gegen Altersarmut“, „Mütter gegen Gewalt“ oder der vor allem in Stadt und Kreis Recklinghausen in den Rathäusern vertretenen Unabhängigen Bürgerpartei“ (UBP) weisen sie auf ihrer Meinung nach starke Parallelen in Argumentationsstruktur und Ansprache hin.
Für Multmeier und Buschfeld weise das Programm eindeutig anti-europäische und nationale Tendenzen auf. „Das deutsche Volk wird als Opfer einer Bedrohung dargestellt, von innen durch Migranten, zuweilen auch Politiker quer durch die etablierten Parteien, von außen durch weitere Flüchtlinge, die Europapolitik, die strukturschwächeren Mitgliedern helfen will, anstatt sich auf Deutschland zu konzentrieren und zuletzt natürlich durch einen nationalen Notstand ausgelöst durch die Coronakrise.“ Dass es sich bei der PsB für eine Art Ableger oder Verlängerung der Recklinghäuser UBP handeln könnte, vermuten beide Bündnismitglieder nicht zuletzt aufgrund einer früheren Mitgliedschaft von Uwe Mertesacker, der 2014 die UBP auch in Bottrop aufbauen wollte.
Bunte Parteienhistorie
Mertesacker wiederum zeigt sich auf Nachfrage überrascht von den Vermutungen. „Ich war damals bei der UBP, ich war aber schon schon mal bei den Grünen“, verweist er auf seine eher schillernde Parteienhistorie. Und Europa? Er stehe 100 Prozent zu einem vereinten Europa, kritisiere aber die Europapolitik, gerade auch die Zerrissenheit, was Corona betreffe, aber auch in der Flüchtlingspolitik. Was zum Reizthema Fremdenfeindlichkeit oder einem vermuteten Rassismus überleitet.
„Ich versuche mit meiner Fachkräfteagentur ja selbst Leute für die Pflege aus Marokko, Tunesien oder anderswo für Deutschland zu bekommen, auf Dauer geht ohne Einwanderer gerade in diesen systemrelevanten Bereichen nicht, wie kann man mir oder der PsB da so etwas vorwerfen?“ Aber natürlich brauche diese Gesellschaft Menschen mit Ausbildung oder zumindest Sprachkenntnissen, damit ein Beruf erlernt werden könne. Für Bottrop plädiert Uwe Mertesacker übrigens für eine Art „Runden Tisch systemrelevanter Berufe“ - und vielleicht auch ein persönliches Gespräch mit den Leuten vom „Bündnis Buntes Bottrop“. Info: www.p-s-b.online