Bochum. Im neuen „Tatort“ aus Stuttgart spielt Jürgen Hartmann erneut den loyalen Gerichtsmediziner. Doch diesmal ist alles anders: Kennt er den Mörder?

Großer Auftritt für Jürgen Hartmann: Der in Bochum lebende Schauspieler gehört seit 2008 zum Ermittlerteam des Stuttgarter „Tatort“, wo er als Gerichtsmediziner Dr. Daniel Vogt eine wichtige Nebenfigur verkörpert. Doch im neuen Film „Vergebung“ (Sonntag, 19. November, 20.15 Uhr, ARD) ist plötzlich alles anders: Diesmal spielt der Pathologe die zentrale Rolle und rückt sogar in den Kreis der Verdächtigen vor. Die Idee steuerte Hartmann selbst bei: „Das hat echt Spaß gemacht“, sagt er.

Die Rolle des Gerichtsmediziners ist gemeinhin eine eher undankbare. Er obduziert die Leiche und liefert wichtige Hinweise – doch die Lorbeeren für die anschließende Mörderjagd heimsen meist die Kommissare ein. Auch im „Tatort“ aus dem Schwabenland ist das nicht anders: Richy Müller und Felix Klare sind als Lannert und Bootz in den letzten 15 Jahren zu Krimistars gereift, während Jürgen Hartmann meist ein wenig im Schatten stand.

Schauspieler aus Bochum im neuen „Tatort“

„Dass in meiner Figur noch Potenzial schlummert, wusste ich schon immer“, erzählt Hartmann. Denn mit Ausnahme des „Tatorts“ aus Münster, wo Jan Josef Liefers geradezu legendär als Rechtsmediziner Prof. Boerne glänzt, seien die Entfaltungsmöglichkeiten „in einem realistischen Setting“ begrenzt: „Man ist nicht selten für dramaturgisch relevante Informationen zuständig und hat darüber hinaus kaum Möglichkeiten, sich zu zeigen. Dabei ist Dr. Vogt eine coole Rolle.“

So kam der 58-jährige Schauspieler auf die Idee, selbst einen Plot für einen Krimi zu entwickeln, der sich hauptsächlich um seine Figur dreht. „Eigeninitiative lohnt ja immer. Ich habe mir einfach etwas ausgedacht und dies an den Sender geschickt“, sagt er. „Umso größer war die Freude, als ich erfuhr, dass aus meinen Vorschlägen tatsächlich ein Film werden sollte.“ So wird Hartmann diesmal sogar als Ideengeber im Vorspann genannt.

Den Gerichtsmediziner holt ein düsteres Geheimnis ein

In „Vergebung“, so der Titel, bekommen es Lannert und Bootz mit einem besonders kniffeligen Fall zu tun. Als ihr loyaler und überaus kompetenter Kollege diesmal vor einer im Neckar gefundenen Leiche steht, verhält er sich seltsam still. Schnell wird klar, dass Vogt den Toten kannte. Ein düsteres Geheimnis aus seiner Vergangenheit holt ihn ein.

Der Schauspieler Jürgen Hartmann gehörte fast zehn Jahre zum Ensemble des Schauspielhauses Bochum. Daneben kennt man ihn auch als loyalen Gerichtsmediziner im Stuttgarter „Tatort“.
Der Schauspieler Jürgen Hartmann gehörte fast zehn Jahre zum Ensemble des Schauspielhauses Bochum. Daneben kennt man ihn auch als loyalen Gerichtsmediziner im Stuttgarter „Tatort“. © Unbekannt | Christian Hartmann

Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, nur dies: „Es war ein absoluter Hochgenuss, das zu spielen“, sagt er. Zwei Tatort-Folgen führen Hartmann derzeit pro Jahr in seine alte Heimat Stuttgart, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte.

Prägende Rollen spielte Jürgen Hartmann in Bochum

Die Bochumer Theatergänger kennen ihn bestens. Während der Intendanz von Anselm Weber war er knapp zehn Jahre lang am Schauspielhaus engagiert. Hier hatte er prägende Auftritte etwa in „Gespenster des Kapitals“, „Freitag“ und „Stromaufwärts“. Besonders gern denkt er an Molières „Tartuffe“ zurück: Mit Glasauge und finsterem Blick spielte er ihn als vollendeten Schmierlapp. Unvergessen bleibt auch sein Lokomotivführer Lukas im Weihnachtsstück „Jim Knopf“ Ende 2010: „Darauf werde ich bis heute am häufigsten angesprochen“, sagt er schmunzelnd.

Netzwerk für Schauspieler aus NRW

Jürgen Hartmann ist Teil von „Pott Cast NRW“: Das Netzwerk wurde vor drei Jahren von den Schauspielern Lesley Higl und Dirk Hermann gegründet, um Filmschauspielern aus dem Ruhrgebiet eine Plattform zu bieten.In den Studios an der Castroper Straße 89 finden Dreharbeiten und Fotoshootings, Workshops und Coachings statt. Rund 200 Schauspieler sind hier vernetzt, darunter Friederike Becht, Dagny Dewath und Patrick Joswig. Info: pottcast.nrw

Seit dem Ende seiner Zeit im Bochumer Ensemble ist Jürgen Hartmann freischaffend unterwegs. Er arbeitet als Lehrbeauftragter im Theaterzentrum der Folkwang-Uni und spielt weiterhin Theater. Im Dortmunder „U“ sieht man ihn derzeit in der Erfolgskomödie „Kunst“ von Yasmina Reza. Einen Erich-Kästner-Abend entwickelte er mit Martin Brambach und Christine Sommer für die Ruhrfestspiele und geht damit im nächsten Jahr auf Tournee.