Bottrop. Wegen einer chronischen Lungenerkrankung ist die 68-Jährige von der Maskenpflicht befreit. Hier berichtet sie von teils unschönen Erfahrungen.
Friederike* ist 68 Jahre alt, Rentnerin und trägt keine Schutzmaske. „Ich bin keine Corona-Leugnerin oder Querdenkerin“, sagt sie. Vielmehr ist sie aus medizinischen Gründen von der Maskenpflicht befreit. Hierfür besitzt sie ein ärztliches Schreiben, dass sie im Alltag stets bei sich trägt. Die Bottroperin möchte erzählen, mit welchen Problemen sie zu kämpfen hat, obwohl sie laut Corona-Schutzverordnung von NRW keine FFP2-, OP- oder Stoff-Masken aufsetzen muss. 2017 wurde bei ihr COPD, eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung, diagnostiziert. Die Lunge ist dauerhaft geschädigt. Die Folge: starke Atemnot.
Weil sie in der Fußgängerzone keine Maske trägt, wird sie beäugt und bei Kontrollen angesprochen. „Ich habe mit dem Ordnungsdienst nie ein Problem gehabt“, betont sie. Zusätzlich zu dem ärztlichen Attest zeigt sie den Mitarbeitern des Ordnungsamtes ihren Personalausweis und die Sache ist binnen Minuten geklärt.
Für die meisten ist die Maskenpflicht zur Selbstverständlichkeit geworden
Ganz anders sieht es in Geschäften und in der Gegenwart von Mitbürgern aus. Friederike muss sich rechtfertigen. „In den letzten Monaten häufen sich die Probleme“, sagt sie. In Läden oder auf dem Wochenmarkt wird sie des Öfteren mit Kommentaren und teils unfreundlichen Sprüchen konfrontiert. „Aber ich setze mich verbal zur Wehr“, sagt die Bottroperin.
Warum es plötzlich zu diesen Schwierigkeiten kommt, kann sie sich nicht erklären. „Unwissenheit?“, vermutet sie. Unwissenheit darüber, dass einige Menschen unter medizinischen Gründen von der Maskenpflicht befreit sind. „Oder Neid?“ Nach dem Motto: „Warum muss diese Frau keine Maske tragen, aber ich?“
„Der Umgangston wird schärfer“, sagt die Bottroperin
Was sie besonders ärgert, ist die Art und Weise, wie die Leute darauf reagieren und sie ansprechen. Anstatt sie freundlich zu fragen, warum sie keine Schutzmaske aufhat, kommt meistens sofort ein flapsiger Spruch. „Der Umgangston wird schärfer“, nennt es Friederike. Entweder sagen die Leute ihr den Spruch direkt ins Gesicht oder hinter ihrem Rücken, den sie dann trotzdem in Hörweite mitbekommt. Die 68-Jährige berichtet davon, wie manche Angestellte in Geschäften argwöhnisch das medizinische Schreiben von ihr begutachten oder dem ausgestellten Attest die Echtheit absprechen. Es gab Momente, in denen sogar behauptet wurde, dass das Schreiben nicht mehr aktuell sei.
Ein Erlebnis ist ihr besonders in Erinnerung geblieben. Bei einem Arzt-Besuch hatte sie jüngst wie immer ihr Attest vorlegt. Dennoch bestand das Praxisteam darauf, dass sie in den Räumen eine Schutzmaske tragen muss – trotz der für sie möglichen gesundheitlichen Folgen. „Dieses Verhalten finde ich unmöglich“, ist sie noch immer verärgert.
Bottroperin gefährdet in jedem Fall ihre Gesundheit
Unter freiem Himmel trägt sie keine Maske. Dann bekommt sie besser Luft. Ein mögliches Gesichtsschild (Face Shield) ist keine Hilfe. „Bei diesen Temperaturen beschlägt sofort das Visier“, sagt sie. „Und wenn es regnet, sehe ich nichts mehr.“ Außerdem entspreche ein Gesichtsschild offiziell nicht einer Mund-Nasen-Bedeckung. „Es ist ja im Grunde ein Spuckschutz“, sagt Friederike.
Das sagt die Corona-Schutzverordnung
In der Corona-Schutzverordnung von NRW ist beschrieben, wer von der Maskenpflicht befreit ist. Unter Paragraf 3 steht unter anderem folgendes: „Von der Verpflichtung zum Tragen einer Maske ausgenommen sind Kinder bis zum Schuleintritt oder Kräfte von Sicherheitsbehörden, Feuerwehr, Rettungsdiensten und Katastrophenschutz in Einsatzsituationen sowie Personen, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können. Das Vorliegen der medizinischen Gründe ist durch ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen, welches auf Verlangen vorzulegen ist.“
Egal, was sie macht, sie gefährdet in der Öffentlichkeit ihre eigene Gesundheit. Wenn sie eine textile Mund-Nasen-Bedeckung oder medizinische Maske aufsetzt, bekommt sie aufgrund ihrer Lungenerkrankung zu wenig Luft, verzichtet sie darauf, setzt sie sich einem erhöhten Risiko aus, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. „Wenn ich mich mit Corona anstecke, besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass ich daran sterbe.“
Als Risikopatientin vermeidet sie Kontakte weitestgehend
Weil sie zur Gruppe der Risikopatienten gehört, vermeidet sie Kontakte, wann und wo immer es geht. Nur ganz selten geht sie unter Menschen. „Ich versuche das Risiko zu minimieren, indem ich nur die notwendigen Einkäufe mache“, sagt sie. (*Name geändert)