Bochum. Schon in jungen Jahren ist Colin durch tiefe Täler gegangen. Erst die Malerei ließ ihn aufblühen. Mit seinen Bildern erzählt er seine Geschichte.
Dies ist die Geschichte eines jungen Mannes, der sich trotz schwerer Krankheit und vieler seelischer Probleme mutig durchs Leben kämpft. Es fällt ihm nicht leicht, offen darüber zu sprechen, und doch hat sich Colin bewusst dazu entschieden, denn ihn treibt ein großer Traum an: Er möchte freier Künstler werden – und der erste Schritt dahin ist jetzt gemacht.
Unter dem Titel „Bunt und down“ zeigt er am Freitag, 15. September, um 18 Uhr seine erste Ausstellung im „Fluid“, dem Café der Aidshilfe an der Große Beckstraße 12 in Bochum. Den großen Tag kann Colin kaum noch erwarten.
Nach schweren Jahren zeigt Colin seine Kunst in Bochum
„Bunt und down“: Dieses Motto zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Vor 20 Jahren kam Colin als Mädchen zur Welt. Aus Sachsen-Anhalt zog er mit seiner Familie nach Niedersachsen, er hat drei Brüder. „Ich war immer schon still. Andere sagten, ich sei verträumt.“ Die Erlebnisse zu Hause und in der Schule waren für ihn prägend: „Mein Leben bestand fast nur aus Gewalt und Geschrei“, sagt er. Die Folge: Der ohnehin schüchterne Colin zog sich immer weiter zurück, bis er bald kaum noch ein Wort herausbrachte. „Ich habe lange Zeit nur geschwiegen, die Schule geschwänzt und mich auf der Toilette eingeschlossen.“
Richtig schlimm wurde es, als er endlich den Mut fasste, sich gegenüber seiner Mutter und dem Stiefvater als transsexuell zu outen. „Danach habe ich mich zu Hause nicht mehr sicher gefühlt“, erzählt er. „Ich wurde körperlich und seelisch krank. Sprechen und essen hatte ich total verlernt.“ Etwas Halt gaben ihm der Familienhund Gucci, der vor kurzer Zeit starb, und die Malerei. Meistens waren es pechschwarze Bilder, die er allein in seinem Bett malte.
Vor zwei Jahren kam Colin nach NRW und wohnt mittlerweile in einer Wohngruppe für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bochum. Von seiner Familie in Niedersachsen hat er sich komplett gelöst. Das Leben hier ist für ihn zwar nicht immer leicht, und doch sieht Colin sich auf dem richtigen Weg. „Wenn jemand auf der Straße seine Hand erhebt und schreit, dann bin ich früher oft panisch geworden“, erzählt er. „Bei meinem jetzigen Therapeuten fühle ich mich wohl.“
Colins großer Traum: Er möchte Künstler werden
Seit einigen Monaten spürt er, dass es für ihn „deutlich aufwärts“ geht, wie er sagt. Die Kunst ist für ihn dabei zur echten Leidenschaft geworden, auch das Schreiben von Tagebüchern hat er für sich entdeckt. Und ganz wichtig: Seine Bilder sind nicht mehr so dunkel wie früher, sie werden bunter und farbiger „Meine Bilder zeigen oft, wie ich mich fühle und wie ich von anderen behandelt werde“, sagt er. „Jeder soll so sein, wie er ist. Auch nach grauen Tagen scheint wieder die Sonne.“
Zur Ausstellungseröffnung erzählt Colin seine Geschichte
Der Traum vom Leben als freier Künstler ist für Colin groß, eines Tages wünscht er sich auch ein eigenes Atelier. „Beim Malen werde ich von Glücksgefühlen überschüttet“, sagt er. „Wenn ich Farbe fühle, fühle ich mich glücklich.“ Neben der Kunst hat er allerdings noch einen Plan B: Er möchte als Florist und Gärtner arbeiten, denn Pflanzen mag er sehr.
In der Ausstellung im Café Fluid sind elf seiner Bilder, die er dafür sorgsam ausgewählt hat. Zur Eröffnung möchte Colin einen selbst geschriebenen Text vortragen, in dem er seine eigene, berührende Geschichte erzählt.
Die Ausstellung ist zu sehen bis 30. Oktober: Geöffnet: Di., Mi. und Fr. von 12 bis 16 Uhr. Wer Colin auf Instagram folgen möchte: tage.buch2005